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Kunstwart und Kulturwart — 32,4.1919

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Heft 22 (2. Augustheft 1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.14424#0184

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Als Leiden sei es recht erkannt:

Es schleicht sich an, es bricht herein,

Und wie es wieder weg sich stiehlt,

Da stellt sich Ekel ein davor.

Empfinden wer versiegen läßt,

Entwickeln läßt er nimmer Leid.

„Kann man aber noch auf andere Weise einen vollkommenen Anblick
beider Seiten gewinnen?" Wenn man euch Mönche so fragen mag, mag
die Antwort sein: „Man kann es." Wie aber ckann man es? „Was
irgend an Leiden sich entwickelt, ist alles aus Dürsten entstanden": das ist
der andere Anblick.

Dem Dürsten wer verdungen sich,

Geraume Zeiten kreist er um,

Am dieses Dasein, Dasein dort,

Und kann dem Kreis entrinnen nicht.

Wer jenen Iammer wohl gemerkt,

Daß Dürsten Leid entwickeln muß:

Wer durstgenesen nichts mehr nimmt,

Gewärtig zieh er hin, der Mönch.

„Kann man aber noch auf andere Weise einen vollkommenen Anblick
beider Seiten gewinnen?" Wenn man euch Mönche so fragen mag, mag
die Antwort sein: „Man kann es." Wie aber kann man es? „Was
irgend an Leiden sich entwickelt, ist alles aus Anhangen entstanden": das
ist der eine Anblick; „Ebendieses Anhangen vollkommen restlos vernichten
läßt kein Leiden entwickeln": das ist der andere Anblick.

Anhangen züchtet Werden auf,

Geworden reift man Leiden zu:

Entstanden muß gestorben sein,

Das Leid entwickelt wird es so.

Anhangen wer da mindern kann,

Vollkommen wissend aufgeklärt:

Entstehung mindern, wer versteht
Geht nimmer neuen Werdegang.

Also sprach der Lrhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach
fernerhin also der Meister:

Gestalten, Töne, Duft, Geschmack,

Getast, Gedenken allgesamt,

Ersehnt, begehrt, was lieblich dünkt,

Soweit ein Dasein irgend reicht:

Der Welt mit ihrer Götterschar,

Als Wohl erscheinen will ihr das;

Und wo nun solches auf sich löst,

Als Wehe wird es dann vermeint.

. ^ Als Wohl doch sehn es Heilge an,

Wann eigne Leibung untergeht:
 
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