Die Gleichsetzung der erhaltenen Bilder der »Leinwand-Passion« mit
Hans Dygs Zyklus für die Peterskirche ist freilich ebenso hypothetisch
wie die Annahme der Gesellentätigkeit von Ambrosius und Hans Hol-
bein bei Herbst, und so überrascht es nicht, daß es auch weiterhin
Anhänger einer Zuschreibung der gesamten Gemäldefolge (oder zumin-
dest von Teilen davon) an Hans Holbein d. J. gab. So plädierte Christian
Müller bei Abendmahl und Geißelung kürzlich erneut für den jüngeren
Hans, zumindest was die in der Unterzeichnung dokumentierte Ent-
wurfsphase anbelangt (Abb. 50).16
Bis heute ist es der Forschung nicht gelungen, Einvernehmen über die
Zuweisung bestimmter Teile der »Leinwand-Passion« an deutlich faß-
bare, durch ihre Handschrift oder ihren Stil unverwechselbare Künst-
lerpersönlichkeiten zu erzielen - von einer gesicherten Zuordnung
an namentlich bekannte Maler ganz zu schweigen: So viele Autoren,
so viele Meinungen.17 Vor diesem Hintergrund versteht es sich von
selbst, daß die »Leinwand-Passion« kein erfolgversprechender Ausgangs-
punkt für die Identifizierung von »Baseler« Künstlern der Vorreforma-
tionszeit sein kann.
Der »Holbein-Tisch« im Züricher Landesmuseum
Größerer Erfolg bei diesem Bemühen war Lukas Wüthrich mit seiner
Neuzuschreibung des sogenannten »Holbein-Tischs« (Tafel 12)18 an
Hans Herbst beschieden. Die bemalte Tischplatte, heute im Schweizeri-
schen Landesmuseum in Zürich, ist auf das Jahr 1515 datiert und mit
dem Allianzwappen der Baseler Familien Baer und Brunner versehen,
was die Identifikation der Auftraggeber und die Bestimmung der Entste-
hungsumstände ermöglicht hat. Der erst seit kurzem mit Barbara Brun-
ner verheiratete Baseler Kaufmann Hans Baer verließ bereits am 25. Juni
als Fähnrich des zweiten Kontingents der für Oberitalien bestimmten
Truppen seine Vaterstadt. Nur wenig später, am 13./14. September 1515,
fiel er in der Schlacht von Marignano. Angesichts der scheinbar burlesk-
heiteren Thematik erschien fast allen Autoren, die sich mit dem »Hol-
bein-Tisch« ausführlicher beschäftigt haben, seine Entstehung im
Zusammenhang mit der Eheschließung des jungen Paares, sicher aber
vor Baers Tod, als wahrscheinlich.19
84 »Holbein-Bilder«. Entstehung und Kritik
Hans Dygs Zyklus für die Peterskirche ist freilich ebenso hypothetisch
wie die Annahme der Gesellentätigkeit von Ambrosius und Hans Hol-
bein bei Herbst, und so überrascht es nicht, daß es auch weiterhin
Anhänger einer Zuschreibung der gesamten Gemäldefolge (oder zumin-
dest von Teilen davon) an Hans Holbein d. J. gab. So plädierte Christian
Müller bei Abendmahl und Geißelung kürzlich erneut für den jüngeren
Hans, zumindest was die in der Unterzeichnung dokumentierte Ent-
wurfsphase anbelangt (Abb. 50).16
Bis heute ist es der Forschung nicht gelungen, Einvernehmen über die
Zuweisung bestimmter Teile der »Leinwand-Passion« an deutlich faß-
bare, durch ihre Handschrift oder ihren Stil unverwechselbare Künst-
lerpersönlichkeiten zu erzielen - von einer gesicherten Zuordnung
an namentlich bekannte Maler ganz zu schweigen: So viele Autoren,
so viele Meinungen.17 Vor diesem Hintergrund versteht es sich von
selbst, daß die »Leinwand-Passion« kein erfolgversprechender Ausgangs-
punkt für die Identifizierung von »Baseler« Künstlern der Vorreforma-
tionszeit sein kann.
Der »Holbein-Tisch« im Züricher Landesmuseum
Größerer Erfolg bei diesem Bemühen war Lukas Wüthrich mit seiner
Neuzuschreibung des sogenannten »Holbein-Tischs« (Tafel 12)18 an
Hans Herbst beschieden. Die bemalte Tischplatte, heute im Schweizeri-
schen Landesmuseum in Zürich, ist auf das Jahr 1515 datiert und mit
dem Allianzwappen der Baseler Familien Baer und Brunner versehen,
was die Identifikation der Auftraggeber und die Bestimmung der Entste-
hungsumstände ermöglicht hat. Der erst seit kurzem mit Barbara Brun-
ner verheiratete Baseler Kaufmann Hans Baer verließ bereits am 25. Juni
als Fähnrich des zweiten Kontingents der für Oberitalien bestimmten
Truppen seine Vaterstadt. Nur wenig später, am 13./14. September 1515,
fiel er in der Schlacht von Marignano. Angesichts der scheinbar burlesk-
heiteren Thematik erschien fast allen Autoren, die sich mit dem »Hol-
bein-Tisch« ausführlicher beschäftigt haben, seine Entstehung im
Zusammenhang mit der Eheschließung des jungen Paares, sicher aber
vor Baers Tod, als wahrscheinlich.19
84 »Holbein-Bilder«. Entstehung und Kritik