Erſcheint täglich mit Ausnahme der Sonn- u. Feiertage.
ſcblee vierteljährl. Mk. 1.20 ohne Trägerlohn u. Poſtauf-
- wingerſtraße 7.
Anzeige⸗ Blatt für die Amtsbezirke Heidelberg,
Eberbach, Sinsbeim, Eppingen, Weinheim, Schwetzin-
gen, Wiesloch, Bruchſal, Bretten, Mosbach, Buchen,
Adelsheim, Walldürn ꝛec. ,
Druck von Gebr. Huber, Heidelberg, Zwingerſtr. 7
e
Ar W
Kornhäuſer und Landwirthſchaft.
Der durch Veröffentlichungen über wirtſchaftliche
hauſes angehört, hat eine neue Schrift über den
von ihm ſchon mehrfach vertretenen Vorſch lag der
Errichtung von Kornhäuſern erſcheinen laſſen,
der er den bezeichnenden Titel gibt: „Kornhaus con-
tra Kanitz“. Herr v. Graß, der die Lage der Land-
kennt ſich doch als Gegner
Antrages. Er ſchreibt:
n „Es muß zugegeben werden, daß die Forder-
ungen, die in dem Kreiſe agrarer Parteibildung heute
laut werden, nicht allein weit über das Ziel des
Möglichen und Gewährbaren hinausgehen,
daß dieſe Forderungen auch an ſich diejenigen Wand-
ie erreicht werden ſollen.“ Er ſetzt dann eingehend
zu welchem die meiſten Landwirthe in den Herbſt-
und eine abſolute Abhängigkeit von der Körſenpreis-
bildung bewirkt. Dieſe Abhängigkeit will er be-
ſeitigen. „Hier“, ſo ſchreibt er, „vermögen nur die
Lan dwirthe ſelbſt einen Wandel zu ſchaffen.
Es gibt für ſie gar keine andere Rettung, als den
Kampf mit dem Fernangebot aufzunehmen. Daß
dieſer Kampf nicht an den Weltbörſen ſelbſt zum Aus-
trage kommen darf, iſt ſelbſtoerſtändlich, aber im Ge-
biete der nachbarlichen Verſorgung ſind wir dem
Großkapital überlegen.
unſere Konſumenten zu denjenigen Preiſen verſorgen,
für die der Weltmarkt ſie verſorgen kann. Wir ver-
wirken, als die großen Bör ſen plätze, weil wir
unſere Kornbeſtände zur Hand haben und
jene ſie erſt zu uns einführen müſſen!“
Folgende Grundzüge einer Kornhaus⸗Ord-
nung werden in der Brochüre aufgeſtellt: .
1. Die Landwirthe eines größeren Produktions-
gebietes treten zu gemeinſamer Verwerthung ihres
Brodkorns (die Frage, ob auch andere Getreidearten
Aufnahme finden ſollen, bleibt offen) zuſammen. 2.
Die Kornbeſtände müſſen einerſeits in gemeinſame
Lagerhäuſer, im Produktionsgebiet ſo nahe als an-
gänglich, am Produktionsort niedergelegt ſein und
dieſelben müſſen dem allgemeinen Verkehr ſo zugäng-
2560 Ver Sonderling.
} Roman von Philipp Laicus.
5 „O Du Spitzbube!“ bemerkte Lebrecht lachend. „Da-
rum hat er mich alſo ſo hinten herum ausgeholt; warte,
warte, das ſollſt Du mir büßen!“
„Ach, Onkel, was ſoll ich machen?“ brach Dora aus,
ihre Arme heftig un Lebrecht's Hals ſchlingend. „Ich will
dieſen Gläſer nicht, und kann doch auch nicht den Vater
zu Grunde gehen laſſen.“ ı 7
„Drücke mich nicht todt, kleiner Tiger!“ ſagte Lebrecht
ſchmunzelnd, „ſondern gehe da den Abhang hinunter an
das Bächlein und waſche Dir die Thränen aus dem Ge-
ſichte. Vergiß nicht, daß der alte Gott noch lebt, und die
nicht verläßt, die auf ihn trauen, und thuen, was er will.
ann wirſt Du finden, daß die Suppen lange nicht ſo
heiß gegeſſen werden, als man ſie anrichtet.“ ;
„Onkel, Du machſt mir Hoffnung,“ ſagte Dora, ihn
mit ihren thränenden Augen zweifelnd anblickend, „kann
ich mich auf Dich verlaſſen !?? }
: „Verlaſſe Dich auf Gott, mein Kind, das iſt beſſer, als
auf mich. Jetzt geh und trockne Deine Thränen.“ ;
„Aber der Vater?“ ; - . .
