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Petersen, Eugen; Niemann, George [Hrsg.]
Ara Pacis Augustae: [Textband] — Wien, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.9308#0167

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Koldewey und Puchstein, obwohl aus tektonischen Gründen als Hochreliefs an
schließenden Wänden ausgemeißelt, doch treffend folgendermaßen verstanden:
„Unten hohe Schranken zwischen den Säulen, darüber eine ideale Öffnung und
innerhalb derselben — einer der wirkungsvollsten Gedanken der antiken Baukunst —
die 38 Riesen von 7-5om Höhe aufrecht stehend und das Gebälk stützend." Schein-
öffnungen mit Dreifüßen in Relief statt wirklicher Dreifüße in wirklichen
Offnungen sieht man über den sehr hohen Schranken zwischen den Säulen des
Lysikratesdenkmales,1) ein deutliches Vorspiel der drei Jahrhunderte späteren
Scheinwirkungen campanisch-römischer Wanddecorationen.

6. Ergebnis für den Fries der Ära Pacis.

Aber, wird man fragen, ist ernstlich daran zu denken, dass der Fries der
Ära Pacis nicht als verzierter Wandschluss, sondern als ein mit Kränzen oder
Figuren theilweise ausgefüllter Rahmen verstanden werden sollte ?

Erinnern wir uns zunächst, dass die Idee einer festen Einhegung des Heilig-
thums im unteren Theile der Marmorwand derb und klar ausgesprochen worden
ist durch ein Ornament, das im italischen Süden (Selinus) wie im Norden (Etrurien)
schon im sechsten Jahrhundert in Gebrauch war. An der Außenseite ist dieser
Zaun zwar von anmuthigen, blütenreichen Ranken überwachsen und verdeckt,
doch ohne dass die Idee des Geheges dadurch aufgehoben oder auch nur ge-
schädigt würde.2) Der obere Abschluss durch das Mäanderband ist dann draußen
kräftiger als drinnen betont, Gleichheit aber auf beiden Seiten hergestellt.

Darüber sind innen Fruchtguirlanden in plastischer Körperlichkeit ange-
bracht, gleichsam eine Versteinerung und Verewigung der vergänglichen Kränze,
welche das Heiligthum an Festtagen schmückten. Aber keineswegs, wie man
glauben möchte, als an der Mauer entlang aufgehängt! Gerade in Augusteischer
Zeit und vielleicht früher schon wollte man derartige Zierden gleichsam im
offenen Räume schwebend verstanden wissen und bemühte sich durch sinnige
Einfälle diesen Schein zu erwecken und zu steigern. Am Grabmal der Julier von
S. Remy werden sie von fliegenden Amoren getragen und sind nur mit den

1) Von Koldewey und Puchstein a. a. O ver-
glichen. Vgl. Springer-Michaelis, Handbuch 6 S. 128.

2) Es ist die Verbindung der zwei ersten Arten
von Zäunen bei Varro R.R. I 14 K. dem naturale . . .
quod opseri solet virgullis aui spinis, der nicht ver-
brennt und der secunda saepes agrcslis e ligno . . .

fit aui palis statutis mit eingeflochtenem Gestrüpp
aut latis perforatis et per ea foramina traiectis
longuris fere binis aut ternis — dies in Fig. 49
zu sehen. Es ist begreiflich; dass man den lebendigen,
nicht verbrennbaren Zaun außen um den andern legte,
wie vielleicht auch Eumaios that £ 10 ff.

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