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Petersen, Eugen; Niemann, George [Hrsg.]
Ara Pacis Augustae: [Textband] — Wien, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.9308#0014

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sind uns die Dichter des Augusteischen Kreises und vor allen der Freund des
Augustus und Maecenas, Horatius, der in seinen Fiedern dieselbe Richtung ein-
hält wie die auf Rückkehr zu maßvoller Ruhe und Harmonie bedachte gleich-
zeitige Kunst. Die Meisterwerke der großen griechischen Dichter und Bildner
sind ihnen die Muster, deren abgeklärte Formensprache die Augusteische Kunst
wiederzugewinnen, die Horazische Dichtung der eigenen Zunge zu erringen bemüht
ist, um die entlehnte Form dann mit neuem, römischem Inhalt zu erfüllen.

Die Errichtung der Ära Pacis Augustae hat Horaz noch um ein Jahr über-
lebt, und es ist undenkbar, dass er das Denkmal nicht mit Augen geschaut haben
sollte, welches eben denselben Ideen geweiht ist, die er, der national-römische
Fyriker, der Romanae fidicen lyrae, dem heranwachsenden neuen und besseren
Geschlecht lauter und lauter zu verkünden nicht müde ward. Aus seinen Fiedern
vernehmen wir den allmählichen Umschwung der Stimmung. Zuerst die Entrüstung
über den Verfall von Zucht und Sitte, die Klage über Frevel gegen die Götter,
über Abkehr von der alten Frömmigkeit und Vernachlässigung der Heiligthümer;
dann das Bewusstsein der Nothwendigkeit einer Sühne, einer Umkehr, wie sie
der Dichter an sich selber erfahren und bekannt hat. Gesetze könnten nicht
helfen, wenn nicht die Sitten sich besserten: zurückkehren müsse man zur alten
Einfachheit, der Mutter aller Tüchtigkeit und Tapferkeit, zur Keuschheit und
Frömmigkeit der Vorfahren. Augustus, der auf Erden waltet wie Juppiter im
Himmel, ist von den Göttern gesandt, ja selbst Gott, Mensch geworden, um
Abhilfe zu schaffen: von ihm muss das Heil kommen. Eine geschlossene Reihe
von Fiedern dieses Inhaltes eröffnet das dritte Buch von Horazens Oden.1) Aus
ihnen ertönt die „eine Forderung: es muss nothwendig eine sittliche Besserung
in der Rückkehr zu der Väter Sitte eintreten, soll anders die Römerwelt bestehen",
aber auch die „eine Hoffnung: es wird wieder besser werden, da jetzt ein
neues Geschlecht unter des göttlichen Augustus Schirm heranwächst". Doch in
drohender Mahnung klingt noch das letzte dieser Fieder aus: Nichts was nicht
die schadenreiche Zeit verdirbt; geringer als die Vorfahren war der Väter Ge-
schlecht, und schlechter als diese sind wir, von jenen erzeugt, und wir werden
bald eine Nachkommenschaft hervorbringen, die noch verderbter ist.

Viel hoffnungsreicher, ja zukunftsgewiss lautet dagegen das Fied, welches
Horaz für den Chor der Knaben und Mädchen dichtete, zur Jahrhundertfeier des
Jahres 17 v. Chr., einer von Augustus selbst unter theologischem Beirath ange-

*) So A. Kiessling, Q. Horatius Flaccus Oden Studien, S. 194 die Römeroden, und besonders
und Epoden S. 182. Vgl. H. Th. Plüss, Horaz- S. 199, das zweite Lied.
 
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