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kam noch die Zahl der st än di g für den Hof (und das Domtapitel) arbeitenden
Handwerker: Schneider, Schuster, Huterer, Schlosser, Schreiner, Binder, Schnitzer,
Maler, Maurer, Steinmetzen, Zimmerleute usw. Als H of s ch u tzbbefreite standen
sie nicht unter dem Zunftszwang, sollten auch nicht für die Bürgerschaft arbeiten,
taten es aber, wie viele Beschwerden beweisen, trotzdem. So entwickelt sich all-
mählich wie in anderen kleinen Residenzstädten, in den Einwohnern die Meinung,
der fürſtliche Hof müss e für ihr Fortkommen durch Zuweisung irgend einer
wenn auch kleinen Hofdienststelle sorgen, wodurch aber die Ausgaben wieder
vermehrt und die Gegensätze zur werktätigen Bürgerschaft verstärkt wurden. Mit
der Aufhebung des Fürstentums standen dann alle diese Hofleute plötzlich ohne
jeden Rückhalt im Kampf ums Leben.

Durch die fürstlichen Bauten aber und deren Neueinrichtung ist schon im
Mittelalter dem einheimischen Handwerk lohnende Arbeit überwiesen
worden, die seine Fähigkeiten steigerte und ihm Geltung auch außerhalb der
Stadt verschaffte. Mußten infolge Stiländerung nach dem Brand von 1662 zu den
Wiederherſtellungsarbeiten auch Architekten, Stukkatorer und Maler von aus-
wärts berufen werden, so wurde doch, soweit angängig, das ansässige Handwerk
herangezogen, fand daher wieder den notwendigen Verdienst und konnte aus
den neuerſtandenen Kunstwerken Anregung für die eigene Werkstatt entnehmen.

Dem Beiſpiele des Fürsten folgten die Domherren und die Adeligen in Hof-
ſtellen, in bescheidenerem Maß einige reichere Bürger; am Dom- und Residenz-
platz und im Neumarkt sſind in ihrem Auftrag bemerkenswerte Bauten entſtanden.
Die Anſprüche der fürstlichen Hofhaltung an Ausstattung der Wohnräume
und der Tafel fanden gleichfalls Nachahmung; die allgemeine Lebenshaltung
hob sich auch in bürgerlichen Kreisen, was sich besonders in der Tracht kundgab.
Solche Aeußerlichkeiten griffen sogar in die unteren Volksschichten über, jo daß
vom obrigkeitlichen Standpunkt eine Einschränkung durch Kleiderordnungen not-
wendig erschien. Auch die Repräſentationsräume der Klöster folgten der all-
gemeinen Steigerung des künſtleriſchen Schmuckes.

Bestimmend aber für das Stadtbild und für die Wirkung der Hauptstraßen
ſind die fürstlichen Bauten Oberhaus, Residenz und — so lange es noch nicht
hinter Baumgruppen verborgen war = auch. Freundenhain geworden. Mächtige
ſtilgemäß gegliederte Baumassen übermitteln den Eindruck vollendeter Kunstwerke
und stehen in wohltuender Harmonie zu Natur und Platzbilo. Mag nun das
Fürſtentum Passau nicht immer ſeine politiſche Aufgabe erfüllt haben, auch dem
Uebergang in die Wirtschaftsformen der Neuzeit nicht gerecht geworden sein +
ihm verdantt doch die Stadt den zielbewußt herbeigeführten prächtigen Bauſchmuct,
der sie zu einer wahren Kunststätte erhebt.

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