Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land (29) — 1894

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44153#1203

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


U

Ericheint täg 1i mit Uusnahme der Sonu- u. Feiertage
® g%}iä bierteljährlic Mk 1.20 vhne Krägerlohn u. Bolt-
aufiOlag. DBeitelungen bei den Boflanitalten u. bei der
Expedition ZwingeriraBe 7.
Kedakteur: Iof. Cremerins, Hauptlir. 121, Geidelberg.





— 2


für Stadf







Ymtabezirke Heidelberg,


gen, Wiesloch, Bruchjal, Bretten, Mosbacdh, Buchen,
Zauberbiidhofsheim, Waldürn zc.

Oruc u Werlag Gebr, Auber, ‚Geidelb., Zwingerfir.

2 — “ — —















.2

Seidelberg, Eonntag, Dezember 1604



| 29. Sabte.





* Die Verſchwendungaſucht in der
Frauenmelt,

Fortſetzung.

Der Luxus unſerer heutigen Frauenwelt äußext
ſich naturgemäß zunächſt in der Sucht, durch reiche
Ind hervorſtechende Kleidung zu glänzen und dein
Vechfel der launenhaften Mode ſflaviſch zu Lhorchen.
Wir ſind weit entfernt davon, den guten Geſchtlaͤck
für die Frauen zu verbieten oder zu verdammen. Unfer
Tadel richtet ſich nur gegen die Ausſchreitung und
webertreibung, vur welche felbft das Schöne
verunftaltet, das Erlaubie verdammenswerth wird.
Wir predigen keineswegs unvernüuftige Enthaltſam-

der Mode und ihren Erforderniffen zu ehen ſo argen
Wſonderlichkeiten und Albernheiten führt, als ein blindes
Befolgen derſelben. Eine Frau kaͤnn durch gänzliche
Nichtheachtung der herrſchenhen Formen und Farben
eben {o abgeſchmackt und auffallend erſcheinen, als
tine Wodeheldin in ihrer übertriebenen Sucht, ſtels
des Modernſte zu traͤgen; ſie fann unter Umſtänden
für eine geſchmaͤckloſe Toiletie eben ſo viel Geld ver-
geuden, als für ein franzöſiſches Modell. Der rich-
tige Mittelweg mit weiſer Zuratheziehung der vor-
handenen Geldmittel kann auch hier als das allein
Fichtige empfohlen werden. Wenn wir auf unfer

Beſtändigléit ihrer Moden auffallen, während
das jetzige Zeitalter ſich durch ein ununterbrochenes
Sajfden nah Beränderun g auszeichnet.
denm brientaliſchen Voͤlkeru zeigt ſich überhaupt w enig
er gar téeine Veränberung der Traͤchten in je
finem Zahrhundert; bei den früheren Curopäern



mal in einem Jahrhundert jetzt bleibt irgend
ün Stil oder Genre kaum vier bis fünf Jahre, zu-
beilen nur 1—2 Zahre, an der Tagesordnung und gilt
ann bereits als alt oder unkleidſam ÄAllerdings
waren auch die früheren Materialien auf längeres
ragen und Dauern herechnet, mehr und mehr waren
lbäter die koſtbaren Seiden⸗ Sammet- und Wollgewebe,
elche die Toiletten unſerer Nelternmütter ausmachten,
lon den Märkten verſchwunden, und erft die Indultrie
der leßten Sahre hat Stoffe gejhaffen, welche den
tüheren in Hediegenheit und Faͤrbenſchöne nahe
Immen, Freilich ſind dieſe neueſten Produkte der
Sammet= und Seidenwirkerei aud) ſehr theuer und
@ großem Verbrauch ganz dazu eingerichtet, große
— aufzuzehren. Es väre alſö wenigſteus zu
























wünſchen, daß der Verſchwendung durch Feſthalten
eines beſtimmten Schniti⸗Genres ein Damm vorge-
ſchoben würde.

