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Die wehrhafte Stadt.

Tiegt es ſchon im Begriff einer mittelalterlichen Stadt, daß ſie ,feſt‘. o. Hh.
mit Mauern umgeben iſt, um den Bürgern Sicherheit und der öffentlichen Ge-
walt einen Stützpunkt zu geben, so sprechen bei Passau noch besondere Ver-
hältnisse mit; hier waren die Mauern des spätrömischen Kastells trotz der An-
griffe der germanischen Streifscharen stehen geblieben und boten den Bewohnern
des alten Bazzawe Schutz, bis Kaiser Otto Il. sie 977 von Grund aus zer-
ſtören ließ (s. S. 36). Eine neu e M auer ist, da man die Stadt nicht ungeschützt
lassen konnte, von Bischof Pilgrim jedenfalls baldigst wieder aufgebaut worden.
Sie wurde nach althochdeutſcher Sprachgewohnheit und sinngemäß einfach die
Wehr genannt; die jetzt übliche Bezeichnung R ömerwehr iſt neuzeitlich und
sachlich unbegründet. Ein großer Teil dieser Mauer steht noch heute nach faſt
950 Jahren, so daß wir ihren Bestand genau unterſuchen können. Sie ist aus
rohen Bruchsteinen von Granit und Gneis aufgeführt, mit einer starken Hinter-
fütterung von Lehm (Bild 4, S. 11) und hatte hinter einem Zinnentranz, den
ältere Stadtabbildungen noch deutlich zeigen, einen Wehrgang. Sie umzog im
Halbkreis den West-Rand des Altstadthügels (Bild 19 u. 24) und führte auf
der Südseite bis zum , Biſchofshof “‘ (Residenz). Im Laufe des 15. Iahrhunderts
bereits und noch mehr nach dem Brand von 1662 sind die ursprünglich hinter
ihr liegenden Domherrnhäuser auf der Südseite des Pfaffenhofes (Domplatz),
über sie auf den Steilabhang (Schwesterngaßl) hinausgerückt. Schon im
13. Iahrhundert führte eine steinerne (jetzt sog. Ballhaus-) Stiege hinab zum
Ende des „Grabens“ beim Hunodsbüchel. Der freie Raum hinter der Wehr,
ein Baumgarten, diente den Domherren und manchmal auch den Bürgern als
Uebungsplatz zum Armbruſt- oder Stachelschießen bis ins 16. Iahrhundert. In
einem kleinen Haus (Rindermarkt 1a) wohnte ein eigener „Wehrmeiſter“,
welches Amt meist Handwerkern, 1404 einem Bildhauer übertragen war. Die
Fortsetzung der Mauer sſtlich des Biſchofshofes sicherte die dahinter liegende
Hofküche, den Marstall und das große Kramhaus (Bild 24). Auch hier ging
schon im Mittelalter eine Stiege zum sog. Niedernhof hinab, deren Anlage ſich
in der „Residenzſtiege“ erhalten hat.

Der Zugang zur Stadt war ursprünglich blos durch das nach der Stadt-
pfarrkirche so genannte Paulustor miêéglich. Es beſteht aus drei Ceilen t
die mittlere und älteste Strecke, teilweise noch in Stein gehauen, geht vielleicht
noch auf spätrömiſche Zeit zurück; dann erfolgte um 1520 eine Anſstückelung
nach Osten und nach 1662 eine Verlängerung nach Westen, um für die Stadt-
pfarrsakriſtei einen Unterbau zu schaffen. Dadurch entstand ein langer und ~

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