; „Dem ſage, Du wollteſt dieſen Gläſer nicht, und ich
hätte Dich darin beſtärkt, ihn ja nicht aus irgend welchen
Rückſichten zu nehmen. ;
„Wenn er aber zankt ?” 5 ;
„Das iſt ſein Recht, mein Herzblättchen, denn er iſt
Dein Vater; wenn er zankt, läßt Du Dich zanken, bleibſt
aber immer dabei, daß Du ihn nicht willſt, und daß es
eine ſchändliche Lüge wäre, wenn Du ſagen würdeſt, Du
wollteſt ihn.“ ;
„Oukel, das gibt ſchreckliche Stürme !” .
„Waſche Dir die Thränen vom Geſicht und denke ein-
mal, wie ſchrecklich es erſt wäre, wenn Du den alten Wu-
cherer heirathen müßteſt!“ 1 8
Ach, Du meinſt gar den Alten? Nein,
Sohn ſoll ich heirathen.“ N
„Seinen Sohn?“ bemerkte Lebrecht nachſinnend. „Ach
Ia, ich erinnere mich, er hat einen Sohn, ein langer, hohl-
(Nachdruck verboten.
Onkel, ſeinen
gebotenen Kornmengen in Wettbewerb zu treten. 4.
Die in den Kornhäuſern liegenden Vorräthe müſſen
zu allen Zeiten dem Lokalkonſum zur Benutzung, d. h.
geſagt, für einen um weniges geringeren Preis, offen
ſtehen, als derjenige iſt, für den ſich dieſer Konſument
Es iſt unerläßlich, daß die Abwickelung der Verkaufs-
geſchäfte am Schluſſe eines jeden Erntejahres vorge-
die Lagerſtände geräumt werden.
ſelbſtverſtändlich, daß das ſtrenge Feſthalten an der
zu einem Theile auch das Geldbedürfen der kornein-
legenden Landwirthe befriedigen wird, zum anderen
durch die Vereinigung der ländlichen Verkäufer ſich
Landwirthe werden nicht mehr unter dem Drucke
der Ausſicht verkaufen, daß ihr Korn einen Abzug
für die Ueberführung in die Handelsplätze zu erleiden
2. Die in dieſen Gebieten verzehrenden Kouſumen-
ten werden die Vorſtellung gewinnen, daß ſie für
3. Der Aufnahmehandel wird ſich nicht mehr
in der Zwangslage befinden, ſich für ſeine im Korn-
geſchäft liegenden Riſiko's an den Weltmarktbörſen zu
verſichern, denn die Landwirthe verſichern dieſes Riſiko
nunmehr koſtenlos ſelbſt, da ſie ſich an dem mittleren
Jahrespreiſe des Erntejahres genüge ſein laſſen wollen.
Das Börſengeſchäft wird ſeine preisbildende
ſouverän ausüben wie vordem. 4. Der Preis an
den großen Börſenplätzen wird ſich nicht mehr unter
der Ausſicht bilden, daß unſer Inlandskorn den Um-
äugiger Bunſche mit aſchlondem Haar und einem furcht-
baren Halſe. Der muß jetzt in den Zwanzigern ſein und
„Ach dafür kann er nichts. Nun ich ihn nicht nehmen
ſoll, will ich ja recht gern zugeſtehen, daß er ein ganz gu-
„Nun, was haſt Du denn da eigentlich gegen ihn?“
„Er iſt lein Mann!“
„Du willſt einen Mann?“ fragte Lebrecht erſtaunt.
„Donnerwetter, Deine Wünſche ſind nicht beſcheiden. Einen
Mann? Weißt Du auch, daß unter tauſend Bärtigen kaum
ſage mir es, mein Kind, damit ich die ſeltene Bekannt-
bemerkte Dora raſch.
„Oh, es gibt deren doch noch!“
einen?“ fragte er. 9 A
Dora errzthete tief bei dieſer Frage und kam in ſicht-
liche Verlegenheit, wie ſie dieſeibe beantworten ſolle. Da
erinnerte ſie ſich gerade noch zur rechten Zeit, daß ihr
Onkel ihr gerathen, die Thränen vom Geſicht zu waſchen,
und leichtfüßig wie ein Reh ſprang ſie den Abhang hin-
Unter, legte ihren Hut ab und ſchöpfte in den hohlen Hän-
den Waſſer, mit dem ſie die Thränenſpuren entfernte.
