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Müller, Franz Hubert
Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim: Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Geometrisch und perspectivisch dargestellt und mit einem erläuterndem Texte versehen. Mit 24 Kupferplatten Imperialfolio ([Hauptbd.]) — Darmstadt, 1836

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https://doi.org/10.11588/diglit.18725#0025

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immer von vortheilhafter Wirkung. Die hoclirothen Gläser bestehen aus einer ganz
dünnen Ueberlage rothgefärbten Glases, auf einer weissen Tafel, im Feuer damit gänzlich
verbunden; wodurch die ganze Masse hinlängliche Farfrengkth erhalt. Durch das Weg-
schleifen der roüien Ueberlage findet man demnach auch die rothe und weisse Farbe auf
ein und derselben Tafel vereinigt, z. B. bei Wappen, oder wenn auf einer rothen
Gewandung silberne Verzierungen, Perlen und Edelsteine angebracht sind. Die verschie-
denen Stucke sind aber durch eine dünne Einfassung von Bleistreifen zu grösseren
Abtheiiungen mit einander verbunden ; so dass durch diese Streifen die Hinrisse der
Figuren freilich etwas stark angedeutet Averden, welches indess in einiger Entfernung
gar nicht auffallend ist, da die durch das farbige Glas nach allen Richtungen aus-
strömenden Lichtstrahlen die Wirkungen der dunkeln Linien völlig aufheben. Durch die
Verbindung kleinerer Glasstücke mit Blei ist übrigens den Abtheilungen eine grössere
Dauerhaftigkeit gegeben, als grosse Glastafeln, aus einem Stücke, gewähren würden.

Zwischen den unteren, senkrecht aufsteigenden Pfosten der Fenster, die in Zwischen-
räumen durch wagerechte, platte Eisenstäbe verbunden sind, werden die Abtheilungen
der Glasmalerei mit eisernen Nägeln befestigt, die durch kleine, an den Stäben hervor-
ragende Plättchen, von einem Zoll im Viereck ohngefähr, gesteckt werden. An der
Seite aber sind die Abtheilungen der Glasmalerei in die steinerne Rinne eingekittet;
auch werden sie von Aussen noch durch eiserne Wetterstangen, woran das Blei befestigt
ist, gehalten.

Diese Art von Glasinosaik vervollkommnete sich in den Kirchenfenstern bis zum
sechszehnten Jahrhundert, wo die Kunst, sie zu verfertigen, auf dem höchsten Gipfel
der, bis jetzt erreichten, Vollkommenheit stand, und blieb bis zu der Zeit im Gebrauche,
wo bei einer fremdartigen Anwendung der antiken Baukunst, auch in der Malerei ein
neuer Geschmack entstand, Avodurch der edle teutsche Styl nach und nach verdrängt
Avurde. Aber selbst da noch, als man bereits geschmacklos verzierte und planlos zu-
sammengestellte, antike Formen allgemein anwendete, hatte sich die Technik der Glas-
malerei noch'in ihrer ganzen Vollkommenheit erhalten, untl wurde erst dann vernach-
lässigt und aufgegeben, als die Kunst im Allgemeinen ihre Volkstümlichkeit gänzlich
verlor, und einer sinnlosen Verzierungsart Aveichen musste.

*) Kleinere-Ginsmalereien von 1 bis 1 >/, Fuss Höhe, welche ehemals das Zunfthaüs zum Freyburger in
Strasburg zierten und nun im Grossnerzogliclien Musäum zu Darmstadt aufbewahrt weiden, geben davon
einen sprechenden Beweis. Es befinden sich darunter viele Wappen mit allegorischen Figuren und kleinen
historischen Darstellungen, von einer solchen Farbenpracht und Mannigfaltigkeit, dass sie hierin gewiss
alle grösseren Glasmalereien übertreffen. Auch sieht man darauf gelb, grün, blau und mehrere gemilchte
Farben als Tinctur aufgetragen und auf ein und derselben Fläche eingebrannt. Es sind darunter Tafeln
mit Jahrzahlen bis zu 1050.
 
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