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Müller, Franz Hubert
Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim: Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Geometrisch und perspectivisch dargestellt und mit einem erläuterndem Texte versehen. Mit 24 Kupferplatten Imperialfolio ([Hauptbd.]) — Darmstadt, 1836

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https://doi.org/10.11588/diglit.18725#0085

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Dass die obere Gallerie am Thurme eine blose Verzierung war, und keinen Umgang
zuliess, wird man leicht an der Grundmauer, worauf sie steht, erkennen: diese aber
behält nach Innen blos die Dicke der Fensterpfeiler mit dem äusseren Ansätze (_V 5"3,
wonach an den durch die Verstärkung der Ecken entstehenden Räumen, hinter der
Gallerie, blos noch so viel Raum übrig bleibt, um darauf die Rippe des Daches ansetzen
zu können, welche, von allen acht Ecken sich erhebend, unter dein Knopfe oben zusam-
menläuft. Vor der Spitze dieser Rippe wäre noch eine Versenkung, zum Ablaufe des
Wassers, welches sich beim Regen hier sammeln würde, und dann durch die unter
der Gallerie angebrachten Rinnen seinen Abiluss fände anzubringen; denn anders wäre
auch diesen Rinnen hier keine zweckmässige Anwendung zu geben. Zur Versinnlichung
dieser Idee findet man unter dem Grundrisse die Zeichnung der Rippe mit der gedachten
Versenkung. Da es jedoch ganz ohnmög-lich war, wegen dem jetzt zwecklos aufliegenden
Dache, diese Stelle in der Wirklichkeit zu beaugenscheinigen, so darf das hier Gesagte
blos als eine, von mir vorgeschlagene, Ergänzung betrachtet werden. Ebenso wenig
konnte darüber Gewissheit erlangt werden, ob oben, unter der Dachpyramiede, sich noch
ein Schutzgewölbe befunden habe; nach der Schwäche der oberen Mauern muss dieses
indess als gänzlich unanwendbar erscheinen, so dass es vielmehr höchst wahrscheinlich
ist, der schräge einfallende Regen sei von einem, unten, unmittelbar über dem Gewölbe
der Kirche befindlichen Bleidache in vier Rinnen nach den Ecken, wovon zwei unter
den Erkern auf der Südseite noch wirklich hinlaufen, abgeleitet worden. Der ganze
Thurm wäre demnach ein völlig freistehendes, offenes und den Winden wenig- Flächen
darbietendes, daher den Stürmen zweckmässig trotzendes Gebäude gewesen.

Die an der Südseite des Thurmes angebrachten Erker sind auf der Erläuterungs-
tafel unter Figur 2, 3, 4, 5, 6, dargestellt. Figur 2 ist der Seitenaufriss des rechten
Erkers von Süden gesehen, Figur 3 der Grundriss davon. Da nun zu diesem Erker
der Raum benutzt ist, welchen das Achteck des Thurmes auf der darunter stehenden
viereckten Basis übrig lässt, so besteht dieser Erker aus zwei Aussenseiten, die sich
an die Mauerverstärkungen des Thurmes ansetzen und mit dem Achteck der Mauer ein
Dreieck bilden. In der Mauer selbst ist eine Thüröffnung, welche mit einem Spitzbogen
schliesst, und bei Figur 6 gezeichnet ist. Die Figur 4 zeigt das Innere des Erkers,
wenn man sich die äussere oben dargestellte fensterartige Construction wegdenkt, und
Figur 5 die inneren, die wagerechte Decke unterstützenden, mit Kreisen verzier-
ten Bogenrippen, unverkürzt. Das Dach dieses Erkers besteht nicht mehr, er ist
jetzt unförmlich mit Schiefer gedeckt; auf der Zeichnung aber ist die muthmasslich
ursprüngliche Bedeckung mit Stein dafür angenommen. Uebrigens ist das Ganze,
als an der Basis des Thurmes befindlich, und damit übereinstimmend, sehr massiv an-
gelegt.

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