mund für andere Völker verlor erst seine Weltmachtstellung durch den 1. Weltkrieg. Kritik und
Zweifel an der eigenen Rolle kamen auf.
Im zweiten Teil seines Vortrags skizzierte Maier die augenscheinlichen Entwicklungen von heute:
- Zunächst machte er die Aufkündigung der Loyalität der kolonisierten Völker sichtbar und ihre
Absage an den europäischen Universalismus, der den Fortschritt der anderen aufhalte.
- Sodann wird erkennbar, daß die sog. Entwicklungspolitik der westlichen Staaten mit dem Ziel,
Standard und Rationalität zu exportieren, die kulturelle Individualität der anderen Völker beisei-
teschiebend, insgesamt als Fehlschlag und Mißerfolg zu werten ist.
- Festzustellen ist ferner, daß die Menschenrechte zwar weltweit gelten, aber unterschiedlicher
Interpretation unterliegen, da in manchen Kulturen der Gedanke der Personalität und Individuali-
tät nicht existiert.
- Am Beispiel der Entdeckung Amerikas zeigt sich die Problematik der Ausbreitung von Kulturen:
Ergebnis ist die Zerstörung der alten Kulturen, von Nutzen kann nicht die Rede sein.
- So stellt sich schließlich die Frage nach der Art des Umgangs der Kulturen miteinander in der
Berührung und dem Wunsch der Veränderung. Daraus könnten, so Maier, Regeln abgeleitet
werden Im Hinblick auf eine multikulturelle Gesellschaft, die heutige Problemlage.
Durch die Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse in den Vereinigten Staaten kam Maier zu dem
Schluß, daß in der multikulturellen Gesellschaft ein politisches ,f p/ur/bus unum' nicht mehr mög-
lich sei, sondern nur noch Kriterien, wie Quotenregelung, ,po//'P'ca/ correcfness'oder diplomatische
Formelkompromisse. Ohne das Fundament der Menschenrechte ist das Dilemma der Realisierung
politischer Einheit in Anbetracht verschiedenartiger nationaler Kulturen nicht aufzulösen, es sei
denn, man glaubte an die europäische Vernunft als ,Bindemittel'. Jedenfalls müßten die Menschen-
rechte neu durchdacht werden im Lichte der heutigen Beobachtungen und Erfahrungen.
Als Fazit stellte Maier fest, daß die kulturelle Hegemonie Europas nicht wiederkehre. Nötig seien
deshalb ,friedliche Eroberungen' in Form des Austausches, des Dialoges, der Aneignung durch
Nachbildung. Voraussetzung dabei sei, aus den Fehlern zu lernen und den Mut zur eigenen Ge-
schichte zu finden.
1.2 In seinem mit großem Schwung gehaltenen Festvortrag mit dem Thema „Römisches
Recht und europäische Rechtseinheit" nahm Dr. jur. Reinhard ZIMMERMANN,
Professor für Bürgerliches Recht, Römisches Recht und Historische Rechtsvergleichung an der Uni-
versität Regensburg, einerseits den Europagedanken, Motto des Kongresses in Berlin 1992, ande-
rerseits die Aspekte Tradition, Rezeption und Kontinuität - Rahmenbegriffe der diesjährigen Tagung
- aus der Sicht des Rechtswissenschaftlers auf.
Zimmermann ging von der augenblicklichen Situation der Rechtswis-
senschaft aus, die gekennzeichnet sei durch nicht vorhandene Interna-
tionalität, aber eingefahrene Partikularisierung, und forderte angesicht
der Flut von EG-Normierungen und der Notwendigkeit der Vereinheitli-
chung der europäischen Zivilrechtskodifikation zunächst die wissen-
schaftliche Vorbereitung dieses schwierigen Unterfangens. Da Zimmer-
mann eine Besinnung auf die gemeinsamen geschichtlichen Grundlagen
der Zivilrechtsordnung der modernen Zeit für wesentlich erachtet, skiz-
zierte er die enscheidenden Stationen der Entwicklung des römischen
Rechts, das über das kanonische ,/'us commune' lange Zeit in Europa
gegolten und auch seine Rechtswissenschaft entscheidend geformt hat. Eine gemeinsame europäi-
sche Rechtskultur - eine Einheit stiftende Kraft - gab es bereits einmal im römischen ,,/'us commu-
NüLLA
POENA
SINE
LEGE
95
Zweifel an der eigenen Rolle kamen auf.
