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Müller, Franz Hubert
Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim: Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Geometrisch und perspectivisch dargestellt und mit einem erläuterndem Texte versehen. Mit 24 Kupferplatten Imperialfolio ([Hauptbd.]) — Darmstadt, 1836

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https://doi.org/10.11588/diglit.18725#0026

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Indess ist diese schöne Kunst dennoch nicht, wie Manche irrigerweise glauben,
verloren gegangen. . Ich mache in dieser Hinsicht aufmerksam auf das Werk: L'art
de peinture sur verre et de la vitrerie par feu Mr. le Vieil ä Paris 1774. Der
historische sowohl, als der technische Theil der Glusmalerkunst ist darin mit der
grössten Gründlichkeit behandelt und so obige Meinung völlig widerlegt; um so mehr,
da der Verfasser selbst der letzte Sprössling einer berühmten Ciasmalerfamilie in Frank-
reich war. In Nürnberg erschien von diesem Werke, im Jahre 1779 eine Uebersetzung
durch einen gewissen M. Job. Conrad Harrepeter- Diakonus an der Hauptpfarrkirche zu
St. Lorenz, welcher in seiner Vorrede zum dritten Theile auch eine Beschreibung und
Darstellung- der vorzüglichsten Glasmalereien in den Kirchen seiner Vaterstadt versprach.
Ob dieses Versprechen wirklich gelöst worden, habe ich nicht in Erfahrung bringen
können; es wäre dieses aber um so wünschenswerther gewesen, da le Vieil in seinem
Werke bloss die Kunst der Glasmalerei in Frankreich und in einem kleinen Theile der
Niederlande würdigen konnte , indem er vermuthlich nie nach Deutschland gekommen ist.
Wir dürfen übrigens hoffen, diese Lücke durch B. Späth, den ebenso scharfsinnigen als
feinfühlenden Verfasser des Werkes: die Kunst in Italien, ausgefüllt zu sehen. Bereits
verdanken wir ihm über diesen Gegenstand einen gründlichen Aufsatz im Kunstblatte,
und ebenfalls viel Vortreffliches im zweiten Theile des vor Kurzem erschienenen, oben-
gedachten Werkes.

In unseren Tagen, nach so vielen, alle gesellschaftlichen Verhältnisse erschütternden
Ereignissen, wodurch die Gemülher zu ernsten Betrachtungen gestimmt und für die
Wahrheit empfänglich gemacht wurden, zeigt sich nun auch wieder ein reges Streben,
die lange verkannte vaterländische Kunst zur allgemeinen Würdigung zu bringen. Emsig
werden Gemälde und Bildwerke längst entschwundener Jahrhunderte hervorgesucht, und
ihre wenigen Ueberreste zu neuen Sammlungen vereinigt. Man fand die Mittel, die
ersteren vorzüglich, von dem undurchsichtigen Schmutze zu befreien, der sie so lange
unscheinbar gemacht hatte, und es blühen die alten Kunstschöpfungen wieder auf den
Tafeln in aller der Zartheit und Farbenpracht, womit des Meisters schöpferische Hand
sie einst ausgestattet hatte. Auch die alte Glasmalerei wird dabei nach Verdienst
berücksichtigt; aber eben darin liegt der Grund, dass man diese Werke nur zu oft
dem Orte ihrer ursprünglichen Bestimmung entrückt sieht, den sie bedeutungsvoll ver-
zierten. Ohne die steinernen Einfassungen der Fenster aber, womit sie in Verbindung
standen, verlieren sie einen Theil ihres Werthes. Dagegen vermisset man in vielen
Kirchen von teutscher Bauart, in den grossen, nun mit weissem Glase versehenen
Fenstern ungern die ehemalige Zierde. Ja in den hohen Chorfenstern nach Osten Avird
das Bedürfniss der gemalten Fenster so lebhaft gefühlt, dass man gegen die Sonnen-
strahlen gar häufig grosse Vorhänge anzubringen sich genöthigt sieht. In einigen Kirchen
 
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