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26

Münchner kunsttechnische B!ätter.

Nr. 7

Die Erklärung dieses Umstandes hat uns in
wiederholtem Meinungsaustausch beschäftigt und
Hr. Büchner entschied sich endlich dahin, dass
die Farben in den Bronzetiegeln dazu gedient
haben konnten, die Farben darin (durch Brennen)
zu reinigen, oder, wie bei den Ockern, durch
Glühen in Oxyde zu verwandeln. Dafür spreche
erstens die Abwesenheit eines Bindemittels und
die völlig zusammengebackene Oberfläche
der Masse in den Tiegeln, die nur mit grösster
Anstrengung vom Tiegelrand getrennt werden
konnte. Wäre aber, wie ich mit Herrn Huybrigts
anfänglich annahm, das Bindemittel einfach durch die
Schwere der Farben an die Oberfläche gelangt, so
hätte gerade hier der Gehalt von Bindemittel am gröss-
tengewesenseinmüssen. Das war aber nicht derFall.
Die zur Malarbeit mit Bindemittel angemachten
Farben des römischen Malers von Herne-
St. Hubert waren also ausschliesslich die in
Würfelform behndlichen und ursprünglich, durch
dünne Holzwan du ngenvon einander getrennt,
in einem Kästchen aufbewahrt. Durch eigene
Beobachtung kann ich bestätigen, dass einzelne
dieser Würfelchen eine muldenförmige Ver-
tiefung zeigten, wie bei Aquarell-Farben durch
den Gebrauch mit dem Pinsel. Der Maler von
Herne hatte also diese selben Würfelchen schon
im Gebrauch gehabt!
Die Buchner'sche Untersuchung, welche die
Möglichkeit zulässt, dass die Bindemittel der
Farben aus Wachs oder einem Oel, oder aus
Mischungen von Wachs und Oel bestand, be-
stärkt die Annahme, dass wir das Malgerät eines
Wachsmalers, aber der späteren Zeit, vor uns
haben, der vielleicht auch Harzbeimischungen
(nach der Lütticher Analyse) verwendete, dessen
Technik jedenfalls auf der Basis der trock-
nenden Eigenschaft bestimmter Oele be-
gründet war. Diese Technik mag als Ueber-
gangsstadium angesehen werden zwischen der
antiken Enkaustik und der späteren Oeltechnik
der Byzantiner. Da Anzeichen dafür, dass der
Maler von Herne-St. Hubert seine Oel-Wachs-
farben in heissem Zustand mit dem Pinsel,
also in der 3. Art der Enkaustik nach Piinius,
verwendet haben könnte, nicht vorhanden sind,
muss angenommen werden, dass er sein Material
kalt verarbeitete. Durch vergleichende Proben
habe ich ermittelt, dass eine Mischung von I Teil
Wachs zu 2—3 Teilen trocknendes Oel (Nussöl),
mit Farbenpulver angerieben, sich sehr gut mit
dem Pinsel verstreichen und vermalen lässt, ob-
wohl die durch Wärme vereinigte Masse anfäng-
lich stockte und das Verarbeiten mit dem Pinsel
erschwerte. Durch Zugabe von wenigen Tropfen
Oel Hess sich die Farbenmasse dann leicht ver-
dünnen, so dass Schwierigkeiten des Arbeitens
nicht vorliegen. Der römische Maler von Herne-
St. Hubert malte also vermutlich mit Wachs-

farben, welche durch genügende Beigabe
von trocknendem Oel in einen Zustand der Ge-
schmeidigkeit versetzt waren, die das Aufstreichen
mit dem Pinsel ermöglichte, in einer Technik,
die zweckentsprechend genannt werden muss.
Erst durch diese Erklärung des Fundes besei-
tigen wir die berechtigten Bedenken gegen das
frühzeitige Auftauchen einer Art von Oelmalerei
im 4. Jahrhundert unserer Zeit, ohne im gering-
sten von den Ergebnissen der chemischen Ana-
lysen abzuweichen. Durch literarische Zeugnisse
aus der späteren Zeit (die a. a. O. S. 236 abge-
druckt sind) wird überdies in unzweifelhafter
Weise das Vorherrschen der Wachstechnik
bis ins 7. und 8. Jahrhundert nachgewiesen, also
noch lange nach der Zeit Konstantins des Grossen,
welcher der Fund von Herne-St. Hubert den
mitausgegrabenen Münzen zufolge angehört. —
Als vor einem Jahre Prof. Dr. Raehlmann mir
davon Mitteilung machte, dass er beabsichtige,
über die Farbstoffe der Malerei in den ver-
schiedenen Kunstperioden mikroskopische und
mikrochemische Untersuchungen anzustellen,
machte ich ihn auf den Fund von Herne-
St. Hubert aufmerksam, und durch meine Ver-
mittlung wurden ihm von Hr. Huybrigts die be-
nötigten Farbenproben des Fundes zur Verfügung
gestellt. In der inzwischen bei E. A. Seemann
erschienenen Publikation hat Prof. Dr. Raehlmann
einige Farben des Fundes beschrieben, eine be-
sondere Arbeit darüber wird in den Jahrbüchern
des Deutschen archäologischen Instituts demnächst
abgedruckt werden. So ist der Fund von Herne-
St. Hubert noch für die Wissenschaft nutzbar
gemacht worden, bevor derselbe für immer ver-
loren gegangen ist.
Oelgrundierung oder Leimgrundierung?
Von C. Hebing.
(Schluss.)
Auf alten, verräucherten Leimfarbe-Decken und
-Wänden z. B., die stark ansaugen und zum Decken-
streichen in Oelfarbe mindestens 4—5 Anstriche er-
fordern, genügt nach gründlichem Abwaschen ein Auf-
trag dieser Seifen-Leim-Mischung, der man ev. etwas
Kreide oder Lithopone beisetzen kann, und darnach
zwei Anstriche mit Oelfarbe. Der Grund wird durch
die Masse völlig dicht, so dass er durchaus nicht mehr
anzieht und schon der erste Anstrich fast blank steht.
Man kann also die Farbe stets recht dick halten und
erzielt somit bald Deckung trotz geringem Material-
verbrauch, kann überdies — da die Grundierung rasch
und hart trocknet — schnell Weiterarbeiten und ist
deshalb schneller fertig als bei Verarbeitung von Oel-
farben allein. Irgendwelche Nachteile sind absolut
nicht zu befürchten; Voraussetzung für die Haltbarkeit
ist aber auch hier — wie überall — dass der Unter-
grund sicher trocken ist.
Wir hören nun schon den Einwand: „Das ist
alles ganz gut und schön, aber ich bleibe trotzdem
lieber bei der guten, reellen Oelfarbgrundierung, wie
sie von Alters her üblich ist. Dann weiss ich, was
ich habe usw." —
 
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