„Ja, das iſt ſo ganz wieder meine Dora,“ ſagte der
Onkel, wie er ſie den Hügel hinunterſtürmen ſah, jede
ihrer Bewegungen voll natürlicher Anmuth, „meine Dora,
nur größer und ſchöner „Das gäbe mir ein ſchönes Pagr!
Dieſes liebe Schelmengeſichtchen und der einfältige Sohn
des Wucherers. Nein, dieſe Thränen wiſchſt Du Dir jetzt
beißen! Und das Vergnügen, die ehrlichen Leute an die-
mir der liebe Gott noch obendrein gratis!“ ;
Langſam ſtieg Dora den Hügel wieder herauf. Sie
ſei ihre Hoffnung verfrüht geweſen. Sie war ſehr ernſt.
5 Willſt Du mir wohl eine freundliche Miene machen?“
rief ihr Onkel dem Mädchen entgegen. ;
nahme auch der fernere Konſument die Vorſtellung
gewinnen, daß er die Ueberführung des Korns, das
er es von uns fordert, und ſchließlich 5. das Welt-
marktangebot wird zu ſeiner wirklichen Bedeu-
tung herabgeſetzt werden. } VVV
Bekanntlich hat die Regierung verſprochen, die
Errichtung von Kornhäuſern durch Genoſſen-
ſchaften zu unterſtützen. Herr Miquel hat aus-
drücklich verſichert, daß er dafür Geld habe. 1585
Deutſches Reich. e
; . * Berlin, 26. Auguſt.
— Die Schmähungen, die im „Figaro“ in ſonſt
bekanntem Stile gegen die deutſche Armee und höhere
Offiziere erhoben worden ſind, haben einen beträcht-
lichen Theil der deutſchen Preſſe in Erregung ver-
ſetzt, weil als Urheber ein General Munier zeichnet.
Einige ruhige Blätter weiſen darauf hin, daß Ver-
leumdungen dieſer Art jetzt ſchon fünfundzwanzig
Jahre alt ſind und daß man ſie deshalb mit Veracht-
ung behandeln könne. Das Neue im jetzigen Falle
iſt nur die Unterſchrift des Generals Munier;
es würde ſich darum handeln, ob das eine Perſönlich-
keit iſt, deren Behauptungen mehr Beachtung ver-
dienen als frühere der gleichen Art. Wie die „Na-
tionalztg.“ zuverläſſig erfährt, ſind im Hinblick auf
den Paſſus des Briefes, betreffend die „Die os ⸗
banden, die vom Großen Hauptquartier
ihre Inſtruktionen erhielten“, an zuſtändiger
Stelle Erkundigungen eingezogen worden, ob General
Munier noch activ oder bereits außer Dienſt iſt.
— Als letztes deutſches Kriegsſchiff vor Tanger
(Marokko) hat auch jetzt der Kreuzer „Marie“ den
Befehl zur Heimreiſe erhalten. Prl VV
} - Die gerichtliche Klage des Ceremonienmeiſters
von Kotze wider ſeinen Amtsgenoſſen Freiherrn von
Schrader iſt nunmehr eingereicht worden. Ein Ver-
handlungstermin wurde noch nicht anberaumt. 2
* Worms, 26. Aug. Die nächſtjährige General-
Verſammlung des Verdandes katholiſcher kaufſmänni-
ſcher Vereine findet laut Beſchluß des hier tagenden
Congreſſes in Bonn ſtatt. Die Verbandsleitung
wurde wieder Eſſen übertragen. ! 394
Pfälzer
* Neuſtadt a. H., 26. Aug. Die ;
Nationalliberalen ſcheinen nachgerade doch
ein Haar darin zu finden, lediglich der Gaul zu ſein,
der den Karren des, Bundes der Landwirthe“
vorwärts zieht; ſie haben für die hier bevorſtehende
„Ach Onkel, ich habe doch noch entſetzliche Angſt vor
der Geſchichte. 5 1 ; E
