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Petersen, Eugen; Niemann, George [Hrsg.]
Ara Pacis Augustae: [Textband] — Wien, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.9308#0132

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I 20

Anfang- an ebenda gewesen sein, wo sie jetzt vom Ergänzer angebracht ist. Die
Säule, die jetzt als Ecksäule in stärkerem Relief dasteht, ist freilich ganz modern,
ebenso wie der Sockel unter und die Giebelecke über ihr. Aber am Dache lässt
sich die Ecke nachweisen. Das Dach springt nämlich, soweit antik, je weiter
rechts, desto mehr aus dem Reliefgrund heraus, nicht in einer Geraden, sondern
in einer Curve. Wie am Matertempel, macht die Quaderwand diese Heraus-
bewegung nicht mit. Ebensowenig der First, und hier ist dies perspectivische
Kunststück noch augenfälliger. Der Vorsprung des Gebälkes vor der überall
in derselben Ebene liegenden Quaderwand beträgt an der Grenze des Antiken
o;nm, und das Gesims springt noch erheblich weiter vor. Es liegt auf der
Hand, dass dies nicht constante, sondern progressive Vortreten ungefähr über
der gegenwärtigen Säule sein Ende haben musste, weil 0T5"1 ungefähr das Maxi-
mum der Relieferhebung ist, und dass es unmöglich bis zum Ende der Quader-
wand so weitergehen konnte. Ein anderer Beweis, dass die moderne Säule
wirklich die vom Künstler gedachte Ecke bezeichnet, liegt in der Vertheilung
der senkrechten Fugen der Quaderwand. Diese theilen nämlich rechts von der
Säule die ungeraden Schichten (1, 3, 5, 7 u. s. w.), links die geraden (2, 4, 6, 8
u. s. w.), wogegen die geraden rechts und die ungeraden links ungetheilt sind.
Dies kann nur eine bewusste oder unbewusste Wiedergabe wechselnder Ein-
bindung zweier an einer Ecke zusammenstoßenden Wände sein. Endlich war ein
leises Vortreten beider Flächen gegen die Säule am Original dem Auge sichtbar,
der tastenden Hand fühlbar.

Die Ecke steht also fest. An der Ecke kann aber eine Säule nicht gestanden
haben, sondern auch nur, wie weiterhin an der Wand, ein Pilaster, und völlig
gewiss ist ferner nach allem Gesagten, dass dieser Eckpilaster nicht, wie man
es in andern BeispielenJ) sieht, eine Säule vor sich stehen hatte. Leider liei3
sich die Stucksäule nicht entfernen; aber an drei verschiedenen Stellen konnte
durch Spiegelung und Tastung mit einem feinen Messer festgestellt werden, dass
die moderne Säule einen flach eingeschnittenen Canal deckt, der zwar innen hell
weiß erscheint, aber als moderne Arbeit ohnegleichen unter den übrigen Ver-
unstaltungen des Ergänzers dastehen würde. Man wird also, bis einmal diese
Reliefs von ihren unwürdigen Ergänzungen befreit sein werden, annehmen

!) Man vergleiche z. B. das Hadrianische Relief
mit dem Venus-Romatempel, Röm.Mitth. 1895 Taf. V
oder Petersen, Vom alten Rom2 Fig. 41, wo sowohl
der Eckpilaster als auch die Ecksäule davor wieder-

gegeben ist; oder auf dem M. Aurelischen Relief,
Bartoli, Admiranda 17 und 29, Vom alten Rom
Fig. 12, wo der Pilaster allerdings nicht so deutlich
ist wie am Original.
 
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