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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 37.1994

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Nr. 4
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Aktuelle Themen
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Fritsch, Andreas: Latein im Disput
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Taureck, Bernhard H. F.: Überzogener Anspruch als Gralshüter: derzeitige Rechtfertigung des Lateinunterrichts unsachlich?
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https://doi.org/10.11588/diglit.33059#0127

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BETRUGS ..." - Bei dem Versuch, den Text zu verstehen, fiel mir Nietzsches Forderung ein: „Drei
Dinge muß der Philologe, wenn er seine Unschuld beweisen will, verstehen, das Altertum, die Ge-
genwart, sich selbst." Will man gar Jugendliche zur Auseinandersetzung mit solchen Gegenwarts-
Texten befähigen, wird man auch „3000 Jahre nach der blutigen / Geburt der Demokratie mit Bad
Netz Beil" in unseren „Bildungs-Anstalten" gute (Alt-)Philologen benötigen ANDREAS FRITSCH

Aktueüe Themen

Latein im Disput
/n e/'ner eigenen Rubrik brachte F/eft 9/?994 c/er ZeZfscbr/ff des Deutschen Hocbscbu/verbanc/es
„Forschung & tehre" zweZ 5te//ungnahmen zur teg/f/maf/on des heut/'gen tateZnunfem'cbts. DZe
Confra-Pos/'t/'on wurde von dem Hamburger PbZ/osopbZe-Dozenfen Dr. Bernhard H. P. Taureck ver-
treten. /hr fo/gfe Zm se/ben Heft das P/ädoyer des Ersten VorsZfzenc/en des Deutschen A/tphZ/o/o-
genverbandes, Dr. Pr/edrZch MaZer, Professor für DZdakfZk der A/fen .Sprachen an der Humbo/c/f-
DnZversZtäf zu Ber/Zn. DZe Kontroverse fand Zhren /VZedersch/ag auch Zn der Presse, so Zn der „t/Ve/f
am Sonntag" vom 2. Oktober 7994 (ZeZfgescbebenk Der dort veröffent/Zchte ArfZke/ von Hans-
UoachZm /Vöh sorgte für eZn re/atZv breZfes Pub/ZkumsZnteresse und zog mehrere teserzuschrZften
nach sZch. Der ZeZtungsartZke/ trug d/e ÜberschrZff. „tateZnunferrZcht - ,TrZmm-DZcb' für den GeZst
oder nufz/ose DrZ//übung? - t/VZssenschaft/er stre/fen über dZe Bedeutung eZnes k/ass/schen Gymna-
sZaZ-Faches - Süd-/Vord-Gefä//e beZm Schü/er-/nferesse - Pf/Zcht Zn vZe/en StudZenfächern". Zur Znfor-
mafZon unserer teser geben wZr Zm fo/genden dZe be/den ArfZke/ von Paureck und MaZer Zn vo//em
kVort/auf wZec/er. WZr danken a//en BefeZ/Zgfen für dZe GenehmZgung des Abdrucks. Durch dZe bZs-
her/gen PeakfZonen veran/aßf hat Herr Dr. Taureck dem t/VZederabdruck seZnes Aufsatzes hZer eZnen
ergänzenden Zusatz angefügt. A. F.
Überzogener Anspruch ats Graishüter
Derzeitige Rechtfertigung des Lateinunterrichts unsachlich?
Der Anspruch des tafeZnunferrZchfs war und Zsf auBergewöhn/Zch hoch. Tr gehört nach fradZfZone/-
/er Auffassung zum nofwend/gen BZ/dungsguf. /st dZes gerechffert/gf?
Die Altphilologen sind im Hinblick auf den Lateinunterricht am Gymnasium unter erheblichen
Rechtfertigungsdruck geraten. Sie haben sich dieser Provokation gestellt und dabei unter anderem
so argumentiert, daß durch das Lateinlernen Denken und der Zugang zur Philosophie erlernt wer-
de. Damit aber wird nun auch die Philosophie herausgefordert. Nach allem, was bisher erkennbar
wird, begehen die Sprecher der Lateintehrer eine Reihe typischer Fehler, die ihrer Sache öffentlich
mehr schaden als nützen dürfte. Es handelt sich aus meiner Sicht - antike Philosophie gehört zu
meinen Arbeitsgebieten - um folgende nicht haltbare Argumente:
Vorteiisanhäufung. Der Lateinunterricht gilt als Garant verschiedenster Schlüsselqualifikationen
wie z. B. Schulung von Gedächtnis, Analyse, Abstraktion, des logischen und kreativen Denkens,
Bereitstellung von Grundlagen des Erlernens der romanischen Sprachen und des Verständnisses des
englischen Wortschatzes, Schulung der Transferfähigkeit, des kritischen Bewußtseins, des wissen-
schaftlichen Methodenbewußtseins, des historischen Bewußtseins.
Wer zu viel verspricht, pflegt wenig zu halten. Es müßte jedem - Eltern, Schülern, Lehrern anderer
Fächer - auffallen, daß der seit dem 19. Jahrhundert eingespielte Lateinunterricht neben Drillübun-
gen in vormoderner Oberflächengrammatik nur sehr wenige Schriftsteller mit sehr wenigen Texten

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