„ Dorchen,“ entgegnete Lebrecht mit komiſchem Ernſte,
„ſiehſt Du, dieſer Stock iſt zu dick für ein ſo zartes Weſen;
wenn Du mir aber nochmals ein Wort von Anaſt ſprichſt,
ſo ſchneide ich mir einen dünneren und prügle Dich durch
bis Du feierlich erklärſt, keine Angſt mehr zu haben, Man
muß den Teufel mit dem Oberſten derſelben austreiben“
„Fa, Onkel Lebrecht, wenn Du mir die, Angſt ausptü-
geln khnnteſt, würde ich ja gern ſtillhalten “! n
„Danke Gott, der mir ein milderes Mittel eingegeben
hat,“ erwiederte Lebrecht lachend. „Komme her, Deinen
Arm, wir wollen nach Hauſe gehen! Kopf in die Höhe
und muthig vorwärts geblickt. Wegen dieſer Heirath,
haſt Du keinen Grund zu Beſorgniſſen irgend welcher Art;
135 5 Nir Dein Onkel Lebrecht geſagt, aber behalte es
ür Dich!“ ; } ;
Die Entſchiedenheit, mit welcher Lebrecht ſprach, war
in der That geeignet, Dora zu beruhigen, und wenn noch
irgend ein Zweifel übrig geblieben wäre, ſo würde der
offene, freundliche Blick, womit Lebrecht ihr in das Auge
ſchaute, denſelben getilgt haben. Sie ſchöpfte tief Athem,
legte ihren Arm in den des Onkels, und ſchlug merkwürdig
erleichtert mit ihm den Weg nach Hauſe ein. 55
Als ſie nach Hauſe kamen, fanden ſie Leopold mit
abgebrochen wurde. 5 1 ‚
„Ich habe Dir eine freudige Mittheilung zu machen,
Lebrecht.“ Mit dieſen Worten empfing Leopold ſeinen
Bruder und machte dazu ein ſo verlegenes Geſicht, als ob
es mit der Freude kein rechter Ernſt ſei. „Herr Gläſer
ich die Ehre dieſer Schwägerſchaft in vollem Maße zu
würdigen weiß, ſo habe ich während Eueres Spazierganges
ihm eine zuſagende Anwort geſchrieben. Dora, Du ;
Dich als die Braut des Herrn Horatius Gläſer betrachten.
umarme mich. F555
(Borkſetzung folgt.)
ſcblee vierteljährl. Mk. 1.20 ohne Trägerlohn u. Poſtauf-
- wingerſtraße 7.
Anzeige⸗ Blatt für die Amtsbezirke Heidelberg,
Eberbach, Sinsbeim, Eppingen, Weinheim, Schwetzin-
gen, Wiesloch, Bruchſal, Bretten, Mosbach, Buchen,
Adelsheim, Walldürn ꝛec. ,
Druck von Gebr. Huber, Heidelberg, Zwingerſtr. 7
e
Ar W
Kornhäuſer und Landwirthſchaft.
Der durch Veröffentlichungen über wirtſchaftliche
hauſes angehört, hat eine neue Schrift über den
von ihm ſchon mehrfach vertretenen Vorſch lag der
Errichtung von Kornhäuſern erſcheinen laſſen,
der er den bezeichnenden Titel gibt: „Kornhaus con-
tra Kanitz“. Herr v. Graß, der die Lage der Land-
kennt ſich doch als Gegner
Antrages. Er ſchreibt:
n „Es muß zugegeben werden, daß die Forder-
ungen, die in dem Kreiſe agrarer Parteibildung heute
laut werden, nicht allein weit über das Ziel des
Möglichen und Gewährbaren hinausgehen,
daß dieſe Forderungen auch an ſich diejenigen Wand-
ie erreicht werden ſollen.“ Er ſetzt dann eingehend
zu welchem die meiſten Landwirthe in den Herbſt-
und eine abſolute Abhängigkeit von der Körſenpreis-
bildung bewirkt. Dieſe Abhängigkeit will er be-
ſeitigen. „Hier“, ſo ſchreibt er, „vermögen nur die
Lan dwirthe ſelbſt einen Wandel zu ſchaffen.
