Zur Mechanik der antiken Wage.
Unter den Kleinfunden des Limes-Kastells Cann-
statt, Obergerm. Rhät. Lim. V 59 (Lief. XXVIII) ist
aufTafel IX20ein „rätselhafter Aufsatz mitzf-Speichen“
abgebildet und ebdt. S. 26 unter n. 5 beschrieben.
Zu seiner Erklärung wurde neuestens in den „Fund-
berichten aus Schwaben“ XIX (19II) S. 31 mit
Fig· 13 — danach die beistehende verkleinerte
Fig. 2 — die im Neapler Nationalmuseum erfolgte
Rekonstruktion einer 1904 im Atrium eines Hauses
in Pompeji gefundenen Schalenwage
herangezogen, welche diesen Gegen-
stand als Bekrönung der den Wage-
balken tragenden (völlig ergänzten)
Säule zeigt [Not. d. Scavi 1908, S. 280
und danach die hier als Fig. 3 auf
Sp. 7 wiederholte Abbildung 14 an
der eben zitierten Stelle der Fundber.
a. Schwaben].
Daß diese Rekonstruktion nicht das
Richtige trifft, dafür gibt es theoretische
und reale Beweisgründe teils negativer, teils posi-
tiver Natur.
Ich will zunächst kein Gewicht darauf legen,
daß jene schöne, wie aus einem modernen Apotheker-
laden herübergeholt aussehende „colonninadisostegno“
augenscheinlich eine freie Erfindung des Restaurators
ist; denn wenn auch meines Wissens bisher in
unserem archäologischen Material keine solche Säule
vorhanden oder, vorsichtiger gesprochen, als diese
Bestimmung erfüllend erkannt ist und
wenn auch fast auf all den vielen er-
haltenen Darstellungen antiker Wagen
diese entweder nur von der Decke oder
von einem reckartigen Tragegestell
herabhängen1) oder frei in der Hand
gehalten werden, so konnte sich doch
der Restaurator auf zwei neuere Dar-
stellungen berufen, in denen tatsäch-
lich eine Säule oder ein Ständer als
Träger einer Schalenwage erscheint.
2: Bronze aus Cannstatt.
l) Hieher gehört auch das m. W. einzige erhaltene gebildete) pompejanische Wage n. 74029 des Neapler
torbogenartige Bronzegestell, auf dem die (normal Museums aufgehängt ist (Alinari, Phot. 11261).
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