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Müller, Franz Hubert
Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim: Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Geometrisch und perspectivisch dargestellt und mit einem erläuterndem Texte versehen. Mit 24 Kupferplatten Imperialfolio ([Hauptbd.]) — Darmstadt, 1836

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https://doi.org/10.11588/diglit.18725#0090

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als solche ja den Adler im Wappen führten, angedeutet. *3 Sehr zu bedauern ist es
übrigens, dass die Fortsetzung der Glasmalerei dieses Fensters in den unteren Abthei-
lungen gänzlich fehlt, da die vier, in den Spitzbogen derselben noch erhaltenen Engel
eine bedeutungsvolle einst in diesem Räume befindlich gewesene Darstellung vermuthen
lassen.

Die kleinen Fenster in den Kapellen der Abseite,

auf dem 29. Blatte, zeigen nur noch hin und wieder eine Spur der ehemaligen Glas-
malerei, in den kleinsten Ecken. Diese wird aber, um die Wirkung des Lichtes in
diesem unteren Theile der Kirche nicht zu sehr zu stören, vermuthlich ganz hell ge-
wesen sein; wie auf dem 33. Blatte folgenden Fenster des Chores zu beiden Seiten.
Es konnte daher hier blos die Steinconstruction in Betracht kommen. Figur 1 und 2
stellen demnach die, der rechten Abseite mit der sie umgebenden Steineinfassung von
Aussen dar; sie ist in drei Abtheilungen noch ziemlich erhallen, in der oberen aber
fehlt sie gänzlich. In jeder Abtheilung ist dieselbe Form zweimal angebracht; nur bei

*) Auch schon an älteren Gebäuden, die den vollendeten Spitzbogcnbaustyl zum Theil vorbereiteten, sind
solche Figuren häufig angebracht. So erblickt man am Dome zu Mainz, am ältesten östlichen Eingänge,
{man sehe Moller's deutsche Denkmäler) zwischen den Korinthischen Kapitellen zwei Löwen, die einen
Widder unter den Tatzen halten, und auf der anderen Seite einen auf einem Löwen sitzenden Mann.
Auch am Dome zu Worms ist, am vermuthlichen alten Eingänge auf der Südcitc, der gegen das 14. Jahr-
hundert in eine Seitcnkapclle umgewandelt worden, der Prophet Daniel in der Löwengrube, von grossen
Löwen umgehen, angebracht, und über demselben der Prophet Habakuc, den der Engel an den Haaren
emporhebt; Aussen an den Fenstern des östlichen Chores dieser Kirche aber stehen Löwen, Bären und
andere Ungeheuer, die ebenfalls auf die Vision des erstgenannten Propheten, in dem 7. Capitel desselben,
sich zu beziehen scheinen. Gewiss deuten diese, und manche andere Darstellungen der Art, welche
man nicht selten an alten Gebäuden findet, ebenfalls auf frühere Zeitverbältnisse und Ereignisse, und
es wäre zu wünschen, dass durch diese Bemerkung kenntnissrejehe Forseher des leider bis jetzt noch zn
wenig ans Licht gebrachten Mittelalters, sich veranlasst finden mögten manches ähnliche Denkmal, ehe
es durch seine eigene Vergänglichkeit, oder durch die unverzeihliche Nichtachtung der Zeitgenossen
untergeht, abbilden zu lassen und zu erklären. Noch eines dieser Art muss schliesslich hier angefügt
werden. An dein Ucberreste des Portales der alten Kirche zu Frankenthal sowohl, als an dem Seitenpor-
tale der Kirche zu Andernach ist die bekannte äsopische Fabel vom Storche und vom Fuchse abgebildet,
die einander sich zu Gast laden, dieser eine enghalsigte Flasche, jener eine flache Schüssel dem anderen
vorsetzend. Auf einem mit Symbolen der Maurerei sinnvoll geschmückten, in Holz künstlich ausge-
schnittenen Kästchen, im Besitze des Herrn Friedensrichter Emcle in Alzey, fand ich diese Fabel zum
drittenmale dargestellt; und da dieses Kästchen, ohne Zweifel ehemals zur Aufbewahrung der Documente
einer Bauhütte gedient zu haben scheint, so halte ich die gedachte Darstellung für ein Symbol derselben,
wodurch sie vielleicht den wechselseitigen Austausch oder Verein verschiedenartiger Talente und Fähig-
keiten andeuten wollte.
 
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