Ahgelehen von den Ausgaben⸗Nachtheilen,
dem Befigihum durch dieſen Hang zum Luxus
der Frauen bereitet werden,

welche
ſeitens
leiden auch die Familien
und heſonders die Ehen unter der Putzfucht des
weiblichen Heſchlechts, Wie unzählige Damen in
; guten Berhältniffen gibt e8, die abfolut fein anderes
Intereſſe haben, al® ſich ſtets nach dem neueſten

Stile zu kleiden und die über diefe nieendende Sorge
ihren Gatten und ſelbſt ihre Minder vernachläſſigen!
Die Befriedigung ihrer Eitelleit, die Bewunderung
der Menge find ihnen Gauptziel:; ob ihr beſſeres Ich
db ihr edler Beruf dabei gefördert wird oder untergeht,
das Alles ſteigt nur manchmal mwie ein Traum vor
ihrem geiſtigen Auge auf. Andere entſagen für ſich
zum großen Theil dem überftüffigen und koſtſpieligen
Luxus der Neuzeit und vereinigen ihren ganzen Ehr-
; geig darin, ihren Kindern alles uur erdenkliche auf-
und anzuhängen und dafür Die
; britntgen. Wüßten die Verblendeten, nach wie bielen
Richtungen hin ſie damit
müther wirfen, ſie würdeu wahrhaftig
flächliches hohles Treiben
daß der beſte Sa
zu finden iſt!
Ein weſentlich ernſtlicheres Uebel wird es, wenn
ſich die Ausſchweifungoͤfuͤcht der Frauen auch auf ihre
Eiprichtungen, auf, die Führung ihres Haushaltes,
auf den Ton und aͤußeren Anſtrich der Geſellſchaften
erftreden, welche ſie bei ſich empfangen. Bor allen
Dingen kann das Gebot

ſolch' ober-
aufgeben und daran denken,

gerufen werden; denn ohne eine hetraͤchlliche Portion
von Selbſtüberwindung und Geiftesftärke mag es ja
gerade dem weiblichen Geſchlecht ſchier werben, den
Vergleich mit Höherſteheuden und Wohlhabenderen zu
ertragen und in ſich zu verarbeiten, ohne von dem
Gelüſte berührt zu werden, möglichſt daſſelbe zu be-
ſiben, was allen jenen Bevorzugten, mit denen ſie in
Berührung kommen, zu Theil wurde, Die anſchei-
nend fabelhafte Billigkeit vieler Artifel tritt als ver»
führende Schlauge mit hinzu und ſo ſehen wir denn
haufig aus urſprünglich foliden, einfachen Wirth-
ſchaften ein Stück naͤch dem andern von dem alten,
guten Beſtand verſchwinden und durch neue, leichte,
ins Auge fallende Waare erſetzt werden, deren Dauer
aber nur kurz und die eigentlich als zehrendes Capi-

tal zu betrachten iſt, da ſie fortdauertd Reparaturen














achdruck verboten)

elene.








0ß Derfelbe
Nar Helene
%® deun Gr
NOt fr im
en Gerın

ene von
üffe und d

















































biefer Gebanfe, diefer Glaube ...— Doch ein anderer
; Gebanfe drängte fich unfreundlich vor feine Seele; Ddurfte
er um fie werben? — mußte er nicht befürchten, daß H{ie
— Zages erfahren werde, wie er — Dalberg — der
SveunDd des Feindes ihrer Familie fet und von dieſem in
eigentliO uniauterer Abficht nach Schloß Wittenhoff ges
ihidt worden mar ? —

Lein e& ging nicht an und er
war eS nicht zu {pät, fie mußte dahin fommen, iOn zu
bergeffen, und dDas — wmürde fie auch ühex Kurz oder
Sang Iın — dieſer Entichluß feltigte H mehr und
mehr in ihm. ?

