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Pfälzer Bote für Stadt und Land (29) — 1894

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Nr. 231 - Nr. 240 (11. Oktober - 21. Oktober)
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jcheint täglid mit Ansnahme der Sonn- u. Zeiertage
tei3 bierteljährlich DE 1.20 ohne Trägerlohn u. Bol-
aifchlag. DBeltelungen bei den Bojtanitalien u. bet der
2 (Srpebdition Zwingeriraße 7. . .
Nedakteur: Yol. Cremertus, Ganptiir. 121 Heidelber



. | für glalt








Anzeige-Blatt für die Amtabezirle Heidelberg,
Cbherhach, Sinsheim, Chhingen, Weinheim, Schweginz
gen, Wiesloch, Bruchjal, Bretten, Mosbach, Buchen,

Tauberbiichofsheim, Walldürnze.. —.

Druck u — Ceor Muber, Heidelb., Zwingerſtr

.
*




















zuͤri





Die Schattenſeiten des kathol.
7 in Belgien.

Die Sonne des Glückes, das eigentlich von ver

Atnißmäßzig nur Wenigen erhofft war. umſtrahlte mit














































n {o mancher Beziehung interejffantes Nachbarländchen
elgien, weldem man ohne Zweifel eine gewiffe

ekaͤnnten Baden nicht abſprechen kann. Das Hangen
ind Baͤngen, in welchem nicht nır Belgien, jondern
aft die ganze politiſche Welt ſeit vielen Wochen ge«
Owebt hat, ijt nach der einen Seite hin einer wohl
erklaͤrlichen Freude, nach der andern Seite hin einem
raͤulichen Katzenjammer gewichen. Es war ein
vlitiſches Keffeltreiben, bei welchem trotz der der-
veifeliien Auſtrengungen der Bedrohten, um, dem
Unheil zu entgehen, die freimůureriſchen Liberalen in
angen Keihen zu Boden geſtreckt und ihrer beſten
ührer beraubt worden ſind.

ralen und Freikonſervativen, ſie ſind ebenjo wie

iner wirklichen Befferung ihrer Lage. Und gerade die
Arbeiterfrage, die ſoziale Bewegung, fteht jebt in
Öelgien mehr als in irgend einem andern Staate im
dergrunde des Hffenilihen Lebens, ſo daß ſich die

Aber auch die belgiſchen Katholiken hahen eine
jame Lehve empfangen, der gegenüber ſie wohl
Or enipfindungSlo3 bleiben merden. Es gibt näm-
lich auch dort eine Partei unter den Katholiken, welche
die Koͤchwendigkeit durchgreifender ſozialer Reformen
der noch nicht eingeſchen hat, und gexade dadurch

ialdeinokraͤtiſchen Arbeilerpartei gewählt worden
d oder noch werden — 2 bis 3 Dutzend während
Einige der katholiſchen Miniſter, darunter ſogar ihr
Thef arge Schlappen erlitten. Man kann ſelbſtredend
leinem Wenſchen Ueberzeugungen einimpfen, und guten

n auch die betreffenden Miniſter gezeigt, aber etwas
geheuderes Studium der Verhäitniſſe und mehr
vorurtheilsfreies Urtheil würde die unterlegenen Mi-
ter zu andern Anſchauungen gebracht und ihren
infall verhütet haben. Es ift aber nach einec
nficht gut, daß ſie ſich entſchloſſen haben, oder es
c thum werden, vorläufig ihre Miniſterthätigkeit

—, @acdruk verbotem
Das Wrack des Piraten.

Erzählung von Friedr. Gerſtäcker.

