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Petersen, Eugen; Niemann, George [Editor]
Ara Pacis Augustae: [Textband] — Wien, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.9308#0202

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beliebt. Der Kopf aber schien, wo er größer als an der Ära Pacis und genauer in
den Formen kenntlich war, griechischen Stil des fünften Jahrhunderts zu tragen,
und zwei Marmorköpfe schienen Copien nach dem griechischen Original zu sein.
Wie löst sich der Widerspruch?

Es wurde gesagt, dass der Relief köpf (Taf. VIII) sein Besonderes hat, wie das
unbedeckte Ohr, und dass die beiden Rundköpfe gleichfalls voneinander abweichen,
namentlich am capitolinischen der Helmschmuck reicher ist. Gerade die beiden
Rundköpfe tragen nun aber, viel mehr als der Reliefkopf auf Taf. VIII, die deut-
lichen Zeichen stilwählerischer Arbeit an sich, durch die sie nicht als Copien
nach einem griechischen Originale aus der Zeit des Pheidias, sondern als
umbildende Werke eines Augusteischen oder neuattischen Künstlers
sich verrathen. Das Auge und seine Umgebung, der Mund und drittens das Stirn-
und Schläfenhaar sind es vornehmlich, in denen sich eine freiere, zum Theil
ziemlich weit von Pheidias abliegende Behandlung kundgibt. Das Jochbein, in
archaischen Werken stark vortretend, ist hier kaum angegeben; dadurch erscheint
die Wange so kraftlos, und die Augenhöhle wird auch dadurch offener. Das Auge
selbst ist stark eingetieft, namentlich der innere Winkel, in einem bedeutenden
Abstand vom Nasenansatz sowohl in der Tiefen- wie in der Seitenrichtung, der
Bulbus stark gewölbt, weit offen. Die Lider erscheinen dürftig, der Brauen-
bogen ist kaum zu spüren auf der gerundeten Form. Die Lippen sind ungemein
voll und schwellend und dabei der Mund so weit geöffnet, dass beide Zahnreihen
in geringer Trennung voneinander sichtbar werden.1) Je mehr nun Mund und
Auge, derart geöffnet, der Ausdruck seelischer Erregung zu sein pflegen, desto
mehr muss an diesem Kopfe die Leere und eine gewisse Schlaffheit des Gesichtes
enttäuschen. Die Bartlocken endlich liegen in drei Reihen ziemlich gleichmäßig
gerollt übereinander; das Stirn- und Schläfenhaar zeigt dagegen eine völlig freie
und ganz entgegengesetzte Bewegung: frei ausgezogene, fast schlichte Haarsträhne
legen sich, wie vom Winde zurückgeweht, an den Helmrand. Selbst im vierten
Jahrhundert wüsste ich eine solche Behandlung kaum zu belegen.

Also nicht schlechtweg als Copien griechischer Originale haben wir die beiden
Köpfe des Mars und die Statuen des Gottes in der Cella und dem Giebel seines
Tempels anzusehen, sowenig wie die mit ihm verbundene Venus. Gewiss hatten
die Künstler, welche diese Werke schufen, an den griechischen Meisterwerken
früherer Jahrhunderte ihre Studien gemacht und wählten aus ihnen die Vorbilder,

x) Die Zähne zeigt der Zeus der Selinuntischen dies der Charakteristik. Neuattisch ist meines Er-
Herametope, wie Benndorf bemerkt; aber da dient achtens der Aeskulapkopf Rom. Mitth. 1901 Taf. XIV.
 
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