Im zweiten Teil seines Vortrags skizzierte Maier die augenscheinlichen Entwicklungen von heute:
- Zunächst machte er die Aufkündigung der Loyalität der kolonisierten Völker sichtbar und ihre
Absage an den europäischen Universalismus, der den Fortschritt der anderen aufhalte.
- Sodann wird erkennbar, daß die sog. Entwicklungspolitik der westlichen Staaten mit dem Ziel,
Standard und Rationalität zu exportieren, die kulturelle Individualität der anderen Völker beisei-
teschiebend, insgesamt als Fehlschlag und Mißerfolg zu werten ist.
- Festzustellen ist ferner, daß die Menschenrechte zwar weltweit gelten, aber unterschiedlicher
Interpretation unterliegen, da in manchen Kulturen der Gedanke der Personalität und Individuali-
tät nicht existiert.
- Am Beispiel der Entdeckung Amerikas zeigt sich die Problematik der Ausbreitung von Kulturen:
Ergebnis ist die Zerstörung der alten Kulturen, von Nutzen kann nicht die Rede sein.
- So stellt sich schließlich die Frage nach der Art des Umgangs der Kulturen miteinander in der
Berührung und dem Wunsch der Veränderung. Daraus könnten, so Maier, Regeln abgeleitet
werden Im Hinblick auf eine multikulturelle Gesellschaft, die heutige Problemlage.
Durch die Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse in den Vereinigten Staaten kam Maier zu dem
Schluß, daß in der multikulturellen Gesellschaft ein politisches ,f p/ur/bus unum' nicht mehr mög-
lich sei, sondern nur noch Kriterien, wie Quotenregelung, ,po//'P'ca/ correcfness'oder diplomatische
Formelkompromisse. Ohne das Fundament der Menschenrechte ist das Dilemma der Realisierung
politischer Einheit in Anbetracht verschiedenartiger nationaler Kulturen nicht aufzulösen, es sei
denn, man glaubte an die europäische Vernunft als ,Bindemittel'. Jedenfalls müßten die Menschen-
rechte neu durchdacht werden im Lichte der heutigen Beobachtungen und Erfahrungen.
Als Fazit stellte Maier fest, daß die kulturelle Hegemonie Europas nicht wiederkehre. Nötig seien
deshalb ,friedliche Eroberungen' in Form des Austausches, des Dialoges, der Aneignung durch
Nachbildung. Voraussetzung dabei sei, aus den Fehlern zu lernen und den Mut zur eigenen Ge-
schichte zu finden.
1.2 In seinem mit großem Schwung gehaltenen Festvortrag mit dem Thema „Römisches
Recht und europäische Rechtseinheit" nahm Dr. jur. Reinhard ZIMMERMANN,
Professor für Bürgerliches Recht, Römisches Recht und Historische Rechtsvergleichung an der Uni-
versität Regensburg, einerseits den Europagedanken, Motto des Kongresses in Berlin 1992, ande-
rerseits die Aspekte Tradition, Rezeption und Kontinuität - Rahmenbegriffe der diesjährigen Tagung
- aus der Sicht des Rechtswissenschaftlers auf.
Zimmermann ging von der augenblicklichen Situation der Rechtswis-
senschaft aus, die gekennzeichnet sei durch nicht vorhandene Interna-
tionalität, aber eingefahrene Partikularisierung, und forderte angesicht
der Flut von EG-Normierungen und der Notwendigkeit der Vereinheitli-
chung der europäischen Zivilrechtskodifikation zunächst die wissen-
schaftliche Vorbereitung dieses schwierigen Unterfangens. Da Zimmer-
mann eine Besinnung auf die gemeinsamen geschichtlichen Grundlagen
der Zivilrechtsordnung der modernen Zeit für wesentlich erachtet, skiz-
zierte er die enscheidenden Stationen der Entwicklung des römischen
Rechts, das über das kanonische ,/'us commune' lange Zeit in Europa
gegolten und auch seine Rechtswissenschaft entscheidend geformt hat. Eine gemeinsame europäi-
sche Rechtskultur - eine Einheit stiftende Kraft - gab es bereits einmal im römischen ,,/'us commu-
NüLLA
POENA
SINE
LEGE
95