Es gibt für ſie gar keine andere Rettung, als den
Kampf mit dem Fernangebot aufzunehmen. Daß
dieſer Kampf nicht an den Weltbörſen ſelbſt zum Aus-
trage kommen darf, iſt ſelbſtoerſtändlich, aber im Ge-
biete der nachbarlichen Verſorgung ſind wir dem
Großkapital überlegen.
unſere Konſumenten zu denjenigen Preiſen verſorgen,
für die der Weltmarkt ſie verſorgen kann. Wir ver-
wirken, als die großen Bör ſen plätze, weil wir
unſere Kornbeſtände zur Hand haben und
jene ſie erſt zu uns einführen müſſen!“
Folgende Grundzüge einer Kornhaus⸗Ord-
nung werden in der Brochüre aufgeſtellt: .
1. Die Landwirthe eines größeren Produktions-
gebietes treten zu gemeinſamer Verwerthung ihres
Brodkorns (die Frage, ob auch andere Getreidearten
Aufnahme finden ſollen, bleibt offen) zuſammen. 2.
Die Kornbeſtände müſſen einerſeits in gemeinſame
Lagerhäuſer, im Produktionsgebiet ſo nahe als an-
gänglich, am Produktionsort niedergelegt ſein und
dieſelben müſſen dem allgemeinen Verkehr ſo zugäng-
2560 Ver Sonderling.
} Roman von Philipp Laicus.
5 „O Du Spitzbube!“ bemerkte Lebrecht lachend. „Da-
rum hat er mich alſo ſo hinten herum ausgeholt; warte,
warte, das ſollſt Du mir büßen!“
„Ach, Onkel, was ſoll ich machen?“ brach Dora aus,
ihre Arme heftig un Lebrecht's Hals ſchlingend. „Ich will
dieſen Gläſer nicht, und kann doch auch nicht den Vater
zu Grunde gehen laſſen.“ ı 7
„Drücke mich nicht todt, kleiner Tiger!“ ſagte Lebrecht
ſchmunzelnd, „ſondern gehe da den Abhang hinunter an
das Bächlein und waſche Dir die Thränen aus dem Ge-
ſichte. Vergiß nicht, daß der alte Gott noch lebt, und die
nicht verläßt, die auf ihn trauen, und thuen, was er will.
ann wirſt Du finden, daß die Suppen lange nicht ſo
heiß gegeſſen werden, als man ſie anrichtet.“ ;
„Onkel, Du machſt mir Hoffnung,“ ſagte Dora, ihn
mit ihren thränenden Augen zweifelnd anblickend, „kann
ich mich auf Dich verlaſſen !?? }
: „Verlaſſe Dich auf Gott, mein Kind, das iſt beſſer, als
auf mich. Jetzt geh und trockne Deine Thränen.“ ;
„Aber der Vater?“ ; - . .
; „Dem ſage, Du wollteſt dieſen Gläſer nicht, und ich
hätte Dich darin beſtärkt, ihn ja nicht aus irgend welchen
Rückſichten zu nehmen. ;
„Wenn er aber zankt ?” 5 ;
„Das iſt ſein Recht, mein Herzblättchen, denn er iſt
Dein Vater; wenn er zankt, läßt Du Dich zanken, bleibſt
aber immer dabei, daß Du ihn nicht willſt, und daß es
eine ſchändliche Lüge wäre, wenn Du ſagen würdeſt, Du
wollteſt ihn.“ ;
„Oukel, das gibt ſchreckliche Stürme !” .
„Waſche Dir die Thränen vom Geſicht und denke ein-
mal, wie ſchrecklich es erſt wäre, wenn Du den alten Wu-
cherer heirathen müßteſt!“ 1 8
Ach, Du meinſt gar den Alten? Nein,
Sohn ſoll ich heirathen.“ N
„Seinen Sohn?“ bemerkte Lebrecht nachſinnend. „Ach
Ia, ich erinnere mich, er hat einen Sohn, ein langer, hohl-
(Nachdruck verboten.
Onkel, ſeinen
gebotenen Kornmengen in Wettbewerb zu treten. 4.
Die in den Kornhäuſern liegenden Vorräthe müſſen
zu allen Zeiten dem Lokalkonſum zur Benutzung, d. h.
geſagt, für einen um weniges geringeren Preis, offen
ſtehen, als derjenige iſt, für den ſich dieſer Konſument
Es iſt unerläßlich, daß die Abwickelung der Verkaufs-
geſchäfte am Schluſſe eines jeden Erntejahres vorge-
die Lagerſtände geräumt werden.
