Nr. 7.
Münchner kunsttechnische Blätter.
27
Mit Verlaub! Die guten Eigenschaften der Oel-
farbgrundierung werden — wie schon gesagt — nicht
bestritten, aber ein Irrtum ist es, wenn man annimmt,
dass dieses Verfahren das ätteste sei und dass man
schon deswegen daran festhatten müsse. Das stimmt
ganz und gar nicht; gerade die so oft wegen ihrer
Schönheit bestaunten atten Weisslackierungen, in
Schlössern, Kirchen usw., sind fast atte ohne jede An-
wendung von Oetfarbe gemacht! Sie sind nach dem
Prinzip der Polimentvergotdung ausgeführt, atso auf
Leimgrund, zutetztmit weisser Deckfarbe (Leimfarbe!)
mehrmals gestrichen und zum Schtuss mit farblosem
Weingeistlack überzogen. Es ist dies die sogen Chi-
polinmalerei, deren Ausführung in unserer Zeitschrift
erst vor einigen Jahren (in Nr. 47 vom 30. Bande) ge-
nau beschrieben worden ist. Ausserdem ist das Ar-
beiten mit Oelfarben auf Leimgründen noch heute in
der Staffiermalerei (Fassmalerei), sowie bei den Ver-
goldern allgemein üblich, und diese — nicht die heuti-
gen Maler und Anstreicher — haben die alte Technik
beibehalten. Im Maler- uud Anstreichergewerbe hat
sich, etwa seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts, nach
und nach die alleinige Anwendung von Oelfarben zur
Regel gemacht.
In manchen Spezialzweigen ist und war aber die
Leimgrundierung stets üblich, wir verweisen nur auf
die Spielwarenindustrie, in der alle Holzartikel nur ein-
mal mit deckender, stark geleimter Farbe gestrichen
oder „gemalt" werden, worauf lediglich ein Ueberzug
mit blankem Spirituslack folgt. Trotzdem sind diese
Anstriche, wie jeder wohl schon beobachtet hat, sehr
haltbar.
Aehnlich so ist's in der Möbelindustrie. Die billigen
Massenmöbel werden fast überall nur mit Leimfarbe
grundiert, gleich darauf gemasert (ohne Oelgrund also!)
und danach nur einmal lackiert. Dennoch stehen diese
Möbel hoch im Glanze, und dass der Anstrich ganz
und gar nicht haltbar sei, kann man auch nicht be-
haupten, denn die Möbel stehen oft jahrelang auf Lager
und behalten doch ihr Ansehen.
Dieses sind also Beispiele, die zeigen, dass es
keineswegs so absurd ist, wenn man einer anderen
Grundierung als der mit reiner Oelfarbe das Wort
redet, und dass namentlich der Hinweis auf „das gute
Alte" hier nicht am Platze ist. Ausserdem wird ja
nicht die alleinige Anwendung der Grundiermittel
empfohlen, wie sie z. B. bei den Spielwaren und den
billigsten Möbeln üblich ist, sondern die Mittel sollen
eben nur für den ersten Anstrich dienen, und
darauf soll und muss stets in der auch sonst üblichen
Weise mit Oelfarbe fertig gearbeitet werden.
Um allen Missverständnissen vorzubeugen, sei noch-
mals darauf hingewiesen, wann und wo und bei welchen
Arbeiten eine Grundierung mit den genannten wasser-
löslichen Mitteln am Platze ist.
Hier sind zu nennen in erster Linie alle neuen
Möbel, die in irgendeiner Weise gestrichen und lackiert
werden. Auch für solche Möbel, die nicht deckend ge-
strichen und gemasert, sondern in Natur bleiben, also
lasiert oder nur lackiert werden sollen, sind sie gut
anwendbar, auch auf hartem Holz. Man kann darauf
mit Oellasuren beliebig arbeiten, kann auch die Poren
füllen, aber man darf nicht mit Wasserbeizen darauf-
kommen, was ja eigentlich selbstverständlich ist.
Auch alle inneren Bauarbeiten aus Holz, also Türen,
Vertäfelungen, Lambris, Holzdecken usw. können mit
diesem Grundiermittel grundiert werden, wenn sie
(also das Holz) nur gut trocken sind und auch sonst
keine Einwirkungen von Feuchtigkeit zu befürchten
sind. Das gleiche gilt auch für Böden, Fussböden
aus weichem Holze, also: diese können — unbeschadet
der Haltbarkeit — ebensogut mit starkgebundener
Leimfarbe oder einem der anderen genannten Mittel
grundiert werden als wie mit Oel oder Oelfarbe.