— „Sch weiß nicht, Sennor,“ ſaate der alte Seemannun
a%st;gr[egen‚ al8 er das Mädchen raſch mit den beige-
ten Slaidhenhäljen anfommen jah — „das iſt ßet%enfltgb——
„Sie dürfen mir die Freiheit nicht übel nehmen,
ballero3,“ unterbradh ihn aber bittend der Iremde. „Sie
wie e& {jDHeint, „Wafjferratten“, und nicht an
ige Ceremonien gewöhnt; erlauben Sie alſo auc ein-
Mal einer „Landratte“, {ih die wenigen Tage, die ſie auf
Wrem GHeimijdhen SElement weilen darf, wohl zwiſchen
nen zu fühlen. Um Ihnen übrigenz zu erklären, weldhes
tevefje ich an dem Reconocido nehme, und welchẽ Urfache
dazır hHabe, vrauche ich Ihnen nur zu jagen, Ddaß i
en durch dieſen GSeeräuber meın gauzes Bermögen ein-
ißte, und eS IGßt jich Denken, daB eS mi Ari
Nugthuung jein muß, das Nähere iber den endlichen
Oluß jeiner verbrecheriſchen Saufbahn zu hoͤren.
arequita, das ſind die rechten Flaſchen — alte liebe Be-
nte au3 jhöneren, befferen Zeiten — ia es ilt ein hHerr-
jeS Qand, die Champagne, . ein wirkliches val paraiso
aradiejesthal) — und nun Caballero3 — auf ein fröh-
e3 Leben und einen raſcheu Tod! |

Die Gläſer waren gefüllt — der Mann hatte etwas
Neberredendes, Lebendiges in ſeinen ganzen Wejen,
* die beiden alten Seeleute ſchamten ihm die Bitte
* Olagen. Nur der junge Engländer entſchuldiat; fih
; jeinem immer nod) leidenden Zujtande, leinen Wein
Or trinfen zu dürfen, und die drei Männer eerten,
— erniten als froͤhlichen Trinkſpruch zu, die langen
ſche
Der junge Mann hatte fich aber nicmt allein ſeines
wohlfein3 wegen von der Geſellſchaft zurüdgezogen, an
* Gejpräch er jedoch noͤch daun und wann Eheil nahn.
Oitdern er wuͤnſchte hHauptfächlıdh PManuela’3 Segenwart
Br zu genießen. Dann gefiel ihm aber au — er wußte






















einzuſtellen, um auf ſolche Weiſe die Erforderniſſe un-
ſerer Zeit und die Eigenart der Arbeiierverhaͤltniſſe
gründlicher ſtudiren zu können. *

Selbſtredend ſind alle katholikenfeindlichen Blätter,
die natiouallib. gewöhnlichſter Sorte ſowohl, als auch
die freiſinnig⸗demokratiſchen voll Aerger und Bedauern
über die Erfolge der Katholiken.
farbloſe Blaͤtter, die ſich ſonſt über den inhaltloſeſten
Klaiſch, falls er nur etwas pikante Eigenſchaſt zeigt,
„Brivattelegramme“ zu Reklamezwecken ſchicken laſſen
oder ſolche ſelbſt fabriziren, brachten in den letzten
Tagen, als der den Katholiken gün ſt i ge Ausfall
immer mehr hervortrat, ſo viel als nichts mehr über
die Ergebniſſe oder die Einzelheiten der Wahlen. Und
im Gruͤnde genommen, kann von einem Erfolge der
Katholiken noch gar keine Rede ſein, viel eher von
einem Mißerfolge, denn was den Katholiken von

halten. Man bedenke nur, Belgien iſt von Haus aus
ein ganz katholiſches Land und zählt bei mehr als
jechs Millionen nur etwa 15,000 Proteſtanten und
3000 Juden. Es ſind aber bis jeßt nur 77 Katho-

liſten gewählt, 56 Stichwahlen find dagegen noch
auszufechten. Iſt das im Grunde genommen ein
\ „Erfolg“ ? Nur in ſofern kann man Davon ſpre-
chen und zufrieden ſein, als es noch viel ſchlimmer
hätte kommen können.
gien ja ſchon wiederholt von der liberalen Partei
ſo ſanft und erfolgreich regiert worden, daß das ganze
Land noch jetzt darunter zu leiden hat, ſowohl in mate-
rieller Hinſicht als in Bezug auf die Schädigung von
Religion, Geſittung und der übrigen idealen Cüter.

