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Müller, Franz Hubert
Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim: Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Geometrisch und perspectivisch dargestellt und mit einem erläuterndem Texte versehen. Mit 24 Kupferplatten Imperialfolio ([Hauptbd.]) — Darmstadt, 1836

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https://doi.org/10.11588/diglit.18725#0063

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Sammlung des ganzen Volkes zum gemeinsamen Gottesdienste aufzunehmen, sondern auch
dem Einzelnen zur stillen Meditation und zur Erhebung des Geistes eine momentane
Abgeschiedenheit von der Welt zu gewähren. Dieses scheint der Grundcharakter einer
christlichen Kirche, für alle Confessionen zu sein, und dieser Charakter kann in der
grössten, mit ausserordentlichen Mitteln erbauten, sowie auch in der kleinsten und ärmsten
Dorfkirche, mit gewissen 31odificationen, beibehalten werden. Von hieraus muss Beleh-
rung und Beförderung wahrer Humanität verbreitet werden, und das Volk findet hier
eine geistige Erhebung über das gewöhnliche irdische Treiben.

Der in unseren Tagen so sehr gesunkenen Kirchenbaukunst kann aber einzig und
allein dadurch aufgeholfen werden, dass der Architect bei der Erbauung eines Gottes-
hauses die ganze Wichtigkeit seines Auftrages gehörig bedenke, und die Gelegenheit
zur Beförderung eines geheiligten Zweckes nicht einseitigen Versuchen aufopfere, um
durch neue, oft ganz fremdartige Ideen zu glänzen, die ihm dennoch nie die Ehre der
Erfindung eines neuen Styles verleihen können, weil sie durchgängig nur einer fremd-
artigen Architectur angehören, und tief unter den Baudenkmalen der alten Völker stehen,
von welchen sie entlehnt sind.

Das fünfzehnte Blatt. (Erläuterungsblatt.)

Dieses Blatt kann, der bequemeren Anschauung wegen, nach allen Seiten umge-
wendet werden. Man bemerkt darauf, Fig. 4, die vordere Seite des Strebepfeilers,
zwischen den unteren Seitencapellchen, auf der Südseite, auch auf der Zusammenstellung
eines Theiles dieser Seite mit der Nordseite zu sehen; mit dem Fac simile einer In-
schrift aus der Zeit der Vollendung der Kirche. Sie ist noch ziemlich erhalten und
man kann deutlich lesen: Do. daz. Brot. vir. haller. galt. do. wart . . . . e. Capp . . . . e.

Darunter steht, halb erhaben, die Gestalt eines runden Brodes mit dem Zeichen P.
und unter demselben liest man ferner: ane. gehaben. -j\ ano. diu. M. CCC. XVII.

Am Brode sowohl, als an dem Worte „Capelle'' darüber, hat eine Kugel ein Stück
herausgesprengt, welches jedoch den Zusammenhang des Sinnes nicht stört. Hier ist
also die sicherste Urkunde über die Vollendung dieser Kirche. *}

") Die Lesearten dieser Inschrift sind jedoch verschieden; die eine heisst: Als das Brod vier Heller galt,
da ward diese Capelle (hier folgt die Gestalt des Brodes mit dem P, dem Zeichen des Beckers Ter,
nuithlich,) ane gehahen (angehohen? vielleicht eingeweiht?) Anno Domini 1317. Andere lesen r
Da ward diese Capell gehaut; welcher Ergänzung jedoch der Raum des zerstörten Stückes sowohl, al*
 
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