Natürlich muss danach ein guter Oelfarbanstrich und
ein guter Lack kommen; dann ist die Haltbarkeit
ganz vorzüglich, und Kleben usw. wird nicht so leicht
Vorkommen wie beim Grundieren mit fetten, oft aus
allen möglichen Resten zusammengepantschten Oel-
farben. Gar eine Grundierung mit den sog. Ersatz-
firnissen, die meist nur oder doch zum grössten Teile
aus Harzlösungen bestehen, ist lange nicht so gut als
eine Grundierung mit Leim oder dergl. Wer's be-
zweifelt, der mache doch gelegentlich einmal eine
Probe, er kann sich dann selbst überzeugen.
Für die Grundierung von Fenstern aber sehe man
von diesen Mitteln ab, sondern nehme nur Oelfarbe.
Der Grund dafür ist klar genug; die Fenster haben
eben viel mehr als Türen usw. oder gar Möbel von
der Feuchtigkeit zu leiden, und mit Feuchtigkeit ver-
tragen sich die wasserlöslichen Bindemittel naturgemäss
nicht gut.
Ebenso ist's bei anderen Aussenarbeiten. Man
kann wohl an geschützten Stellen, z. B. an Dachunter-
sichten usw., gut damit arbeiten; wenn die Grun-
dierung auf trockenes Holz kommt und nach dem
Trocknen alsbald mit Oelfarbe überstrichen wird, so
ist auch nichts zu befürchten. Diese Gewissheit hat
man aber nicht immer, da man das Wetter nicht be-
stimmen und nach Wunsch beeinflussen kann. Viel-
leicht wäre hier eine Mischung aus Leimlösung mit
doppelchromsaurem Kali eher angebracht, da dieses
Salz mit dem Leim unter der Einwirkung des Lichtes
wasserfest, also unlöslich wird. Es sind hiermit aber
bisher keine sicheren Versuche gemacht worden, und
die Ansichten der Praktiker gehen zu stark aus-
einander, um etwas gewisses darüber sagen zu können.
Vorsicht ist ferner anzuraten bei allen Arbeiten
auf Putz. Auf trockenen Innenwänden ist ja nichts zu
besorgen, aber — sie müssen eben sicher trocken
sein, und hiervon muss man sich also vorher gut und
gründlich überzeugen. Es ist uns bekannt, dass selbst
Fassaden schon mit Grundin zum ersten Male ge-
strichen worden sind und danach in üblicher Weise
noch dreimal mit Oelfarbe, und die Arbeiten haben
sich ebensogut gehalten als wenn mit Oel oder Oel-
farbe grundiert worden wäre. Das beweist, dass an
der Verwendung dieser Mittel nichts auszusetzen ist,
wenn eben die richtigen Voraussetzungen dazu ge-
geben sind, also vor allem der Grund richtig trok-
ken ist.
Gut anwendbar sind alle Grnndiermittel ferner
beim Anstrich von Stoffen oder Papier, z. B. auf tape-
zierten Wänden. Für Stoffe aller Art sind sie sogar
als das einzig richtige Grundiermaterial zu bezeichnen,
da hier bei reinem Oelfarbauftrag der Stoff äusserst
viel Oel und Farbe aufnehmen und dadurch an sich
sehr schwer, ausserdem die Arbeit unnütz verteuert
werden würde.
Nicht anwendbar sind alle genannten Grundier-
mittel auf Metallen aller Art, ebenso auf schon mit
Oel,' Oelfarbe, Lack, Wachs, Politur oder irgendeiner
anderen wasserabweisenden Masse gestrichenen oder ein-
geriebenen Fläche, ob Holz, Verputz usw. ist dabei
nebensächlich. Nicht anwendbar sind sie ferner über-
all dort, wo ausdrücklich Oelfarbanstrich vorgeschrieben
ist, denn trotz aller guten Eigenschaften lässt sich
doch niemals behaupten, dass Leim, Grundin, Sichol
oder irgendein anderes Mittel stofflich dasselbe sei
wie Leinöl oder Leinölfirnis. Man sei also auch in
dieser Hinsicht vorsichtig.
Ersatz für ausländische Fabrikate.
In einer an uns gerichteten Zuschrift wird
die Forderung gestellt, die Folgen des Krieges auch
dadurch zu ziehen, dass wir uns von englischen und
französischen Fabrikaten unabhängig machen. Das sei
Münchner kunsttechnische Blätter.
