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Pfälzer Bote für Stadt und Land (30) — 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.44154#0825
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%”W}eint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ U. Feiertage.


nzeige⸗ Blatt für die Amtsbezirke Heidelberg,

reis vierteljährl. Mk. 1.20 ohne Trägerlohn u. Poſtauf⸗ d eim, Schwetzin-
| Men 110 den f u. e —— gen, e e Walle e Buchen,
i v , Cremerins, Heidelberg. zchen ; S e „Walldürn c. ;
5 Swinger 7 ’ g. mit d. Unterhaltungsblatt, als wöchentl. Gratis beilage Druck von Gebr. Huber, Heidelberg, Zwingerſtr. 7.
C ;

3

Heidelberg, Montag, den 9. September 1890.

30. Jihtl.

Sr. Rönigl. Hoheit dem Großherzog
7 Triedrich zum Geburtstage.

| ü Zu dem kaum verrauſchten und verklungenen Jubel
y er die vor 25 Jahren heißerkämpften Erfolge der
heulſchen Waffen tritt für die badischen Landeskinder
Fete ein neuer Anlaß zur Freude und zu frohem
iſtesjubel. Gilt es doch heute den Geburtstag des
Arrſchers auf dem Throne Badens zu feiern, der
on ſeit vier Jahrzehnten über die Geſchicke ſeiner
einde linder mit väterlicher Sorgfalt wacht und ihnen
ane Liebe angedeihen läßt, wo er kann. Es iſt
beute aber noch ein beſonders bedeutungsvoller Tag,
lun Gr oßherzog Friedrich tritt heute gerade
fit ſein 70. Lebensjahr ein, er ſchaut heute zurück auf
laben Jahrzehnte der Geſundheit und Kraft, — eine
Sue Zeit, die zu durchleben nur den allerwenigſten
terblichen vergönnt iſt.
8 Es iſt ein wahrhaft rührendes Bild, wenn in der
. e ſich alle Mitglieder, klein und groß, um das
baz derſelben ſchaaren, um ihm bei feierlichen An-
uſſen ihre Glückwünſche darzubringen. Dann wird
hing zu welchem die Herzen mit Verehrung und Liebe
zmaufſchauen, das Beſte dargebracht, was der Meuſch
ſind haupt zu geben vermag, — nicht Geld und Gut
ind es, ſondern Liebe und Treue, die ſchönſten Eigen-
Hafer, deren ein menſchliches Herz ſich erfreut. Die
Siebe der Landeskinder zu ihrem Fürſten, wovon
die Geſinnung ſteter Treue unzertrennlich iſt, bildet
dech die ſchönſte Gabe, womit man das Herz
des Landesherrn erfreuen kann.
) e Gott der Herr hat unſerm erlauchten Großherzog
1 Guade wirklich in hohem Maße angedeihen laſſen;
0 ſchenkte ihm nicht nur ein langes Leben, ſondern
uch die Kraft, daſſelbe thaten⸗ und ſegensreich zu
ö Futter. Unter der Regierung unſeres Großherzogs
Friedrich hat der Wohlſtand des Landes, haben die
urichtungen mancherlei Art zugenommen, welche der
ohlfahrt des Einzelnen, wie größerer Kreiſe und der
n efamt_ntbeit dienen; Großherzog Friedrich hat eben-
alls die große Freude, das erquickende Bewußtſein,
au beigetragen zu haben, daß vor 25 Jahren die
zeutſche Einigkeit zu Stande gekommen, der Traum
ſeüherer Geſchlechter ſich erfült hat. Er hat that-
tig mitgeholfen, vor 25 Jahren jene großen Siege
in. erringen, deren Erinnerungsfeier ſoeben verrauſcht
5 zer kann ſich mit ſtolzem Bewußtſein ſagen, daß
die Sicherheit ſeines Landes, den Frieden ſeines
lil es gegen die räuberiſchen Einfälle unſerer begehr-
ichen Nachbarn feſt begründet hat. Und wie ſehr

370 f N er Fonderling. (Nachdruck verboten.)
Roman von Philipp Laicus.
„And weshalb das 7“ fragte Lebrecht.
ur Weil er uns Geld ſchuldig iſt, und ſein Geſchäft
\ !unätuhd‘ aus, ſo daß er Dasfelbe nicht gut entbehren