ſelbſtverſtändlich, daß das ſtrenge Feſthalten an der
zu einem Theile auch das Geldbedürfen der kornein-
legenden Landwirthe befriedigen wird, zum anderen
durch die Vereinigung der ländlichen Verkäufer ſich
Landwirthe werden nicht mehr unter dem Drucke
der Ausſicht verkaufen, daß ihr Korn einen Abzug
für die Ueberführung in die Handelsplätze zu erleiden
2. Die in dieſen Gebieten verzehrenden Kouſumen-
ten werden die Vorſtellung gewinnen, daß ſie für
3. Der Aufnahmehandel wird ſich nicht mehr
in der Zwangslage befinden, ſich für ſeine im Korn-
geſchäft liegenden Riſiko's an den Weltmarktbörſen zu
verſichern, denn die Landwirthe verſichern dieſes Riſiko
nunmehr koſtenlos ſelbſt, da ſie ſich an dem mittleren
Jahrespreiſe des Erntejahres genüge ſein laſſen wollen.
Das Börſengeſchäft wird ſeine preisbildende
ſouverän ausüben wie vordem. 4. Der Preis an
den großen Börſenplätzen wird ſich nicht mehr unter
der Ausſicht bilden, daß unſer Inlandskorn den Um-
äugiger Bunſche mit aſchlondem Haar und einem furcht-
baren Halſe. Der muß jetzt in den Zwanzigern ſein und
„Ach dafür kann er nichts. Nun ich ihn nicht nehmen
ſoll, will ich ja recht gern zugeſtehen, daß er ein ganz gu-
„Nun, was haſt Du denn da eigentlich gegen ihn?“
„Er iſt lein Mann!“
„Du willſt einen Mann?“ fragte Lebrecht erſtaunt.
„Donnerwetter, Deine Wünſche ſind nicht beſcheiden. Einen
Mann? Weißt Du auch, daß unter tauſend Bärtigen kaum
ſage mir es, mein Kind, damit ich die ſeltene Bekannt-
bemerkte Dora raſch.
„Oh, es gibt deren doch noch!“
einen?“ fragte er. 9 A
Dora errzthete tief bei dieſer Frage und kam in ſicht-
liche Verlegenheit, wie ſie dieſeibe beantworten ſolle. Da
erinnerte ſie ſich gerade noch zur rechten Zeit, daß ihr
Onkel ihr gerathen, die Thränen vom Geſicht zu waſchen,
und leichtfüßig wie ein Reh ſprang ſie den Abhang hin-
Unter, legte ihren Hut ab und ſchöpfte in den hohlen Hän-
den Waſſer, mit dem ſie die Thränenſpuren entfernte.
„Ja, das iſt ſo ganz wieder meine Dora,“ ſagte der
Onkel, wie er ſie den Hügel hinunterſtürmen ſah, jede
ihrer Bewegungen voll natürlicher Anmuth, „meine Dora,
nur größer und ſchöner „Das gäbe mir ein ſchönes Pagr!
Dieſes liebe Schelmengeſichtchen und der einfältige Sohn
des Wucherers. Nein, dieſe Thränen wiſchſt Du Dir jetzt
beißen! Und das Vergnügen, die ehrlichen Leute an die-
mir der liebe Gott noch obendrein gratis!“ ;
Langſam ſtieg Dora den Hügel wieder herauf. Sie
ſei ihre Hoffnung verfrüht geweſen. Sie war ſehr ernſt.
5 Willſt Du mir wohl eine freundliche Miene machen?“
rief ihr Onkel dem Mädchen entgegen. ;
nahme auch der fernere Konſument die Vorſtellung
gewinnen, daß er die Ueberführung des Korns, das
er es von uns fordert, und ſchließlich 5. das Welt-
marktangebot wird zu ſeiner wirklichen Bedeu-
tung herabgeſetzt werden. } VVV
Bekanntlich hat die Regierung verſprochen, die
Errichtung von Kornhäuſern durch Genoſſen-
ſchaften zu unterſtützen. Herr Miquel hat aus-
drücklich verſichert, daß er dafür Geld habe. 1585
Deutſches Reich. e
; . * Berlin, 26. Auguſt.
— Die Schmähungen, die im „Figaro“ in ſonſt
bekanntem Stile gegen die deutſche Armee und höhere
Offiziere erhoben worden ſind, haben einen beträcht-
lichen Theil der deutſchen Preſſe in Erregung ver-
ſetzt, weil als Urheber ein General Munier zeichnet.
