Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 37.1994

DOI Heft:
Nr. 4
DOI Artikel:
Aktuelle Themen
DOI Artikel:
Maier, Friedrich: Latein liegt im Trend der Zeit: ein Plädoyer für den Lateinunterricht
DOI Artikel:
Krauß, Ursula: Seminarium Pragense 1994 - die etwas andere Fortbildungsveranstaltung
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.33059#0132

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
hat - radikal humanistisch orientiert; sie beschäftigen sich intensiv mit den Grundfragen der
menschlichen Existenz Nicht von ungefähr beginnt der Philosoph Hans Jonas sein wegweisendes
Buch „Das Prinzip Verantwortung" mit einem klassischen Text der Antike: „Vieles ist gewaltig.
Nichts aber ist gewaltiger als der Mensch..." Außerdem lernen die Schüler heute epochale Ereignis-
se und Existenzprobleme der Menschheit an den lateinischen Quellen kennen, von denen nach-
weislich die Entwicklungen zum heutigen Stand der Gesellschaft ausgegangen sind, in Stichworten
etwa: „Wissen ist Macht" (Francis Bacon), „Die Sonne steht im Zentrum der Welt" (Nikolaus Ko-
pernikus), „Der Krieg aller gegen alle" (Thomas Hobbes), „Das Recht auf Leben" (lanus Cornarius'
Übersetzung des Hippokrates-Eides), „Auch Wilde sind Menschen" (Las Casas). Aus historischer
Distanz und zugleich an ihrem Sitz in der Geschichte werden die Fragen der Gegenwart erfahren
und bearbeitet. Die Folgerung ist zwingend, daß hier der Boden bereitet wird für Problembewußt-
sein, Kritikfähigkeit und Sinn für verantwortliches Handeln. Insofern ist es nicht verfehlt, in Latein
das Kernfach humanistischer Bildung zu sehen.
Die Diskussion in der Öffentlichkeit zeigt, daß man Latein als Gymnasialfach nicht vermissen will.
Alle Universitätsdisziplinen, denen an der Geschichte ihrer Wissenschaft gelegen ist oder deren
Forschungsarbeit erst in Rücksicht auf die historischen Wurzeln voll gelingt, verlangen als Studien-
voraussetzung Lateinkenntnisse. Die im Lateinunterricht vermittelten Fähigkeiten, Kenntnisse und
Verhaltensdispositionen - man faßt diese heute unter dem Begriff der „Schlüsselqualifikationen"
zusammen - erweisen sich zudem ais integrierende Elemente einer vertieften Allgemeinbildung,
der man gegenüber jeder schnell veraltenden Spezialbildung den Vorrang zunehmend einzuräu-
men bereit ist. „Der humanistische Generalist ist gefragt", stellte 1990 Tyll Necker, der Präsident
der Deutschen Arbeitgeberverbände, fest, er tat dies unter der Zukunftsperspektive: „Europa ver-
langt neue Bildungsschwerpunkte". Latein liegt, so betrachtet, Im Trend der Zeit; es bieten sich
dem Fach sogar neue Chancen. FRIEDRICH MAIER, Berlin

Seminarium Pragense 1994
- die etwas andere Fortbildungsveranstaltung
„Lateinsprechen ... - ein Kunstprodukt und ein eingeschränktes (vielleicht sogar einschränkendes)
Kommunikationsmittel zwischen Fachleuten"'? Daß dies nicht der Fall sein muß, bewies erneut das
zweite Prager Seminar der L V. P. A. (lad'm'fad V/'vae Provehendae e. VJ, das vom 30. Juli bis zum
6. August 1994 stattfand. Etwa 120 Teilnehmer, die aus neun verschiedenen Ländern Europas zu-
sammengekommen waren, verständigten sich auf lateinisch. Unter ihnen befanden sich mehrere
Freunde der Lad'n/'fas V/'va aus der Tschechischen Republik, Polen und Ungarn. Lateinschüler und
besonders Lateinstudenten waren sehr zahlreich vertreten. Erfreulicherweise nahmen auch einige
Lateinlehrer an der einwöchigen europäischen Veranstaltung teil Die Sorge nämlich, beim Spre-
chen das Lateinische nicht im literarisch vollkommenen Stil eines Cicero zu beherrschen, lassen
leider gerade so manche Lehrerin bzw. so manchen Lehrer davor zurückschrecken, durch Einsatz
der tadn/fas V/'va die angeblich „tote" Sprache für ihre Schüler lebendig und dadurch attraktiver zu
gestalten. Diese und ähnliche Bedenken konnten jedoch von den Teilnehmern in der entspannten
Atmosphäre des Prager Seminars abgebaut werden.
Da das Seminar gleichsam als Leitmotiv den Titel „Mythus - fons art/um semp/'femus" trug, wurden
mythische Themen in vielen Vorträgen und Scdo/ae angesprochen. Den Beginn machte bei der fei-
erlichen /naugurad'o, die im Pefecton'um aesd'vum des Prämonstratenserklosters Strahov (Prag)
stattfand, Prof. Andreas Fritsch (Berlin) mit seinem rhetorisch wie inhaltlich brillanten Vortrag „Pi

126
 
Annotationen