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iſt geziert durch die Portal-Umrahmung des Kapelleneinganges: flottes Stukko
mit Freskogemälden in entwickeltem Rokoko (Bild 248). Die Westseite trägt
eine entsprechende Inſschrifttafel, auf der Südseite sind die Bilder des Stifters
und seiner Frau angemalt. 1755 war der Bau, welcher 19662 Fl. gekostet
hatte, bezugsfertig. Die Kapelle (S. 319) mit ihrer harmonischen Ausstattung
wurde ersſt 1763 eingeweiht.

Bildungswesen.

Die geistigen Epochen erfaßten durchaus nicht das ganze Volk einheitlich,
sondern wirkten sich nach Stand und Beruf ganz verschieden aus. Die Bildung,
soweit sie auf Kenntnis des Schrifttums beruht, war im frühen Mittelalter aus-
schließlich Sache des Klerus; das gemeine Volk konnte weder lesen noch schreiben,
häufig auch nicht der Adel, ja noch 1326 bekennt der Passauer Domherr Erhard
von Preising, daß er nicht ſchreiben gelernt habe!?). Im 15. Iahrhundert wurde
es damit ſchon besser; aber schriftkundige Bürger, Kaufleute wie Handwerter,
waren immer noch selten und für den Stadtrat sehr gesucht, sie gingen sogar als
Gesandte der Stadt an den Kaiser. Der nun einsetzende Humanismus mit seiner
Wiederbelebung des antiken Bildungsideals hätte befreiend und fördernd wirken
können; er brachte aber doch wesentlich volk sfr em d e Anschauungen mit, so
vor allem das römiſche Recht. Dann ist aber durch die Philologen der Inhalt
durch die Form verdrängt worden, die zur Formel erstarrte und es erwuchs ein
falſcher Bildungsstolz. Zugleich wurde die Kluft zwischen den Ständen noch er-
weitert, indem Verwaltung und Rechtſprechung vollständig in die Hand des ge-
lehrten Juriſten kam. Der Unterschied zwischen ihren mit lateinischen Zitaten
überhäuften, ſchwulstigen Entscheiden und den knappen und klaren Entschließungen
in Briefform, welche noch im 16. Iahrhundert die Regenten erließen, bekundet,
daß die Bürokratie damit eine Schranke zwiſchen Regierung und Untertanen
aufrichten wollte. Ueber die lateiniſche Schule, die zuerſt bloß für die Ade-
ligen zugänglich war, konnte ein Handwerkersohn nur in den Klerikalſtand kommen ;
das wurde auch nicht besser, als die Iesuiten das Gymnasium übernahmen und
die Stipendien wurden meiſt an Söhne von Ratsherren verliehen. So blieb für
den gewöhnlichen Bürger als Bildungsmittel lediglich die deutsche Schule, in
der Lesen, Schreiben und Rechnen gelehrt sowie der Katechismus erklärt wurde.
Eine besondere Vorbildung genoß der Lehrer nicht, wer glaubte, das Amt aus-
üben zu können, konnte ,seine Tafel aushängen“. Da ein Schulzwang nicht
bestand, war das Einkommen dieser „Schulhalter“, deren Namen wir bis 1540
zurück kennen, sehr gering: lediglich die paar Kreuzer Schulgeld, das die Väter
der Schüler zahlten. Die Schulmeister mußten daher einen Nebenberuf betreiben,
sie waren Weber, Meßner oder Förgen, fertigten Bittschriften an die Behörden

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