Die RKathHoliken ſind ja belanntlich von Natur
zu ganz enormen Dankharkeitsgefühlen veranlagt und
pflegen ſich, falls Zuchtmeiſter Staat ſeine Nilpferde
Peitſche auf ihren ſo oft geſchundenen und blutigen
Kücken mal nicht mehr herniederſauſen läßt, noch gar
fein und mit ſonnigem Lächeln zu bedanken. Sie
freuen ſich kindlich, daß die Marter mal etwas auf-
hört oder nachläßt, eine ſpezifiſch katholiſche Eigen-
ſchaft, deren ſich ſonſt keine politiſche Partei rühmen
kann. Man beirachte nur, wie die Herren Liberalen,
falls ſie Freund Staat nur etwas auf die Hühner-
augen trilt, ihrem gütigen Pflegvater ſofort die An-
kündigung einer „Reviſion ihrer monarchiſchen
Ueberzeugung ins Geſicht ſpeien, ſo daß er ſich vor
Scham ſchüttelt und ſeinen lieben Kindern gleich wieder
die Pfötchen leckt. Derartige „Artigkeiten“ erlauben
ſich freilich die Katholiken nicht gegenüber der ſtaat-

hatte etwas in ſeinem Weſen das ihn abitieß, wenn er ſich
auch die Urfache nidt oleich erflären fonnte. ;

— „®ut, wenn Sie denn Intexeſſe an dem VBiraten]ohiff
nehmen, ſo fann ich Ihnen mit jehr kurzen Vorten die
ganze Geſchichte erzählen,“ nahm endlih der alte Capitän
das Gejpräch wieder auf. „Das Schiff laa hier natürlich,
mwährend die Nachlaſſenſchaft ſeines vorigen Eigenthümers
in den Händen der Geſeße verumgearbeitet wurde, iahre-
lang in der Bai/ ohne daß ſich Semand beſonders darum
befümmert Hätte — e3 gebörte gewiſſermaßen Niemanden,
und ſo am es auch, Ddaß e3 einmal bei einem ſchweren
Norder — unjere Geißel hier überhaupt in der Bati —
wie ſchon erwähnt, auf die Klippen trieh und dermaßen
Beic?„äbigt wurde, um nur je an eine Ausbeſſeruns denken
zu fönnen.“

„Das iſt ſchade, fagte der Fremde, „eS ſoll ein gusge-
zeichiietes Seeboot aͤeweſen fein, und am Golf von Merico
wußten ſie nicht genug von ſeiner Schnelle und Furchtbar-
keit zu erzählen.”

Ja dazu mag ihn auch vohl Don Pablo gekauft
hahben aber wie Fihſii der Lorder vereiteſte . das, und
jeßt würde eine volljtändige KReparatur wahl eben ſo viel
fojten als ein nenes Fahrzeug Als die Sachen deshalb,
Lach endlicher Regulirung der Geſchafte, zur Auction
famen, wollte im Anfang gar Niemand guf das Schiff
bieten, und ich kaufte das Wrack endlich billig genug, um
noch daraus zu benußen, was ſich eben benutzen läßt und
{jo meinen Preis wieder herauszuſchlagen. Die Maſten.
die noch volfommen gut waren, habe ich ich deshalb ſchon
ausheben laffen und will ſie in mein eigenes Jahrzeug
nehmen, ebenjo werde kih Ddie innere Einridhtung Dder
Kajüte, die auf das geſchniackvollſte hergeſtellt ift, für mich
Jelber benußen, und mit Zakelwerk und Ketten, was ſchon
meilt an Land lieat, hoffe ich doch meine Auslagen und
Mrbeit bei dem Kauf bezahlt zu bekommen.”

„S3 würde mir ungemeines VBergnügen machen,”
Jagte hierder zremde als der Andere geendet hHatet, „wenn
ich das berüchtigte Fahrzeug, ehe e& ganz auseinander ge-
nommen wäre, einmal beſuchen fönnte ich war ſo nahe
daran, als Gefangener an Bord deſſelben geſchleppt zu















lichen Hoheit und deshalb iſt die ganze katholiſche
Welt erfreut darüber, daß die belgiſchen Katholiken
nicht wieder in den Schraubſtock der liberalen Scher= -
gen geſpannt worden ſind. * *
Daß manche Leute, allen voran die Frank-
furter Zeitung, die Wahl von etwa? Dutzend
ſie gewiſſermaßen
als eine Blamoge des ganzen Katholizismus „brand-
marken“, iſt an ſich zwaͤr traurig, — wir ſind jedoch
an derartige boshafte Scherze längſt gewöhnt. Die
Auslaſſungen dieſes atheiſtiſch⸗demokraͤtiſchen Blattes,
welches ſeine öfteren Anwandlungen von Gerechtigkeit
gegenüber deu Katholiken in der Hitze des Kampfes
gegen alles Chriſtliche zuweilen gar leicht verliert, ſind
für die Verbreiter der unchriſtlichen Weltauſchauung
höchſt genußreich. Man höre einmal die Beweis
führung der Frankf. Ztg. im 1. Blatte der Mittwochs⸗-
Nummer: —
— „Welche Antwort aber ſoll die klerikale Majorität
geben, da ſie in allen dieſen praktijchen Fragen, die Ü
auf Arbeiterſchutz Lebenzmittelzölle, Steuerrefornt, Yrıvie
Tegien der oberen Klaffen ujm. beziehen, durchaus getheilter