Einige ruhige Blätter weiſen darauf hin, daß Ver-
leumdungen dieſer Art jetzt ſchon fünfundzwanzig
Jahre alt ſind und daß man ſie deshalb mit Veracht-
ung behandeln könne. Das Neue im jetzigen Falle
iſt nur die Unterſchrift des Generals Munier;
es würde ſich darum handeln, ob das eine Perſönlich-
keit iſt, deren Behauptungen mehr Beachtung ver-
dienen als frühere der gleichen Art. Wie die „Na-
tionalztg.“ zuverläſſig erfährt, ſind im Hinblick auf
den Paſſus des Briefes, betreffend die „Die os ⸗
banden, die vom Großen Hauptquartier
ihre Inſtruktionen erhielten“, an zuſtändiger
Stelle Erkundigungen eingezogen worden, ob General
Munier noch activ oder bereits außer Dienſt iſt.
— Als letztes deutſches Kriegsſchiff vor Tanger
(Marokko) hat auch jetzt der Kreuzer „Marie“ den
Befehl zur Heimreiſe erhalten. Prl VV
} - Die gerichtliche Klage des Ceremonienmeiſters
von Kotze wider ſeinen Amtsgenoſſen Freiherrn von
Schrader iſt nunmehr eingereicht worden. Ein Ver-
handlungstermin wurde noch nicht anberaumt. 2
* Worms, 26. Aug. Die nächſtjährige General-
Verſammlung des Verdandes katholiſcher kaufſmänni-
ſcher Vereine findet laut Beſchluß des hier tagenden
Congreſſes in Bonn ſtatt. Die Verbandsleitung
wurde wieder Eſſen übertragen. ! 394
Pfälzer
* Neuſtadt a. H., 26. Aug. Die ;
Nationalliberalen ſcheinen nachgerade doch
ein Haar darin zu finden, lediglich der Gaul zu ſein,
der den Karren des, Bundes der Landwirthe“
vorwärts zieht; ſie haben für die hier bevorſtehende
„Ach Onkel, ich habe doch noch entſetzliche Angſt vor
der Geſchichte. 5 1 ; E
„ Dorchen,“ entgegnete Lebrecht mit komiſchem Ernſte,
„ſiehſt Du, dieſer Stock iſt zu dick für ein ſo zartes Weſen;
wenn Du mir aber nochmals ein Wort von Anaſt ſprichſt,
ſo ſchneide ich mir einen dünneren und prügle Dich durch
bis Du feierlich erklärſt, keine Angſt mehr zu haben, Man
muß den Teufel mit dem Oberſten derſelben austreiben“
„Fa, Onkel Lebrecht, wenn Du mir die, Angſt ausptü-
geln khnnteſt, würde ich ja gern ſtillhalten “! n
„Danke Gott, der mir ein milderes Mittel eingegeben
hat,“ erwiederte Lebrecht lachend. „Komme her, Deinen
Arm, wir wollen nach Hauſe gehen! Kopf in die Höhe
und muthig vorwärts geblickt. Wegen dieſer Heirath,
haſt Du keinen Grund zu Beſorgniſſen irgend welcher Art;
135 5 Nir Dein Onkel Lebrecht geſagt, aber behalte es
ür Dich!“ ; } ;
Die Entſchiedenheit, mit welcher Lebrecht ſprach, war
in der That geeignet, Dora zu beruhigen, und wenn noch
irgend ein Zweifel übrig geblieben wäre, ſo würde der
offene, freundliche Blick, womit Lebrecht ihr in das Auge
ſchaute, denſelben getilgt haben. Sie ſchöpfte tief Athem,
legte ihren Arm in den des Onkels, und ſchlug merkwürdig
erleichtert mit ihm den Weg nach Hauſe ein. 55
Als ſie nach Hauſe kamen, fanden ſie Leopold mit
abgebrochen wurde. 5 1 ‚
„Ich habe Dir eine freudige Mittheilung zu machen,
Lebrecht.“ Mit dieſen Worten empfing Leopold ſeinen
Bruder und machte dazu ein ſo verlegenes Geſicht, als ob
es mit der Freude kein rechter Ernſt ſei. „Herr Gläſer
ich die Ehre dieſer Schwägerſchaft in vollem Maße zu
würdigen weiß, ſo habe ich während Eueres Spazierganges
ihm eine zuſagende Anwort geſchrieben. Dora, Du ;
Dich als die Braut des Herrn Horatius Gläſer betrachten.
umarme mich. F555
(Borkſetzung folgt.)