Wie man sieht, war das wissenschaftliche Programm wiederum einem der Ört-
lichkeit angemessenen Thema gewidmet: hatte man in Dakar über „Rom und
Afrika“ gesprochen (die Acta sind inzwischen erschienen), so war nun „Rom
und seine Nordwestprovinzen“ ein genügend weiter Rahmenbegriff, um den
fünf einstündigen Vorträgen und den zahlreichen halbstündigen Referaten zu-
gleich Vielfalt und Zusammenhalt zu gewähren. Sie alle aufzuzählen, verbietet
der Raum; stellvertretend seien darum nur die Eröffnungsrede Michael v. Al-
brechts (Heidelberg) genannt, der „De litteris linguaque antiquitatis serae“ sprach,
und die am nächsten Tage folgenden Ausführungen Johannes Irmschers (Berlin/
DDR), „Qua ratione Romam conceperint populi circa Rhenum habitantes“.
So viel Nationen, so viele Arten der Aussprache des Lateinischen: man ver-
stand einander, auch wenn deutscher oder italienischer Usus, französische oder
russische Artikulation, ungarische oder polnische Gewohnheit das Klangbild
beträchtlich beeinflußte. Und das für mich am schwersten zu identifizierende,
das lusitanische Latein, war diesmal erst gar nicht vertreten. An Mahnungen
freilich, sich der historisierenden Aussprache zu bedienen, war nicht Mangel,
teils in Diskussionen, teils in dem minutiösen Referat über den lateinischen Laut-
stand, das der wohl jüngste Vortragende, Thomas Heck (Tübingen), unter dem
plakativ provokanten Titel präsentierte „Quousque tandem abutere, disciplina,
patientia nostra?“ Mit scheint, für den Bereich der Aussprache sollte gleicher-
maßen gelten dürfen, was der Präsident des Kongresses, Prof. Pöschl (Heidel-
berg) in seiner Eröffnungsrede in wahrhaft humaner Haltung für andere Bereiche
der Sprache konzedierte: „Errores vitare non possumus.“
In der Tat sollte man wohl sich zuvörderst darum bemühen, daß überhaupt
Latein gesprochen wird, und danach erst den Prozeß der Verfeinerung in Wort-
wahl, Satzbau, Aussprache fördern. Wie rasch man zum Lateinischen führen
kann, zeigte der Carmeliterpater Suitbert Siedl (Salzburg), der seine Eleven von
der ersten Stunde an in einer Art total immersion nur auf Latein unterrichtet
und sie alsbald zum Sprechen anhält, getreu seiner Devise: „Lingua debet
intrare per aures et exire per os, non intrare per oculos et manere in stomacho!“
Seine verblüffenden Erfolge stellte er mittels einer Tonbandkassette unter Be-
weis, auf der sich nach halbjährigem Unterricht junge Stimmen über die Anfänge
Roms, über Aeneas und Lavinia in sinnvollem synonymenreichen Latein hören
ließen.
Junge Stimmen brachten auch andere Anregungen: drei Trierer Gymnasien
steuerten einen musikalisch-szenischen Abend bei, an dem Einzelszenen aus dem
,Eunuch* des Terenz, in Prosa gesprochen und durch geschickt geschriebene
Verbindungstexte verknüpft, vor- und die ,Aesopica‘ uraufgeführt wurden. Bei
den letzteren handelt es sich um sechs Fabeln, für Schulorchester und -chor ver-
tont von Jan Novak, ein Werk, das ganz oder in Teilen seinen Weg durch die
Gymnasien zu machen verdient. An einem anderen Abend boten die Heidel-
berger Studenten (Domina gregis: Marianna Sarnau) in einer vielbejubelten
Aufführung die Mostellaria des Plautus dar — alles Anregungen genug für Schule
und Universität, die der Nachfolge wert sind.
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lichkeit angemessenen Thema gewidmet: hatte man in Dakar über „Rom und
Afrika“ gesprochen (die Acta sind inzwischen erschienen), so war nun „Rom
und seine Nordwestprovinzen“ ein genügend weiter Rahmenbegriff, um den
fünf einstündigen Vorträgen und den zahlreichen halbstündigen Referaten zu-
gleich Vielfalt und Zusammenhalt zu gewähren. Sie alle aufzuzählen, verbietet
der Raum; stellvertretend seien darum nur die Eröffnungsrede Michael v. Al-
brechts (Heidelberg) genannt, der „De litteris linguaque antiquitatis serae“ sprach,
und die am nächsten Tage folgenden Ausführungen Johannes Irmschers (Berlin/
DDR), „Qua ratione Romam conceperint populi circa Rhenum habitantes“.
So viel Nationen, so viele Arten der Aussprache des Lateinischen: man ver-
stand einander, auch wenn deutscher oder italienischer Usus, französische oder
russische Artikulation, ungarische oder polnische Gewohnheit das Klangbild
beträchtlich beeinflußte. Und das für mich am schwersten zu identifizierende,
das lusitanische Latein, war diesmal erst gar nicht vertreten. An Mahnungen
freilich, sich der historisierenden Aussprache zu bedienen, war nicht Mangel,
teils in Diskussionen, teils in dem minutiösen Referat über den lateinischen Laut-
stand, das der wohl jüngste Vortragende, Thomas Heck (Tübingen), unter dem
plakativ provokanten Titel präsentierte „Quousque tandem abutere, disciplina,
patientia nostra?“ Mit scheint, für den Bereich der Aussprache sollte gleicher-
maßen gelten dürfen, was der Präsident des Kongresses, Prof. Pöschl (Heidel-
berg) in seiner Eröffnungsrede in wahrhaft humaner Haltung für andere Bereiche
der Sprache konzedierte: „Errores vitare non possumus.“
In der Tat sollte man wohl sich zuvörderst darum bemühen, daß überhaupt
Latein gesprochen wird, und danach erst den Prozeß der Verfeinerung in Wort-
wahl, Satzbau, Aussprache fördern. Wie rasch man zum Lateinischen führen
kann, zeigte der Carmeliterpater Suitbert Siedl (Salzburg), der seine Eleven von
der ersten Stunde an in einer Art total immersion nur auf Latein unterrichtet
und sie alsbald zum Sprechen anhält, getreu seiner Devise: „Lingua debet
intrare per aures et exire per os, non intrare per oculos et manere in stomacho!“
Seine verblüffenden Erfolge stellte er mittels einer Tonbandkassette unter Be-
weis, auf der sich nach halbjährigem Unterricht junge Stimmen über die Anfänge
Roms, über Aeneas und Lavinia in sinnvollem synonymenreichen Latein hören
ließen.
Junge Stimmen brachten auch andere Anregungen: drei Trierer Gymnasien
steuerten einen musikalisch-szenischen Abend bei, an dem Einzelszenen aus dem
,Eunuch* des Terenz, in Prosa gesprochen und durch geschickt geschriebene
Verbindungstexte verknüpft, vor- und die ,Aesopica‘ uraufgeführt wurden. Bei
den letzteren handelt es sich um sechs Fabeln, für Schulorchester und -chor ver-
tont von Jan Novak, ein Werk, das ganz oder in Teilen seinen Weg durch die
Gymnasien zu machen verdient. An einem anderen Abend boten die Heidel-
berger Studenten (Domina gregis: Marianna Sarnau) in einer vielbejubelten
Aufführung die Mostellaria des Plautus dar — alles Anregungen genug für Schule
und Universität, die der Nachfolge wert sind.
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