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Müller, Franz Hubert
Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim: Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Geometrisch und perspectivisch dargestellt und mit einem erläuterndem Texte versehen. Mit 24 Kupferplatten Imperialfolio ([Hauptbd.]) — Darmstadt, 1836

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https://doi.org/10.11588/diglit.18725#0080

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Blatte sollte das Gebäude von allen Unbilden der Zeit und menschlichen Willkühr wieder
hergestellt erscheinen, gleichsam wie am Tage vor seiner Einweihung, daher wird
durch die in der Zeichnung wieder hergestellten Fenstergemälde das Auge nicht, wie
jetzt in der Wirklichkeit durch die grellen Lichter gestört, welche leider durch die
Lücken fallen, die mit weissen Glasseheiben ausgefüllt werden nmssten. Das Helldunkel
wie es noch jetzt, freilich hin und wieder unterbrochen, in diesen feierlichen Räumen
herrscht, wäre eine, von der Hand eines der grössten Koloristen zu lösende Aufgabe,
die für die Behandlung in Aquatinta unübersteigliche Hindernisse darbot. Das ganze
Gebäude zeigt übrigens , ohne allen Anstrich, die natürliche Farbe des Baumaterials und
gerade dadurch gewinnt es ein sehr würdiges Ansehen. Auch wäre die Harmonie des
unangestrichenen, in verschiedenen Stücken mannigfaltig abwechselnden Sandsteines durch
keinen künstlichen Anstrich nur einigermassen zu ersetzen; dieser einfache Ton des
Sandsteines wird aber wieder durch die weissen Wände und Gewölbe gehoben, die
als Mauerwerk keinesweges die Farbe von Sandsteinquadern erhalten durften. So herr-
schen in dem Gebäude nur. zwei Hauptfarben 5 ein Beispiel welches heutiges Tages,
an grossen öffentlichen Gebäuden, Berücksichtigung verdiente ; mögen immerhin die
Wohnuno-en von Privaten durch die Wahl verschiedener, harmonischer Farben Abwech-
seiung gewähren, ein öffentliches Gebäude muss sich dagegen jederzeit durch die grösste
Wahrheit auszeichnen. Der röthliche Sandstein, der gelbliche Bewurf des Mauerwerkes,
das schwarze Eisenwerk, das bräunliche Holz und jeder andere Bestandtheil sollte daran
durch seine eigenthümliche Farbe zu unterscheiden sein. **) Wie beleidigend für das
Auge es aber bei der Restauration älterer Gebäude auffällt,, wenn diese durch einen,

gerechtfertigt -werden, welches mich, während der Ausführung derselben, noch zu manchen andern, mir
zweckmässig scheinenden Verbesserungen leitete. So Sellien es mir zur Idaren Anschaulichkeit dieses
Baudenkmales nässender, die Ansichten des Inneren unmittelhar aufeinander folgen zu lassen, und, da
auf dem 20. Blatte hereits eine Ansicht der drei Chöre, aus einem näheren Standpunkte dargestellt war,
hier noch eine Hauptperspective des Schiffes zu geben, in der Folge aber drei äussere Ansichten zu
bearbeiten; nämlich ] ) eine nähere Ansicht der Kirche von Aussen mit ihren Umgebungen von Südost
aus, in ihrem gegenwärtigen Zustande; 2) die äussere südliche Ansicht, und 3) die sudöstliche Ansicht
der ganzen Stadt, mit der Kirche und dem Schlosse Landskron erscheinen. Dieses Blatt aber habe ich
mir desshalb absichtlich für den Sehluss des Werkes vorbehalten , um es alsdann auch mit der mög-
lichsten, hoffentlich bis dahin durch mehrere Hebung erworbenen, technischen Vollkommenheit behandeln
zu können.

*) Bios in dem südlichen Seitenchore ist, vermuthlich gegen das Jahr 1500 ein misslungcner Versuch
gemacht, die Wände über dem Kaffsims im Inneren mit Figuren und Arabesken zu verzieren, und die
Knäufe mit Gold und Farben zu bemalen.
*') Es entsteht ja ohnehin , bei einem willkührlich farbigen Anstriche der Gebäude so häufig der Verdacht,
als sei daran Holz statt Stein und Eisen, überhaupt ein geringeres statt eines kostspieligeren Materials,
angewendet worden.

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