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Münchner kunsttechnische Blätter.

der Vorlage des Mayerne beigebunden war, also
in den Kreisen der niederländischen resp. nord-
ländischen Künstler des I/. Jahrhunderts bekannt
und geschätzt war, Anden sich Rezepte für Fir-
nisse, die „an der Sonne" neben solchen, die „im
Schatten" trocknen. Zu den ersteren gehören:
1. Ein Firnis aus gleichen Teilen Olio di abezzo
(Terpentin von Pinus picea) und Olio di
pietro (Steinöl), die in der Wärme vereinigt
werden, und der in lauwarmem Zustand auf-
getragen werde.
2. Ein Firnis aus zwei Teilen Nussöl, einem
Teil Mastix und einem halben Teil Steinöl,
die auf dem Feuer zusammengeschmolzen wer-
den, und der etwas abgekühlt auf dem Bilde
ausgebreitet wird (siehe meine Beiträge: IV.
Renaissance, S. 43).
Bei Armenini (De veri Precetti delle Pittura,
Ravenna 158/) wird unter den Firnissen als erster
die Mischung von Olio di Abezzo mit gleichen
Teilen Olio di Sasso (Steinöl) erwähnt, der
durch Zerlassen der beiden Materien am Feuer
gewonnen wurde und „noch etwas warm" auf
das vorher in der Sonne erwärmte Gemälde auf-
getragen wurde. Dabei heisst es:
„Dieser Firnis ist feiner und glänzender als
jeder andere, ich habe ihn in der ganzen Lom-
bardei von den besten Künstlern in Gebrauch
gesehen, man versicherte mich, dass Correggio,
Parmegianino, sofern man deren Schülern
glauben darf, diesen Firnis verwendeten."
Die anderen von Armenini beschriebenen Fir-
nisse sind teils Oelürnisse (Mastix mit Nussöl)*),
teils Spiritusfirnisse (Sandarac, griechisches Pech
in Weingeist; Benzoe in Weingeist gelöst), end-
lich ist noch ein Firnis erwähnt, der aus Mastix
und Sandarac zu gleichen Teilen, zu Pulver ge-
stossen in Nussöl mittels des Feuers gelöst, be-
steht und dem man den dritten Teil, d. h. also
ein Drittel Olio di Abezzo bei gelinder Glut
beifügt (siehe meine Beiträge a. a. O., S. $8, wo
auch der italienische Text abgedruckt ist).
Man sieht aus der völligen UebereinStim-
mung des zuerst erwähnten Firnisses, den „die
besten Künstler der Lombardei" verwendeten,
dass derselbe auch im Norden bekannt gewesen
ist. Die Annahme, dass auch Rubens, der im

*) Entgegen der Ansicht, alle diese Firnisse hätten
nur zum Firnissen der fertigen Bilder gedient, möchte
ich hier feststellen, dass dies nicht zutreffend ist.
Armenini erwähnt bei dem aus Mastix und Nussöl
hergestellten Firnis, dem noch, um ihn glänzender zu
machen, etwas gebrannter Alaunstein hinzugefügt wer-
den kann, man verwende ihn „mit den feinen
Azuren, den Lacken und anderen ähnlichen
Farben, damit sie schneller trocknen" (e di
questa se ne puö mettere nelle azzurri hni, nelle
lacche, e in altri quali colori acciö si aseiughino piü
presto). Es ist demnach deutlich ein Malhrnis ge-
meint.


Jahre 1600 in Italien gewesen ist, diesen
Firnis gekannt, vielleicht sogar gebraucht
hat, ist nicht von der Hand zu weisen.
Sa haben gesehen, dass auch Eastlake (a. a. O.
S. 294) „ohne Zweifel" den von Rubens zum An-
reiben der blauen Farben benutzten Firnis mit
dem obigen aus „Föhrenharz und Erdöl berei-
teten", wie er sagt, „ätherischen OelArnis" iden-
tiAziert. Jedenfalls scheint Eastlake durch den
Rubens-Vermerk bei Nr. 7 zu obiger Arn*^ hme
veranlasst worden zu sein.
Es mag hier eingeschaltet werden, dass der
Erfinder der Petroleumfarben, Heinri ch Ludwig,
von den Rezepten des Borghini, Armenini und
den Angaben des Athosbuches ausgegangen ist
und sein Malsystem darauf begründete.
Obwohl ihm Eastlakes' Buch bekannt gewesen
ist, hat er dennoch auf diese Stelle des Mayerne-
Manuskriptes weder in seiner ersten Publikation
(Techn. Mitt. f. Mal., IV. Jahrg., S. 47), noch in
seiner „Technik der Oelmalerei" darauf Bezug
genommen. Er scheint demnach diese für die
Begründung seines Systems immerhin sehr wich-
tigen Stellen übersehen zu haben.
^.Zum dritten Absatz (c):
Wohl keine Stelle des Mayerne-Manuskriptes
hat zu solchen Missdeutungen Anlass gegeben,
als der folgende dritte Absatz der Anweisung
Nr. 7, an deren Rand der Vermerk „M. Rubens.
N. B." gesetzt ist. Es sollte darin eine völlig
klare Ablehnung der in den vorhergehenden
beiden Abschnitten beschriebenen Firnisse durch
den Meister zum Ausdruck gebracht sein! Ich
kann dies mit bestem Willen nicht Anden. Der
Vermerk sagt nicht nur mit Sicherheit, dass
Mayerne mit Rubens über diese Firnisse ge-
sprochen, es will mir sogar als höchst wahr-
scheinlich scheinen, dass das N. B. M. Rubens
auf das Vertrautsein des berühmten Malers mit
solchen Firnissen hinweist. Denn wenn Rubens
diese Firnisse als unbrauchbar abgelehnt
hätte, würde Mayerne eine darauf bezügliche,
jeden Zweifel ausschliessende Bemerkung
an den Rand gesetzt haben, wie er dies
bei anderen Gelegenheiten getan hat, durch
die Worte „taugt nicht", „Rubens sagt, es
ist schlecht" od. dgl. Der Vermerk N. B.
weist aber geradezu darauf hin, Rubens
habe solche Firnisse gekannt und ge-
braucht. ^ ^ 1 ^
(Fortsetzung folgt.)
H. von Helmholtz über
Goethes Farbenlehre.
Seit Goethe seine Theorie der Farben veröffent-
lichte, sind etwas mehr als 100 Jahre verflossen. Er
hatte damit bei Physikern wenig Erfolg, und die Streit-
frage, ob Goethe oder Newton im Recht sei, die die
Gelehrten durch Jahrzehnte beschäftigte, ist nicht zu
Gunsten der Goetheschen Theorien entschieden worden.
 
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