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Müller, Franz Hubert
Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim: Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Geometrisch und perspectivisch dargestellt und mit einem erläuterndem Texte versehen. Mit 24 Kupferplatten Imperialfolio ([Hauptbd.]) — Darmstadt, 1836

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https://doi.org/10.11588/diglit.18725#0065

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Durch den mittleren Chor verbreitet die durch die farbigen Fenster fallende Morgen-
sonne oft eine milde Dämmerung-, wogegen die vorstehenden starken Pfeiler kräftige
Kontraste bilden. Diese Wirkung möglichst getreu in die Zeichnung zu übertragen,
war also die schwierige Aufgabe. Besonders vortheilhaft nehmen sich die einfachen
Spitzbogen und Rippen der Gewölbe aus, gleichsam wie den, die Pfeiler krönenden
Knäufen entsprossen ; wodurch einigermassen die Idee mancher Verehrer der teutschen
Baukunst gerechtfertigt wird, welche einen Palmbaum, mit seinen ausgebreiteten Blättern,
als die Grundform zu diesen Gewölbconstructionen anzunehmen geneigt sind; obschon
diese eigentlich damit nur eine zufällige Aehnlichkeit haben und aus der Consequenz
des Ganzen nothwendig hervorgehen müssen.

Wie entsprechend übrigens, sowohl der Würde des Gotteshauses und seinem ge-
heiligten Zwecke, als auch den strengsten Schönheitsregeln, die Anordnung dieser Hallen
sei, wird der denkende Beschauer gewiss nicht verkennen.

Leider ist in der Wirklichkeit der Genuss dieser schönen Ansicht weder, durch
den früher schon besprochenen Querbau der Orgel, und durch die grossen Betstühle
völlig gestört. Von der besseren Einsicht und dem Kunstsinne des jetzigen Kirchen-
vorstandes der St. Katharinenkirche ist jedoch mit Zuversicht zu hoffen, dass er,, sobald
es die Umstände nur erlauben, diese, vor hundert und mehreren Jahren entstandenen,
Verunstaltungen zu beseitigen bedächt sein werde. Schon sind" bedeutende Kosten auf-
gewendet, um den Thurm und die Dächer der Kirche wieder herzustellen. Mit der
grössten Sorgfalt wird man jeden, auch noch so kleinen Theil der Verzierungen zu
erhalten suchen, und um so mehr dem noch Vorhandenen eine achtsame Pflege widmen,
als man sich in unseren Zeiten ausser Stand gesetzt sieht, ein solches Denkmal nach
der ursprünglichen Idee zu ergänzen.

Das Fenster auf dem siebenzehnten Blatt.

Die Steinconstruction an diesem Fenster ist dem auf dem dritten Blatte gegebenen
vollkommen gleich; aber um so verschiedener damit ist die Anordnung der Glasmalerei.
In dem heilverkündenden Zeichen, aus dem E'ünfeck entwickelt, sieht man hier das
Wappen der ehemaligen Reithsstadt Oppenheim; woraus man wohl schliessen dürfte,
dass der Magistrat dieser Stadt dieses Fenster einst in die Kirche gestiftet habe.

In den unteren senkrechten Abtheilungen sind unter gleichförmigen Thron Verzierungen
sechs weihliche Heilige aufgestellt. Die hl. Katharina mit dem Schwerdte und einem
kleinen Rade, auf der rechten Seite, scheint den Zug anzuführen, ihr folgt die hl. Barbara,

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