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E. Maass, Der Zauberkreis
Deutung spricht, auch wenn wir eine Phase dieser
Arbeit vorläufig nicht recht zu erklären wissen.
Die verschiedenen Details, Amboß, Wage, Arbeits-
tisch usw. sind uns aus antiken Darstellungen, be-
sonders aus pompejanischen Wandbildern, hinlänglich
bekannt. Auch ist die Komposition mit den unlängst
an der Via dell’ Abbondanza entdeckten Handwerker-
darstellungen9), wo die Arbeiter in Gruppen verteilt
die verschiedenen Phasen ihres Handwerkes verrich-
ten, während seitwärts ein Handel abgeschlossen
wird, eng verwandt und nur durch die Raumbedin-
gungen der dreieckigen Komposition etwas ab-
weichend.
Budapest. MARGARETE LÄNG
Der Zauberkreis.
Lukians ,Philopseudes‘ erzählt von einem baby-
lonischen Magier: ες τον αγρόν (der voll von Schlangen
war) έλθ-ών εωθ-εν, έπειπών ιερατικά τινα εκ βίβλου
παλαιας ονόματα επτά, θ-εείωι καί δαιοί καθ-αγνίσας,
τόν τόπον περιελθών ές τρις, έξήλασεν όσα ήν ερπετά
εντός των όρων. Die heilige Handlung spielt sich in
der Morgenfrühe ab. Sie besteht I. in dem Ablesen
von sieben magischen Namen — Geisternamen —
aus einem Zauberbuche, 2. in einer Reinigung der
Örtlichkeit vermittelst Schwefel und Feuer, 3. in
einem dreimaligen Umkreisen derselben. Dieselbe
Dreiteiligkeit der Zauberhandlung beschreibt Ovid
im VII. Buche der ,Metamorphosen'; nur vollzieht
sich hier alles nachts beim Mondenschein. Auch
hier werden von Medea Geister bei Namen gerufen:
verba simul fudit terrenaque ntunina civit V 248:
auch Hades und Persephone werden angerufen. Dann
umschreitet Medea die beiden von ihr im Freien
aufgestellten Altäre, macht in Wirklichkeit also einen
Kreis, einen Zauberkreis: flagrantes Circuit aras 258.
Und drittens reinigt sie den Gegenstand der ganzen
Handlung (es ist Äson, der verjüngt werden soll)
dreimal mit Feuer, dreimal mit Wasser, dreimal mit
Schwefel. Ich verweise auf meine Schrift ,Goethes
Medea' (Marburg 1913) S. IO ff. Es ist auch in der
Zeremonie des Babyloniers bei Lukian der uns aus
dem deutschen und romanischen Aberglauben so
wohl vertraute Zauberkreis. Medea war im Mittelalter
und später im deutschen Hexenwesen eine nicht un-
bekannte Gestalt. Einmal ist sie damals auch in die
Brockennacht gelangt, wie später — durch Goethe —
die eleusinische Baubo. Nicht daß Medea dort Ein-
gang fand, sondern wie sie dort gedacht wurde, ist
überraschend. Den hier (Fig. 26) abgebildeten Stich
aus des alten Remigius ,Idololatria' (zweite Auflage,
26: Stich aus Remigius „Idololatria“.
Hamburg 1699) linde ich nirgends beachtet; auch
der Herausgeber der zweiten Auflage (in der ersten
9) Vgl. Notizie degli Scavi, 1912. Darstellung einer Walkerei.
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E. Maass, Der Zauberkreis
Deutung spricht, auch wenn wir eine Phase dieser
Arbeit vorläufig nicht recht zu erklären wissen.
Die verschiedenen Details, Amboß, Wage, Arbeits-
tisch usw. sind uns aus antiken Darstellungen, be-
sonders aus pompejanischen Wandbildern, hinlänglich
bekannt. Auch ist die Komposition mit den unlängst
an der Via dell’ Abbondanza entdeckten Handwerker-
darstellungen9), wo die Arbeiter in Gruppen verteilt
die verschiedenen Phasen ihres Handwerkes verrich-
ten, während seitwärts ein Handel abgeschlossen
wird, eng verwandt und nur durch die Raumbedin-
gungen der dreieckigen Komposition etwas ab-
weichend.
Budapest. MARGARETE LÄNG
Der Zauberkreis.
Lukians ,Philopseudes‘ erzählt von einem baby-
lonischen Magier: ες τον αγρόν (der voll von Schlangen
war) έλθ-ών εωθ-εν, έπειπών ιερατικά τινα εκ βίβλου
παλαιας ονόματα επτά, θ-εείωι καί δαιοί καθ-αγνίσας,
τόν τόπον περιελθών ές τρις, έξήλασεν όσα ήν ερπετά
εντός των όρων. Die heilige Handlung spielt sich in
der Morgenfrühe ab. Sie besteht I. in dem Ablesen
von sieben magischen Namen — Geisternamen —
aus einem Zauberbuche, 2. in einer Reinigung der
Örtlichkeit vermittelst Schwefel und Feuer, 3. in
einem dreimaligen Umkreisen derselben. Dieselbe
Dreiteiligkeit der Zauberhandlung beschreibt Ovid
im VII. Buche der ,Metamorphosen'; nur vollzieht
sich hier alles nachts beim Mondenschein. Auch
hier werden von Medea Geister bei Namen gerufen:
verba simul fudit terrenaque ntunina civit V 248:
auch Hades und Persephone werden angerufen. Dann
umschreitet Medea die beiden von ihr im Freien
aufgestellten Altäre, macht in Wirklichkeit also einen
Kreis, einen Zauberkreis: flagrantes Circuit aras 258.
Und drittens reinigt sie den Gegenstand der ganzen
Handlung (es ist Äson, der verjüngt werden soll)
dreimal mit Feuer, dreimal mit Wasser, dreimal mit
Schwefel. Ich verweise auf meine Schrift ,Goethes
Medea' (Marburg 1913) S. IO ff. Es ist auch in der
Zeremonie des Babyloniers bei Lukian der uns aus
dem deutschen und romanischen Aberglauben so
wohl vertraute Zauberkreis. Medea war im Mittelalter
und später im deutschen Hexenwesen eine nicht un-
bekannte Gestalt. Einmal ist sie damals auch in die
Brockennacht gelangt, wie später — durch Goethe —
die eleusinische Baubo. Nicht daß Medea dort Ein-
gang fand, sondern wie sie dort gedacht wurde, ist
überraschend. Den hier (Fig. 26) abgebildeten Stich
aus des alten Remigius ,Idololatria' (zweite Auflage,
26: Stich aus Remigius „Idololatria“.
Hamburg 1699) linde ich nirgends beachtet; auch
der Herausgeber der zweiten Auflage (in der ersten
9) Vgl. Notizie degli Scavi, 1912. Darstellung einer Walkerei.
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