Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Wohltätigkeitswesen

Im tiefchriſtlichen Sinn des Mittelalters lag es, daß s o ziale Einrichtungen,
die heute von der öffentlichen Verwaltung durch allgemeine Umlagen unterhalten
werden müssen, als „Werke der Barmherzigkeit“ aus freiwilligen Stiftungen
hervorgegangen sind. Die früheste solche war das 1143 mit Erbauung der
Innbrücke gegründete Spital zum Hl. Kreuz für arme Pilger in der Innſstadt,
das später im Gertrauoſpital aufging. Die älteste noch bestehende Anstalt ist das

St. Johannis-Spital.

Seine Lage vor dem Tor der Altstadt weist darauf hin, daß es ſchon vor
der Einbeziehung des Neumarktes bestanden hat, wohl zur Aufnahme von armen
Pilgern bestimmt; es erhielt auch bereits 1200 eine Schenkung von Herzog
Teopold von Steyer. Die Chroniknotiz, es sei eine Gründung des Domtapitels,
geht irre, denn dieses oder der Bischof haben niemals Zuwendungen gemacht
oder Einfluß auf die Verwaltung genommen. Die letztere lag übrigens schon
vor Einsetzung der Stadtverwaltung ganz in den Händen der Bürgerschaft und
iſt durch all die Iahrhunderte muſterhaft geführt worden, was nicht von allen
Passauer Stiftungen gesagt werden kann. Die Leitung hatte zuerſt ein Spital-
meiſter, meiſt ein Patrizier, seit 1560 wurden 2 Spitalverwalte r beſtellt,
einer aus dem Rat und einer von der Gemeinde. Das Vermögen des Spitals
bestand aus Grun dr e h t auf 50 Häusern in der Stadt, von denen allein 8
auf der westlichen Seite der kl. Messergasse, 14 im Anger lagen. Jährlich gingen
von 130 Häuſern Ewiggilten von 30 Kreuzer bis 6 Fl. ein; 2 Mühlen
waren im Erbrecht ausgetan und verschiedene Landgüter hatten Ze hn t zu
leiſten. Dazu kamen zahlreiche K apit alstif tung en für Seelgottesdienste
und besonders für Ausspeiſung der Pfründner an beſtimmten Tagen. Laufende
Einnahmen brachte seit 1464 die Brauerei; 1688 betrug daraus = bei
2187 fl. Taxen an . das Hofpfennigamt!t - der Gewinn Z23 fl. Die Gelder
wurden gegen Zins an bürgerliche Hausbesitzer ausgeliehen oder der Stadt-
kammer übergeben. Die Stadtbrände, nach denen die Hypothekzinsen ausfielen,
ſchädigten das Spital, es blieb aber immer noch die reichſte Stiftung der Stadt.
Durch die Zinsstundung und erneute Geldverleihung wurde übrigens weſentlich
zum raſchen Wiederaufbau der Stadt beigetragen. Beim Spital war auch ein
öffentliches B a d, das aber wegen geringen Ertrages 1554 aufgelassen wurde.
Mit der Brauerei war die Spitalschenke verbunden und in dieser wurde durch
den Spitalwäirt eine Gartüche betrieben.

Seit dem 14. Iahrhundert war das Iohannisspital bestimmt zur Aufnahme
armer und alter Bürger samt Frauen und Kindern. Das älteste Spitalgebäude
ſtieß wie üblich unmittelbar an die Kirche (S. 318); da es ganz baufällig war,

379
 
Annotationen