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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 16.1913

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Waldhauer, Oskar: Eine Lekythos aus der ehemaligen Sammlung Abasa
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https://doi.org/10.11588/diglit.45419#0120

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O. Waldhauer

der eigentümlich verschnörkelten Ohrmuschel. Diese Züg'e wiederholen sich an
den übrigen Gestalten, sie sind infolgedessen nicht zufällig.
Also jede Einzelheit spricht für denselben Meister. Jedoch von der Lekythos
zum Psykter ist noch ein Schritt; es sind innerhalb des Kreises stilistischer Eigen-
tümlichkeiten, die mir die Einheit der Persönlichkeit zu verbürgen scheinen, doch
wieder Unterschiede zu erkennen, die eine stilistische Entwicklung deutlich zeigen.
Wo die scharfkantigen Bogenlinien des Saumes auf der Lekythos Abasa eine
markante Linie geben, sehen wir auf dem Psykter weiche, ein wenig zittrige Formen;
wo die straffen Faltenmassen herabgleiten, erscheinen hier mehrfach wellige, sich
fächerförmig’ ausbreitende Formen; wo in zierlicher Symmetrie die feinen Linien
des Linnenchitons in verdünntem Firnis zusammengeführt sind, gleiten ebenso
ausgeführte Linien frei herab, scheinbar regellos in- und gegeneinander gezogen.
Diese Dinge bedeuten einen tiefgreifenden Unterschied in der Auffassung: auf
dem Münchener Psykter sucht der Meister den Stoff zu charakterisieren, ja sogar
die zufälligen Gebilde der sich verschiebenden Falten wiederzugeben, während
auf der Lekythos Abasa ein straffes, abstraktes Liniensystem herrscht. Das
bedeutet eine Auflösung des Stils, eine Schwenkung zum Naturalismus. Es er-
scheinen auch weitere Symptome: auf der Lekythos ist die Lidspalte ganz en
face, der innere Augenwinkel geschlossen, nur die Iris ins Profil gerückt, auf
dem Psykter ist er durchweg geöffnet -— ein Schritt zur richtigen Profilzeichnung;
und endlich bei der Artemis und der Marpessa auf dem Psykter hat der Meister
den einen Fuß en face gezeichnet — ein Versuch der Tiefenentwicklung. So
erklärt sich der freiere, aber auch lockere Eindruck, den man vom Marpessa-
Psykter erhält.
Furtwängler hat bei der Münchner Vase den Namen Duris genannt; ohne
nähere Motivierung, doch ist die Zuweisung fast sicher zu nennen angesichts der
Schalen in Berlin Nr. 2283, 2284 und der Peleus und Thetisschale des Louvre3).
Auf der Berliner Schale 2283 bietet das Innenbild für die Behandlung des
Gewandes hinreichende Parallelen. Auf der Lekythos wirken besonders rhythmisch
die horizontalen Linien auf dem Gewände über den Knöcheln; dieselben begegnen
uns in gleicher Ausführung am Chiton des Helden und mehrfach auf dem
Münchner Psykter; wir notierten ferner die Wellenlinien am Ärmel der Artemis
und den auf den Füßen aufliegenden Gewandsaum; Ähnlichem begegnen wir hier
am Halse der Iris. Besonders bezeichnend ist jedoch der Kopftypus und die
Proportionen, die auf fast allen Schalen des Meisters wiederkehren.
3) W. Vbl. VII T. II.
 
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