„Sein Geſchäft dehnt ſich aus? Er kommt vorwärts,
ficht er Jorem Bazer Geld ſchuldig ist) Das muß ein
tiger Mann ſein!“

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werde i Herr Gläſer, ich wil J

z

daß es ſo iſt, wie Sie ſagen, werde ich mit Vergnü-
bn dien Herrn Kurtzmann das Geld vorſtrecken, das er

M
} ‘blekt e

teste h, Herr Bernau!“ rief Horatius mit dem verblüff-
eden Geſichte, das ſich denken läßt. 4

‚GezWungen. ſind, vor J
ehrlich hi k
aue ich

anne nicht die Augen We eh a b. 5 1 50 ;
nicht!“ rie


L
unſer Landesfürſt auch theilnimmt an den übrigen Leiden
und Freuden ſeiner Landeskinder, mit welchem Intereſſe
er alle Fortſchritte auf dem Gebiete der Arbeit und
des Fleißes verfolgt, ehrt und zum Ausharren ermun-
tert, davon hat ja gerade die Stadt Heidelberg noch
im Mai dieſes Jahres, während ſeines fünftägigen
Beſuches, die ſchönſten Beweiſe gehabt. Und wenn
auch im Laufe der Jahre trübe Wolken den Horizont
eines andern Gebietes getrübt haben, ſo beginnt doch
ſeit einiger Zeit der Himmel ſich wieder aufzuklären;
wir Katholiken ſind überzeugt, daß unſer Landesfürſt
uns ebenſo zugethan iſt wie ſeinen übrigen Landes-
kindern, und daß auch für uns bald die Zeit kommen


werden. In Liebe und Treue gegen den rechtmäßigen
Landesherrn aber laſſen wir uns von Niemanden über-
treffen, deßhalb iſt auch heute unſer heißer Wunſch:
Gott ſchütze und erhalte unſern
Großherzog Friedrich!

Deutſches Reich.
S * Berlin, 8. September.

— Die „Germania“ veröffentlicht in ihrem
politiſchen Theil folgenden, ihr von geſchätzter Seite
zugegangenen Aufruf „Der 20. September des heuri-
gen Jahres bringt den 25jährigen Gedenktag der Ein-
nahme Roms. Die italieniſche Regierung bereitet
ſich vor, dieſen Tag mit demonſtrativer Feier zu be-
gehen, unter den Augen des in Rom weilenden, ſeiner
weltlichen Macht beraubten Heiligen Vaters. Uns
Katholiken geht dieſer Gedanke ſchmerzvoll nahe. Wir
möchten dem Heiligen Vater eine Gegendemonſtration
bereiten, unfere Wü ffe iſt das Gebet, unſer Anſturm
richtet ſich nach oben. Wir Katholiken alle, Prieſter,
Ordensperſonen und Weltleute, wollen am 20. Sep-
tember die heilige Kommunion auf die Meinung des
Heiligen Vaters aufopfern, für das ewige Rom, für
e damit die Tage der Heimſuchung abgekürzt
werden.“ ; :

— Der nach der Rede des Kaiſers plötzlich er-
wachte Eifer für einen neuen Feldzug gegen die
Sozialdemokratie ſcheint ſchon wieber nachzu-
laſſen, weil ſich ergibt, daß auch die Eifrigſten nichts
anderes zu ſagen wiſſen, als was während der Umſturz-
campagne geſagt worden iſt. Dazu kommt, daß von
Seiten der ſo heftig angegangenen Regierung die Ank-
wort ausbleibt und daß aus dieſem Schweigen zu er-
kennen iſt, daß ſie die Ausſichten einer neuen Campagne
kühler und richtiger beurtheilt. In das Gebiet der
leeren Entrüſtung und Unmöglichkeiten gehört es auch,

nehmen Sie Ihren Hut und ſagen Sie auf der Stelle
Ihrem Herrn Va er, was die Glocke geſchlagen hat.

Horatius rang die Hände. „Das iſt eine furchtbare
Geſchichte!“ rief er. n . .