27
Mit Verlaub! Die guten Eigenschaften der Oel-
farbgrundierung werden — wie schon gesagt — nicht
bestritten, aber ein Irrtum ist es, wenn man annimmt,
dass dieses Verfahren das ätteste sei und dass man
schon deswegen daran festhatten müsse. Das stimmt
ganz und gar nicht; gerade die so oft wegen ihrer
Schönheit bestaunten atten Weisslackierungen, in
Schlössern, Kirchen usw., sind fast atte ohne jede An-
wendung von Oetfarbe gemacht! Sie sind nach dem
Prinzip der Polimentvergotdung ausgeführt, atso auf
Leimgrund, zutetztmit weisser Deckfarbe (Leimfarbe!)
mehrmals gestrichen und zum Schtuss mit farblosem
Weingeistlack überzogen. Es ist dies die sogen Chi-
polinmalerei, deren Ausführung in unserer Zeitschrift
erst vor einigen Jahren (in Nr. 47 vom 30. Bande) ge-
nau beschrieben worden ist. Ausserdem ist das Ar-
beiten mit Oelfarben auf Leimgründen noch heute in
der Staffiermalerei (Fassmalerei), sowie bei den Ver-
goldern allgemein üblich, und diese — nicht die heuti-
gen Maler und Anstreicher — haben die alte Technik
beibehalten. Im Maler- uud Anstreichergewerbe hat
sich, etwa seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts, nach
und nach die alleinige Anwendung von Oelfarben zur
Regel gemacht.
In manchen Spezialzweigen ist und war aber die
Leimgrundierung stets üblich, wir verweisen nur auf
die Spielwarenindustrie, in der alle Holzartikel nur ein-
mal mit deckender, stark geleimter Farbe gestrichen
oder „gemalt" werden, worauf lediglich ein Ueberzug
mit blankem Spirituslack folgt. Trotzdem sind diese
Anstriche, wie jeder wohl schon beobachtet hat, sehr
haltbar.
Aehnlich so ist's in der Möbelindustrie. Die billigen
Massenmöbel werden fast überall nur mit Leimfarbe
grundiert, gleich darauf gemasert (ohne Oelgrund also!)
und danach nur einmal lackiert. Dennoch stehen diese
Möbel hoch im Glanze, und dass der Anstrich ganz
und gar nicht haltbar sei, kann man auch nicht be-
haupten, denn die Möbel stehen oft jahrelang auf Lager
und behalten doch ihr Ansehen.
Dieses sind also Beispiele, die zeigen, dass es
keineswegs so absurd ist, wenn man einer anderen
Grundierung als der mit reiner Oelfarbe das Wort
redet, und dass namentlich der Hinweis auf „das gute
Alte" hier nicht am Platze ist. Ausserdem wird ja
nicht die alleinige Anwendung der Grundiermittel
empfohlen, wie sie z. B. bei den Spielwaren und den
billigsten Möbeln üblich ist, sondern die Mittel sollen
eben nur für den ersten Anstrich dienen, und
darauf soll und muss stets in der auch sonst üblichen
Weise mit Oelfarbe fertig gearbeitet werden.
Um allen Missverständnissen vorzubeugen, sei noch-
mals darauf hingewiesen, wann und wo und bei welchen
Arbeiten eine Grundierung mit den genannten wasser-
löslichen Mitteln am Platze ist.
Hier sind zu nennen in erster Linie alle neuen
Möbel, die in irgendeiner Weise gestrichen und lackiert
werden. Auch für solche Möbel, die nicht deckend ge-
strichen und gemasert, sondern in Natur bleiben, also
lasiert oder nur lackiert werden sollen, sind sie gut
anwendbar, auch auf hartem Holz. Man kann darauf
mit Oellasuren beliebig arbeiten, kann auch die Poren
füllen, aber man darf nicht mit Wasserbeizen darauf-
kommen, was ja eigentlich selbstverständlich ist.
Auch alle inneren Bauarbeiten aus Holz, also Türen,
Vertäfelungen, Lambris, Holzdecken usw. können mit
diesem Grundiermittel grundiert werden, wenn sie
(also das Holz) nur gut trocken sind und auch sonst
keine Einwirkungen von Feuchtigkeit zu befürchten
sind. Das gleiche gilt auch für Böden, Fussböden
aus weichem Holze, also: diese können — unbeschadet
der Haltbarkeit — ebensogut mit starkgebundener
Leimfarbe oder einem der anderen genannten Mittel
grundiert werden als wie mit Oel oder Oelfarbe.