Sraf Dalbera befand ſich auf dem Wene nach
dem Schluffe, um {id Ddort entailtig zu verabichieden
alS ihm im AWalde Fränlein Andenarz begeagnete, Sie
Ja etmwas erregt aus; vei feinem Anblick Lächelte e

boShaft.

„Jta, mein {Omachtender Herr Ritter,“ rief ſie dem
Srafen ichen von Weitem zu, „wagen fie e3 noch immer
nicht, der Dame ihres HerzenzZ und Ihrer Wahl ü zu
Difenbaren? — Ich hHätte wirklich geglaubt, daß Sraf Dal-
berg ein weit {türmijcherer, Kiynerer Eroberer fein wuͤrde,
unDd mir will jeßt fajt Icheinen, als hHaben Sie die Keftung
na {o langer, Iruchtlojer Belagerung aufgegeben ; man
ipricht davon, daß Sie abreifen wollen . ° . — 3Wohl
wieder zur Iuftigen, eleganten HKeftdenz zurüd? — Nun,
bielleicht treffen wir un dori wieder, Herr Braf, dennich
kehre guch dahin zurüc.“ .

H;.éie verlaffen Schloß Wittenhoff?“ fragte erſtaunt
alberg.
„ 30 mag mi nicht Länger von dem ſtolzen Schloß-
jräunlein in nafjewetjer Manier über die Achiel anſehen
laffen,“ ertotderte die Scweizerin, „Ih hahe ſoeben dem
Heren Baron erflärt, daß ih die mir von jeiner Tochter
zufheil werdende Behandlung nicht länger ertragen mag,
denn Fraͤulein Helene erflärte ebenfalls, wenigjtens dem
Sinne ihrer Worte nach, daß ihr meine Eelellichaft uner-
fräglich jei. Darum gehe ich nad) der Rejidenz und zu
meinen Freunden zurüc,“

mußte fort, noch




und Erneuerungen fordert. Aehnliches gilt ın Bezug
auf die Geſelligkeit, deren Pflege und Aufrechterhal-
tung NRiemand arundſätzlich lebhaͤfter unterſtützen und
empfehlen kann als wir felber. MAber Ddie M u8=
ſchreitungen auch auf diefem Gebiete ſind es
nur, vor denen wir im allgemeiuen, aber vorzugsweiſe
die Z rauen warnen, denn in ihren Händen liegt
ja meiſt die Ausführung aller Einzelheiten und die
Leituag der beſonderen Anordnungen.

Beſonders heute, wo allgemein von ſchlechten Zei-
ten, von Nothſtänden und Bedrängniß {o viel ges
ſchrieben und geſprochen wird, fönnte vier erſpart u.
für beſſere Zwecke ausgegeben merden. €& iſt ja ein
oͤner Anbli, wenn bel dem reichen Bankier die
Mitte einer Tafel mit großen Koͤrben feurig glüh-
ender Roſeu, mit Schalen der köſtlichſten reifen Erb-
beeren und Kirſchen beſetzt iſt; aber die Roſen ſind
gewellt, noch ehe die Beſucher das gaſtliche Haus
verlaſſen haben, und nach den vorher genoſfenen
reichlichen und ſehr feinen 10 bis 12 Gängen kom-
men die theuren, aus dem Süden verſchriebenen
Früchte nicht mehr zur Seltung Der Beirag für

Blumen und Früchte würde eine arme Familie einen
ganzen Monat und darüber von aͤller Noth u. Sorge
hefveit haben. Es iſt alſo, wie man auß den letzten
Worten erſieht, nicht die Nusgabe, die wir tadeln,
es iſt nur die unbedachte Art des Verſchleuderus, die
wir abgeändert ſehen imöchten, beſonders wenn ſie da
. auftritt, wo die Mittel der Familien zur Eintheilung
und Sparſamkeit zwingen und wo durch das Ueber-
ſchreiten der durch die Vernunft gezogenen Grenzen
die größten Nebeljtände heraufbeſchnoren
Wwerden, —