„Ihren Hut nehmen Sie und machen Sie, daß Sie
fortkommen. Das Reſultat Ihrer Beſprechung kheilen Sie
15 85 mit, und ich werde dann ſehen, was weiter zu

un iſt.“

„Sie lohnen mein Vertrauen .

„In einer Weiſe, daß Sie mir ſpäter danken werden.
Seien Sie verſichert,“ ſetzte Lebrecht hinzu, ſeine Hand auf
die Schulter des verzweifelnden jungen Mannes legend,

wenn dieſe Sache zu einem glücklichen Ende geführt wer-

den kann, ſo wird ſie dazu geführt werden. Wenn nicht,

ſo ſoll ſie wenigſtens ein ehrliches Ende nehmen. Ver-

155 Fie ſich übrigens auf mich, und haben Sie guten
uth!

„Mein Vater wirft mich aus dem Har ſe!“ 5

„Dieſer Wurf liegt noch innerhalb des Keeiſes meiner
Sie aufen. Dann kommen Sie zu mir, ich nehme

ie auf.“

„Das wollen Sie?“ fragte Horatius zweifelnd.

„Ja, das thue ich!“

„Auf Ehren wort?“ - 5
„ „Mein Ehrenwort geb ich nur dann, wenn ich meine
Ehre verloren habe. So lange ich im Beſitze derſelben bin,
iſt jedes meiner Worte ein Ehrenwort“ S
Haſtig ergriff Horatius ſeinen Hut und ſchüttelte
dann die Hand Bernau's. „Ich ſag's ihm] Gleich ſag ich's


Gegenwart „ wahrhaftig ich thue es!“ S
Herr Gläſer junior ſtürzte eilig zur Thüre hingus.
„Nun, das iſt ſchön,“ bemerkte Lebrecht, ſich ſchmun-
zelnd die Hände reibend. „Schade, daß ich mich nicht in
ein Mäuschen verwandeln hene Ee din wie dieſer
alte Spitzbube von ſeinem eigenen Sohn ein Collegium
lesen d chten eines ehrlichen Mannes ge-
leſen bekom S ; 5

Und damit ging er lächelnd in ſein Zimmer hinüber.

wenn die „Kons. Korr.“ als erſte rettende That ver-
langt, daß der Reichstag die ſozialdemokratiſchen Ab-
geordneten ferner nicht als gleichberechtigt behandeln
und ihnen keinen Antheil an Kommiſſionen und am
Seniorenkonvent gewähren ſoll. Wäre der Reichstag
ſo thö icht, auf dieſen Rath einzugehen, ſo wäre damit
gar nichts gewonnen; die Soztaldemokraten würden
nur noch öfter und ausführlicher im Plenum ſprechen
und ſie könnten als nicht Gleichberechtigte die Geſchäfte
des meiſt beſchlußunfähigen Reichstages aus Rache
recht empfindlich ſtören.

— Die bekannte Kamel⸗Inſchrift in der Kai-
ſer Wilhelm⸗Gedächtnißkirche, wodurch die Stadtver-
ordneten beſchimpft worden waren, iſt wieder beſeitigt
worden.

— Eine offiziöſe Mittheilung über die Einführung
von Staffeltarifen für den Viehtransport
erregt dort, wo man den preußiſchen Getreideſtaffel-
tarifen gram war, die Befürchtung, daß die neuen
Tarife die oſtpreußiſche Viehzucht auf Koſten der weſt-
lichen und ſidlichen Landestheile bevorzugen ſollen.
Wie weit dieſe Befürchtung begründet iſt, läßt ſich nach
der kurzen Anzeige in der „Berl. Korreſp.“ noch nicht
überſehen. Die Viehzucht des Weſtens braucht im
Allgemeinen die oſtpreußiſche Konkurrenz nicht zu
fürchten, während die hohen Vieh⸗ und Fleiſchpreiſe
einen Ausgleich ſehr wünſchenswerth machen.