Natürlich muss danach ein guter Oelfarbanstrich und
ein guter Lack kommen; dann ist die Haltbarkeit
ganz vorzüglich, und Kleben usw. wird nicht so leicht
Vorkommen wie beim Grundieren mit fetten, oft aus
allen möglichen Resten zusammengepantschten Oel-
farben. Gar eine Grundierung mit den sog. Ersatz-
firnissen, die meist nur oder doch zum grössten Teile
aus Harzlösungen bestehen, ist lange nicht so gut als
eine Grundierung mit Leim oder dergl. Wer's be-
zweifelt, der mache doch gelegentlich einmal eine
Probe, er kann sich dann selbst überzeugen.
Für die Grundierung von Fenstern aber sehe man
von diesen Mitteln ab, sondern nehme nur Oelfarbe.
Der Grund dafür ist klar genug; die Fenster haben
eben viel mehr als Türen usw. oder gar Möbel von
der Feuchtigkeit zu leiden, und mit Feuchtigkeit ver-
tragen sich die wasserlöslichen Bindemittel naturgemäss
nicht gut.
Ebenso ist's bei anderen Aussenarbeiten. Man
kann wohl an geschützten Stellen, z. B. an Dachunter-
sichten usw., gut damit arbeiten; wenn die Grun-
dierung auf trockenes Holz kommt und nach dem
Trocknen alsbald mit Oelfarbe überstrichen wird, so
ist auch nichts zu befürchten. Diese Gewissheit hat
man aber nicht immer, da man das Wetter nicht be-
stimmen und nach Wunsch beeinflussen kann. Viel-
leicht wäre hier eine Mischung aus Leimlösung mit
doppelchromsaurem Kali eher angebracht, da dieses
Salz mit dem Leim unter der Einwirkung des Lichtes
wasserfest, also unlöslich wird. Es sind hiermit aber
bisher keine sicheren Versuche gemacht worden, und
die Ansichten der Praktiker gehen zu stark aus-
einander, um etwas gewisses darüber sagen zu können.
Vorsicht ist ferner anzuraten bei allen Arbeiten
auf Putz. Auf trockenen Innenwänden ist ja nichts zu
besorgen, aber — sie müssen eben sicher trocken
sein, und hiervon muss man sich also vorher gut und
gründlich überzeugen. Es ist uns bekannt, dass selbst
Fassaden schon mit Grundin zum ersten Male ge-
strichen worden sind und danach in üblicher Weise
noch dreimal mit Oelfarbe, und die Arbeiten haben
sich ebensogut gehalten als wenn mit Oel oder Oel-
farbe grundiert worden wäre. Das beweist, dass an
der Verwendung dieser Mittel nichts auszusetzen ist,
wenn eben die richtigen Voraussetzungen dazu ge-
geben sind, also vor allem der Grund richtig trok-
ken ist.
Gut anwendbar sind alle Grnndiermittel ferner
beim Anstrich von Stoffen oder Papier, z. B. auf tape-
zierten Wänden. Für Stoffe aller Art sind sie sogar
als das einzig richtige Grundiermaterial zu bezeichnen,
da hier bei reinem Oelfarbauftrag der Stoff äusserst
viel Oel und Farbe aufnehmen und dadurch an sich
sehr schwer, ausserdem die Arbeit unnütz verteuert
werden würde.
Nicht anwendbar sind alle genannten Grundier-
mittel auf Metallen aller Art, ebenso auf schon mit
Oel,' Oelfarbe, Lack, Wachs, Politur oder irgendeiner
anderen wasserabweisenden Masse gestrichenen oder ein-
geriebenen Fläche, ob Holz, Verputz usw. ist dabei
nebensächlich. Nicht anwendbar sind sie ferner über-
all dort, wo ausdrücklich Oelfarbanstrich vorgeschrieben
ist, denn trotz aller guten Eigenschaften lässt sich
doch niemals behaupten, dass Leim, Grundin, Sichol
oder irgendein anderes Mittel stofflich dasselbe sei
wie Leinöl oder Leinölfirnis. Man sei also auch in
dieser Hinsicht vorsichtig.
Ersatz für ausländische Fabrikate.
In einer an uns gerichteten Zuschrift wird
die Forderung gestellt, die Folgen des Krieges auch
dadurch zu ziehen, dass wir uns von englischen und
französischen Fabrikaten unabhängig machen. Das sei