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Österreichisches Archäologisches Institut [Editor]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 16.1913

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Stratimirović, Djordje von: Bemerkungen zu G. Niemanns Rekonstruktion des Diokletianspalastes in Spalato
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https://doi.org/10.11588/diglit.45419#0370

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Georg von Stratimirovic

172

I7I
Fenster des Mausoleums, durch welches das Licht
eindringt, verschwände, dann würde darin fast voll-
kommene Finsternis herrschen. Ebenso unbegründet
ist es, besagtes Fenster für einen Bogen anzusehen,
der den Türsturz des Mausoleumportales entlasten
sollte. Dieser Türsturz ist ein wagrechtes Gewölbe,
das aus sieben großen, gezähnten Steinen zusammen-
gesetzt und so solid gebaut ist, daß es sicherlich
keiner Entlastung bedarf. Der ganze Bau des Mauso-
leums ist fest und widerstandsfähig und würde noch
beliebige Türen vertragen haben, wenn der römische
Baumeister sie zu machen für gut befunden hätte.
Vor allem aber vernachlässigte Niemann die
Tatsache, daß sein Tonnengewölbe konstruktiv un-
möglich ist2). Das Gewölbe kann nicht frei auf
dem Gebälke aufruhen, denn es müßte mangels eines
kräftigen Widerlagers sofort einstürzen. Ein Tonnen-
gewölbe erheischt starke seitliche Mauern, wie es
jene beim kleinen Tempel (Baptisterium,) sind.
Auch das Gewölbe des kleinen Tempels ist
kein eigentliches Tonnengewölbe, sondern aus meh-
reren breiten Gurtbögen zusammengesetzt.
Die vermeintliche Analogie zwischen dem Vestibül-
tor und dem Portale des Mausoleums besteht nicht
zu Recht, denn die Mauer, in die das Tor des
Vestibüls eingeschnitten ist, ist aus Bruchsteinen er-
richtet, also aus minderwertigem Materiale, weshalb
es vielleicht nötig scheinen konnte, den Türsturz
durch einen Entlastungsbogen zu sichern, — doch
ist dies selbst hier nicht geschehen. Vielmehr ist
der hier vorhandene Bogen nichts anderes als die
Überwölbung einer Maueröffnung und der Türsturz
ist einfach in die fertige Öffnung eingefügt worden;
wäre er ein Entlastungsbogen, so müßte er kon-
struktiv mit dem Türsturz verbunden sein. Niemann
bestätigt übrigens selbst, daß der Türsturz nur ein-
gesetzt ist, indem er S. 56 wörtlich sagt: „Der ganze
Türrahmen ist völlig freistehend in eine überwölbte
Öffnung von ÄVeite und 5’5Om Höhe einge¬
baut und füllt diese Breite vollständig aus.“
Die Mauern des Mausoleums dagegen sind aus
mächtigen parallelepipedischen Quadern aufgeführt,
— hier war also keinerlei Bedürfnis nach besonderen
Ä^orsichtsmaßregeln. Zudem befindet sich beim Portal
des Mausoleums der Fensterbogen nicht unmittelbar
über dem Türsturz, sondern es ist zwischen diesem
und dem halbkreisförmigen Fenster noch ein hohes
2) Dem Horizontalschub wäre daher in keiner
Weise begegnet; ein Gewölbe von der Art, wie er

Stück Mauer (ß’fio “) vorhanden, das mit seiner
Masse den Türsturz erdrücken müßte, wenn dessen
wagrechtes Gewölbe nicht so stark wäre, daß es auch
ohne Entlastung alles, was darüber ruht, zu tragen
vermag.
Ebensowenig können wir uns mit Niemanns
Meinung einverstanden erklären, daß einige vorge-
fundene Kassettenfragmente den Beweis für das Vor-
handensein eines Tonnengewölbes liefern und dem
mittleren Teile der Prostasis entsprechen. Daß diese
Stücke, deren Fundort keinen bindenden Schluß zu-
läßt, nicht zur Decke der Prostasis gehören, glaube
ich im folgenden beweisen zu können. Mit dem
Tonnengewölbe mußte Niemann auch einen halb-
kreisförmigen Ausschnitt am Frontispiz annehmen.
Es gab aber weder ein Tonnengewölbe noch einen
solchen halbkreisförmigen Ausschnitt im Frontispiz.
Wir wissen nämlich zuverlässig, wie die Decke des
mittleren Teiles der Prostasis aussah. Bei der Re-
staurierung des Portals des Mausoleums bestanden
noch Reste dieser Decke. Das Portal wurde im
Jahrs 1889 restauriert und wir berichteten über
diese Arbeit im Bullettino dalmato XII 1889 p. 59 f·
und sagten folgendes: „Gleichzeitig wurden auch
die Teile über der Bekrönung ausgebessert. Dort
befindet sich das abgebrochene Gebälke der ehe-
maligen Vorhalle. Von den drei Gliedern desselben
waren ziemlich gut erhalten: Der Architrav und der
Fries, während das Kranzgesims, das ein Stück mit
der Decke der Vorhalle bildete, ganz zerstört war.“
Wie aber dieses Kranzgesims, das mit der Decke
ein Stück bildete, aussah, ist aus unserer Zeichnung
zur Rekonstruktion der Prostasis, die sich im Supple-
ment zum Bullettino Nr. 5 des Jahres 1889 befindet,
zu entnehmen (Fig. 52)· Es war daran erkennbar,
daß die horizontale Decke abgebrochen war (man
sah noch ausgezackte Bruchflächen), und daß dieses
Kranzgesims eigentlich ein Rest der Decke, d. i.
der kassettierten Steinplatte, gewesen. Diese Platten
lagen auf dem Friese auf.
Dadurch fällt auch die Annahme eines halb-
kreisförmigen Ausschnittes im Frontispiz, weil dieser
durch die Decke „geschnitten“ worden und die Decke
selbst von außen sichtbar gewesen wäre. Wie sah
aber dann das Dach der Prostasis aus?
Diese Frage ist ziemlich leicht zu lösen, wenn
man jene Teile des Bauwerkes ins Auge faßt,
es uns im Querschnitte zeigt, ist statisch unmöglich.
Es müßten eiserne Schließen durchgezogen werden!
 
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