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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 16.1913

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Beiblatt
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Nowotny, Eduard: Zur Mechanik der antiken Wage, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.45419#0374

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Zur Mechanik der antiken Wage.
(Nachträge zu XVI, Beiblatt Sp. 5 ff.)

Der Beruf des scavatore bringt es mit sich,
daß man in der Verfolgung der Literatur mitunter
zurückbleibt. So habe ich denn von dem im XXI.
Bande (punta Ia) der Monumenti antichi dei Lincei
(datiert 1912, erschienen Frühjahr 1913) enthaltenen
Aufsatz Matteo della Cortes „Librae Pompeianae“
erst durch die Besprechung im Arch. Anzeiger 1913
III. Heft, S. 166, d. h. zu einer Zeit Kenntnis er-
halten, da mein obgenannter, im April geschriebener
und von Deutsch-Altenburg aus im Mai zum Druck be-
förderter Aufsatz bereits zum Ausdrucken fertig
stand und aus technischen Gründen Änderungen oder
Zusätze nicht mehr möglich waren.
Das Verdienst des zitierten Aufsatzes beruht
darin, daß er — meines Wissens zum ersten Mal
auf italischem Boden —- auf das sonst gegenüber
dem Reichtum an figuraler Kunst recht vernach-
lässigte Gebiet der „arnesi“ und „piccoli bronzi“ bei
liebevollem Eingehen eine streng naturwissenschaft-
liche Art der Behandlung anwendet. Seine bleibenden
Hauptergebnisse werden sein: die Konstatierung der
Tatsache, daß die Graduierung des einen Schenkels
des Wagebalkens keine Ausnahme, sondern fast die
Regel bildet (p. 20 ff. mit Anm. 1) und daß dieser
Schenkel stets der ist, welcher die für die Ware
bestimmte Wagschale trägt. Im engen Zusammenhänge
damit steht die Vermutung, daß, wo ein solches
Korrektions-Laufgewicht („Differentialgewicht“) fehlt,
sein Zweck in anderer Weise erfüllt wurde, näm-
lich dadurch, daß der die Ketten der Waren-Schale
tragende Endhaken des Wagebalkens dreifach, nicht
wie sonst (bei den für die Gewichte bestimmten
Schalen) doppelt war1).
Auch müssen wir dem Verfasser dankbar sein
für die Heranziehung des sonst nicht zugänglichen
reichen Materials, das noch in den Magazinen des
Museo Nazionale verborgen ist, und für die genauen

Angaben aus den Inventarien, nicht minder auch
für die p. 21—24 in der Anmerkung gegebene ge-
naue Bestimmung der Gewichtsstücke aus Bosco-
reale.
Jedenfalls ist hier mit einer den heutigen An-
forderungen entsprechenden Verwertung des, wie
jeder Fachmann weiß, ebenso reichen wie bisher
meist ungenügend veröffentlichten, geschweige denn
ausgenutzten Materials im Neapler Museum ein viel-
versprechender Anfang gemacht.
Nach dem Gesagten muß ich es um so mehr be-
dauern, daß ich gerade in den Punkten, in denen
sich della Cortes Aufsatz mit dem meinigen berührt,
mich seiner Auffassung nicht anschließen kann.
Hauptsächlich betrifft dies die Funktion, welche er
dem von mir auf Grund der oben Sp. IO ff. behandelten
Reliefs als „Eührungs-Rahmen“ bestimmten Gegen-
stand zugewiesen hat, und —· teilweise im Zusammen-
hänge damit — seine theoretische und praktische
Stellungnahme zur Frage des „Züngleins“.
In ersterer Beziehung erfahren wir aus seinem
Aufsatz p. 12, daß also bei jener oben (Sp. 8) er-
wähnten, im übrigen so sorgfältig und methodisch
vorgenommenen Rekonstruktion jener pompejanischen
Schalenwage „aus ästhetischen Gründen“ der ge-
schweifte, in abgestumpfte Speichen endigende Bronze-
rahmen als „acroierio“ oben auf die (frei erfundene)
Standsäule der Wage gesetzt wurde. Über ästhetische
Gründe und Ansichten läßt sich allerdings nicht gut
streiten: —- ich habe sie oben Sp. 9, wenn auch nur
nebenbei, für die gegenteilige Auffassung heran-
gezogen.
Lehrreich aber ist es, auch hier wieder zu sehen,
wie viel oft von der Beachtung einer anscheinend
geringfügigen sachlichen Einzelheit abbängt: Wenn
man sowohl bei der Rekonstruktion des Exemplars
von Boscoreale als auch bei dem auf della Cortes
Abbildung des Wagenschrankes im Neapler Museum,

J) Die Begründung dieser Vermutung ist über-
zeugend und erhält noch eine weitere Stütze in der
von mir an dem einem Relief von Capua gemachten
oben Sp. 34 Anm. 22 erwähnten Beobachtung. Meine
ursprüngliche, vor dem Relief selbst notierte Auf-
fassung, daß jene Hand (s. o. Fig. 5) „einen ring-
förmigen Gegenstand auf den Haken am Ende des

Wagebalkens aufzuhängen im Begriffe sei“, wird
also gegenüber den anderen zwei in der Anmerkung
22 erwähnten Möglichkeiten den Vorzug verdienen.
Diese Beobachtung und della Cortes Vermutung über
die Bedeutung jener oft vorkommenden, aber bisher
unerklärt gebliebenen dreifachen Haken stützen sich
also gegenseitig.
 
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