ihren Sieg nicht gar zu laut zu feiern und in ihren Zeit«
reden recht ernite Beirachtungen anzufjtellen. Bielleicht ge-
denken ſie dabei auch des Umitandes, daß Katholizismus
und Klerikalismus ſich gar nicht als Bollwert gegen Ddas
Eindringen des Sozialismus erwieſen hHaben. Die Kirhe
iſt nirgendS 10 fret wie in Belgien, und Belgien iſt ein
‚ganz katholiſches Land, und doch ziehen in daͤs erfte Var-
lawent des allgemeinen StimmrechtS, von den Maſſen ge-
wählt, mindeſtens zwei Dugend Sozialiften ein.
Redenzart vom fatholijch-FKerikalen Bollwerk gegen den
Sozialismus iſt aljo gründlich zu Schanden geworden ein


gien3 gebührende Notiz zu nehmen hat.“

Ja, Notiz muß auch die Preſſe aller Länder und
Parteien von dieſer Thatſache nehmen, aber — wie
der Eifer blind macht, ſo daß einer über ſeine eigenen


Zeitung nicht ein, daß ſie ſich durch ſolche Bes
weisführung höchſtſelbſteigen ein Bein ſtellt. Die


Thatſache, daß kaum in einem Lande ſo viele Frei-
maurer,
ſeit Jahrzehnten ihre Lehren ausgeſtreut und
Einfluß immer wehr ausgebreitet haben, wie in
maureriſches Miniſterium aus den Wahlen hervorgehen

konnte. Hat die Frankfurter Zeitung damals ſolche
Ergebniſſe ebenfalls den Katholiken an die Rockſchöße
gehäugt, wie jetzt die Sozialiſten? Hat











werden, daß ich die Planken jeßt gern einmalmit größerer
Sichexheit betreten möchte, die mir damals Vielleicht
zum Schaffot gedient hätten — wäre das wohl möglich?”


Luſt haben fönnen Sie morgen früh mit mir an Bord
fahren und — warten Sie einmal, ja dann kann ich
Sie, wenn Ihnen das recht ijt, hier bei Sennora Foſtere
Ubr abholen; ich habe doch vorher noch einiges
zu bejorgen.”

‚ „Schön!” rief der Fremde mit einex dankenden Ver-
neigung des Kopfes — „und doppelt Dank, daß Sie mir
ein 10 Ilefier_xäm@irbtgeä_?Re_nbegbvuä geſetzt haben,” fügte er
mit einem ziemlich gravitätijgheniCompliment gegen Sennora
Foſtero bei, während die beiden Mädchen ſchon unter ſich
uͤber den wunderlichen Fremden kicherten.

- „S8 iſt allexdings von einem gewiſſen,
etwas ſchauerlichen Fnterejje,“ warf hier der junge

Mann
ein, „Das Fahrzeug einmal zu beſuchen, an deſſen Deck


erlauben, Capitän, ſo, bin ich mit von der Bartie — ich
hatte es mir überhaupt ſchon lange vorgenommen, zu den


was er haben kann, daͤnach verlangt er nicht, nur was —
ihm unerreichbar iſt, danach ſtreht er und wenn er ſein




chiff kommen koͤnnen, und bin nicht gegangen,

Nacht und

zu koͤnnen, und waz hätte ich
ben, mif dem Säbel
—— — —2— ——

Das wäre doch vielleicht ein etwas theures Bergnügen
gewejen,“ warf der Fremde dier ein „Wie mir erzZäHLt
ijt, ließ dieſer berüchtiate Freibenter wohl ſehr piele
ſchen von ſeinem Deck binuͤnter ſhrinaen, aber ich weiß von
keinem, der hinauf geſprungen wäre und nachher davon
erzählen konnte den letzten Fall ausgenommen, wo er
durch einen unglücklichen Schuß — Ddas heibt für ihn un-



















 
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