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Müller, Franz Hubert
Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim: Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Geometrisch und perspectivisch dargestellt und mit einem erläuterndem Texte versehen. Mit 24 Kupferplatten Imperialfolio ([Hauptbd.]) — Darmstadt, 1836

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https://doi.org/10.11588/diglit.18725#0024

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Ueber die Fenster des teutschen Kirchenbaustyls und ihre Glasmalerei
überhaupt, nebst Beschreibung des auf dem 3. Blatte enthaltenen
Fensters an der Kirche in Oppenheim.

Eine vorzügliche Berücksichtigung erfordern die Fenster der teutschen Kirchen.
Sie inachen eine wesentliche Zierde dieser Gebäude aus und gewähren nicht allein von
Aussen, durch die sinnreiche Mannigfaltigkeit und die schönen Verhältnisse ihrer Stein-
construction, einen grossartigen und zugleich angenehmen Eindruck; sondern verbreiten
sich auch im Innern, durch das feierliche Helldunkel ihrer Glasmalereien, worin die
Gestalten der Heiligen in höchster Farbenpracht und wundervoller Verklärung wie vom
Himmel herabzuschweben scheinen, jene heilige Stimmung, worin das Gemüth, vom
Treiben der Welt abgewendet, sich im Gebete zu Gott erhebt. Die Glasmalerei liegt
auf diese Weise in der ersten Idee der Fenster dieser Art und ist davon unzertrennlich,
da oft selbst die Construction der steinernen Umfassungen danach eingerichtet wurde,
wie ich weiter unten zeigen werde.

Daher scheinen denn auch Fenster, der ursprünglichen Zierde der Malerei beraubt
und bloss mit gewöhnlichen weissen Scheiben versehen, Manchem zu gross und zu viel
Licht und Sonne zulassend. Natürlicherweise musste durch dieses Bedürfniss die von
dem Kirchenbau unzertrennliche Kunst der Glasmalerei zu einem hohen Grade von Voll-
kommenheit gehoben werden; aber dennoch Avird man bei aufmerksamer Betrachtung
der Arbeiten dieser Avt, aus den bessten Zeiten, gewahr: dass die alten Glasmaler alles
mit sehr einfachen Mitteln zu bewirken wussten, und dass die Vorzüglichkeit ihrer
Leistungen hauptsächlich in dem unerschöpflichen Reichthume ihrer Phantasie lag, wo-
durch sie einem jeden Theile Leben und Bedeutsamkeit zu geben wussten.

Meistens besteiit die Glasmalerei der Kirchenfenster, vom zwölften bis siebenzehnten
Jahrhundert , aus einer Zusammensetzung verschiedenfarbiger Glastafeln, nach den äusseren
Umrissen des Gegenstandes geschnitten, den sie darstellen sollen und nach Erforderniss
des Gemäldes den eigentümlichen Ton der Farbe angebend; ähnlich der in den alten
Basiliken befindlichen Mosaik, wovon die Glasmalerei auch ohne Zweifel ihren Ursprung
erhielt. Auf diese einfarbigen Flächen ist dann der Schatten mit einer schwarzen oder
bräunlichen Farbe, in Schraffirungcn, oft aber auch durch Lassur aufgetragen und ein-
gebrannt. Seltener, und mehr in späterer Zeit, findet man die gelbe Farbe auf eine
hellere Fläche aufgetragen, wie bei blondem Haar. Auch bei der weissen Farbe scheint
ein matter Ton, meistens durch Auftragen einer weissen Tinktur hervorgebracht, wobei
nicht selten die höchsten Lichter ausgespart sind, wie bei GeAvändern, Wappenschilden
und Laubwerk. Diese Behandlung findet auch wohl bei anderen Farben statt und ist
 
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