Es gehört in der That ein bedeutender M uth
Dazıt, wenn ein Mann ohne geradezu bedeutendes
Einkommen und Vermoͤgen heut? heirathen ſoll.
Die für ganz nothwendig gehaltenen Bedürfniſſe der
Jetztzeit nehmen immerhin ſchon eine bedeutende
Summe in Auſpruch und wenn nun ja der Unglück-
liche auch noch den Fehlgriff begeht, eine Frau mit
einem „kleinen“ eigenen Bermögen zu wählen,
welche? aber vor der Verlobung ſehr in di? Wagſchale
fällt, ſo iſt er von vornherein einem Leben voll Sor-
ge und Unruhe, Angſt und Verlegenheiten geweiht.
Aus der win z i gen Zinfenfumme, Ddie der Frau
aus ihrem Eingebrachten zuſteht, erwachſen rieſen-
große Unfpriü de, und nicht ſelten verwünſchen die
Ehemänner den Tag, an dem ſie ein ſogenanntes
wohlhahendes Madchen Heiratheten. Die einfache u.
natürliche Folae ſolcher Beiſpiele iſt es, daß die

— — — — —0

— — —
.. „Dah! fächerlih! — Haben Sie denn überhaupt an
eine „Meillion” meinerfeıt3 geglaubt? GSie beftand, wenn
Sie e& denn wifjen wollen, einzig in der Pflege und
erniten Erziehung des franten, zarten Rindes und ettwa
gelegentlich in der Repräfentation des Haufes, ich war eine
AUrt dame d’honneur für des Freiherın Tochter Nun, der
Knabe iſt geitorben, das Fräulein kanı mi nidt aus-
iehen, was f{oll i noch Dhier? — Herr von Wittenhoff
bebarf meiner nicht — bdie Viebe feiner Tochter ift ihni

genug.

‚Sie hatte erregt geſprochen, ſich aber, wenn guch ver-
geblich, den Schein zu geben berjucht, als rede fie Leicht-
hin, als ſei IOr die Söjung ihres bisherigen Verhältniffes
auf dem Schloffe in diefer Weife erwünfcht.

„Sraf Dalberg bemerkte das und juchte vergebens zu
erforjchen, welch tieferer Sinn ſich hinter den Worten der
Schweizerin verbergen möge. Es frappirte ihn, daß ſie
fort vollte, und doch wußte ſie e {0 ganzinatiärlich darzu-
Hellen. — Er nahm ſich vor, in der Reſidenz nach ihr und
nad) ihrer VBergangenheit zu forjdhen — vielleicht führe
dorf irgendD ein glüclidher Zufall ihn au} die Spur und
ex fonnte erfahren, was eigentlig Fräulein Andenars nach
Schloß Witfenhoff geführt Hatte, *

„Silen Sie in’8 Schloß zu fommen, Herr Graf!“ rief
fe, RO leicht verbeugend und ihren Weg fortjebend. „Sie
werden jehnjüchtig erwartet !“

Bald war fie ſeinen Augen entſchwunden. Nachdenklich
j ritt Graf Dalberg weiter in den Bark hinein, bis er
ſich na einer Wanderung von kaum zehn Minuten den
beiden jungen Mädcoden — Helene und Marie — plötzlich
— fand. Marie Hatle ihn bemerkt, Helene zedoch,
ſirnend und den Kopf zur Erde fenkend, nicht; fie ging
langjam, ohne aufzubliden, gerade auf Dalbera zu und
bemerkte e& nicht, daß ihre Freundin gefliffentlich zurüc-
geblieben war, indem jie fich an einem Strauch zu {chaffen
madhte. So am e3, daß GHelene vor dem Örafen {tand,
ohne von feiner Gegentwart eine Ahnung gehabt zu haben :



















„Und — Shre Miffion?“



 
Annotationen