— Das Organ des Poſtaſſi
berichtet wieder über 1 Fülle don . 9 55 2 1 5 115
gen gegen Verbandsmitglieder. Aus Liegnitz ſeien in
wenigen Wochen acht nicht angeſtellte Poſtaſſiſtenten, die
Verbandsmitglieder find, von dort verſetzt und mehrere da-
durch geſchädigt worden. Der Eine war erſt 5 Monate
vorher auf eigene Koſten von Berlin dorthin gegangen,
weil in Liegnitz ſeine Eltern wohnen. Ein Zweiter wurde
ebenfalls, um zu ſeinen in Liegnitz lebenden Eltern zu
kommen erſt vor vier Monaten auf ſeinen Wunſch und
gleichfalls auf eigene Koſten von Straßburg i. E. nach
Liegnitz verſetzt, wobei er obendrein noch dem Erſatzmann
für die bisherige Straßburger Dienſtſtelle die Reiſekoſten
dorthin vergüten mußte. Ein Dritter wurde vom Poſtdi-
rektor gefragt, ob er dem Verbande angehöre, und ihm,
als er dies bejahte, ſofort eröffnet, daß er aus Liegnitz

verſetzt werden würde. -
St Johann a. S., 6. Sept. Unſerem Bürger-
meiſter, ſowie dem von Saarbrücken, deren 3⸗ und
Amonatige Feſtungsſtraſe wegen Zwei kampfs im
Gnadenwege auf 6 Wochen ermäßigt worden war, iſt
die noch zu verbüßende Hälfte dieſer Strafzeit durch
Gnadenerlaß geſchenkt worden. (Alſo wieder ein
Fall, daß Frevelthaten gewiſſermaßen noch belohnt
werden. Dann will man ſich noch beklagen über die
Schlechtigkeit in den untern Volksſchichten. Red.)

——

4 Sehfles Kapitel, ;
Bei dem Möbelſchreinermeiſter Kurtzmann ging es
an dieſem Nachmittage trotz des lachenden Wetters und
der ſchmetternden Triller, die der Kanarienvogel ſchlug, trau-
rig zu. Sonſt war der Letztere gewohnt, daß Hannchen
mit ihm wetteiferte im Singen, aber diesmal ſaß das
Mädchen ſtill in einer Fenſterniſche und eine Thräne um
die andere rollte über ihre Wange auf das Nähzeug. Und
doch pflegte das Weinen ſonſt ihre Sache nicht zu ſein.
Das ſah man ihr ſelbſt in ihren Thränen an. Die Augen-
brauen waren zuſammengezogen und die Unterlippe hatte
ſie trotzig aufgeworfen. Das Mädchen war eines feuer
Weſen, bei denen die Natur einen Fehlgriff gethan zu ha-
ben ſcheint, indem ſie eine männliche Seele mit einem
weiblichen Körper verband. Sie war in ihren Will

äußerungen ſehr entſchieden, und wollte durchaus nichts
davon wiſſen, daß Dulden des Weibes hartes Loos ſei.
Wie ein Mann wollte ſie kämpfen, arbeiten, und ihres
Glückes eigener Schmied ſein. Ohne häßlich zu ſein, konnte
fie aber auch nicht für ſchön gelten. Dazu ze gte ihr Ge-
ſicht zu ſcharfe, eckige Linien, aber es log der Schmelz der
erſten Jugend über ſie ausgebreitet, und da ſie mit ihrem
feſten Willen einen ſehr heiteren Geiſt und aufg weckten
Berſtand verband, ſo war ſie eine hübſche und angenehme
Geſellſchafterin. u

Daß ſie gerade dem ſchüchternen Sohne des grimmi-
gen Wacherers ihr Herz geſchenkt, lag in ihrer Natur ſehr
begründet. Die Gegenſätze ziehen ſich eben an. Starke
Frauen, ſchwache Männer] Sie kon te ſich nur zu Jeman-
den hingezogen fühlen, den ſie beherrſchen konnte, für wel-
chen ſie zu ſorgen hatte, und ſo wies ſie ihr feiner Inſtinet
auf Horatius hin. Er war der richtige Mann, ſich nie
gegen ihre Herrſchaft zu empören, ihn konnte ſie ſchützen
und pertheidigen, and obwohl ſie noch lange nicht ſeine
Gattin war, widmele ſie ſich dieſer Au gabe doch jetzt ſchon
mit der ganzen Energie ihres Charakters, und vielleicht
lag gerade in dem Umſtande, daß ſie dazu manchfache Ge-
legenheit hatte, der Grund, warung ſie durchaus nicht von
ihm ableſſen wollte.

ortſetzung folgt.)
 
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