Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
sollte und nahm, so lange sie selbſt der Ausdruck einer geeinten Volkskraft war.
Zu Füßen des St. Iörgenberges aber rundet sich um die Kirche die durch den
Bau der Häuſer wie das Wesen ihrer Einwohner eigenartige Siedelung am
Ilzgesſtade, die als Säumerstadt jahrhundertelang der Ausgangspunkt einer
fruchtbaren Verbindung mit den deutschen Volksgenossen inmitten tſschechiſcher
Uebermacht gewesen ist. Vorbeit ~ wie so vieles Schöne und Erhabene, wovon
Altpassau dem Kundigen zu erzählen vermag.

Ganz einzigartig aber ist der Anblick der Stadt von Osten her (Bild 2),
wenn ihre Silhouette gegen die sinkende Sonne steht oder die nächtlichen Kon-
turen durch die Tichter in Häusern und Gassen nachgezeichnet sind; da ſcheint
die Stadt uns entgegenzuſchwimmen und der Beiname, den ihr die Romantik
gegeben: „Das bayeriſche Venedig“ ist nicht ohne Berechtigung.

Besitz verpflichtet! Einschneidende Aenderungen im Stadtbild wären nicht
bloß eine Versſündigung an dem ,Gesichte“ der Stadt, an dem wohl erwogenen
Schaffen ihrer alten Baumeister und Künſtler, sondern auch eine wirtſchaftliche
Schädigung, da sie einen Hauptanziehungspunkt für den Fremdenverkehr weg-
nehmen würden. Den Charakter besonders der Altstaot zu wahren, wo Er-
neuerungen unbedingt notwendig werden, sie dem Vorhandenen harmoniſch ein-
zupassen, das ist die Pflicht des gesamten Gemeinwesens, gegen welche das
Interesse des Einzelnen um so eher zurücktreten muß und kann, als er aus
einer verſtändnisvollen Behandlung des Ganzen doch wieder Gewinn ziehen
wird.

Speis und Trank

Unterhalb der Innbrücke waren 6 Schiffmühlen verankert, die bereits 1160
erwähnt werden (Bild 26) und am Mühlbach standen 8 Bachmühlen; ihre
Tehensbesitzer bildeten die Zunft der Müller; die Rechte waren oft lange in
der gleichen Familie : so sind die Freislederer ein bis 1587 nachweisbares
Miüllergeschlecht.

Die Bäcker

gehören zu den ältesten Zünften Passaus. Nach ihrer Ordnung war der Verkauf des
nicht über drei Tage alten Brotes nur auf den Ehtiſchen an verschiedenen
Stellen der Stadt erlaubt. Die vier Backtage in der Woche waren verteilt unter die
Meister und eine Gruppe hieß davon die „Erchtagbäcker“. Da man in den meisten
Haushaltungen den Teig für die roggenen Ca ibe ſselbſt zurichtete, stellten die
Bäcker bloß die W eck en aus Roggenmehl, die Semmeln und zu Zeiten die
Br ezen aus Weizenmehl her. Die Bäckerknechte wurden meiſt bloß auf 2
Backtage eingestellt. Das Brot wurde nach seinem Gewicht beschaut und für
den Preis bestand ein amtlicher Satz; bei Verfehlungen gab es schwere Geld-

365
 
Annotationen