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Schwarz, Klaus; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Contr.]; Ixmeier, Eugen [Ill.]
Archäologisch-topographische Studien zur Geschichte frühmittelalterlicher Fernwege und Ackerfluren im Alpenvorland zwischen Isar, Inn und Chiemsee: im Alpenvorland zwischen Isar, Inn und Chiemsee (Band 49, Textband): Textband — Kallmünz/​Opf.: Lassleben, 1989

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.73519#0187

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dort nach Oberföhring verlaufenden FW 62 trassiert
worden sein, denn die beiden anderen zur Isar füh-
renden Wege, der FW 4 und der FW 64 (Karte
22,1), sind jünger. Die seit 1204 bekannte Wasser-
burger Inn-Brücke dürfte zusammen mit der Maut-
stelle spätestens 1137 (1130—50) bei Umzug des
Hallgrafen von der Limburg nach der Wasserburg
erbaut worden sein (vgl. S. 154). Im Hinblick auf die
Burggeschichte ist mit einer Verlegung des Inn-
Überganges von Urfarn—Reitmehring nach Was-
serburg bereits im 11. Jahrhundert zu rechnen. In
diesem Falle kann es nur zu einer Umtrassierung des
FW 62 als FW 63 zwischen Kircheiselfing und Reit-
mehring gekommen sein.
DER FERNWEG 64
Abschließend sei ebenso wie bei der Strecke Rosen-
heim-München auch die jüngere, über den Rah-
men unserer Studien hinausgehende Entwicklung
der Fernwege zwischen Wasserburg und München
wenigstens kurz angedeutet, um dadurch den Platz
der älteren Fernwege im Gesamtgefüge der Fernver-
bindungen zu verdeutlichen.
Geländespuren einer vorchaussee-zeitlichen Phase
sind im Ober-Steinbuch-Forst und im Steinhöringer
Holz vorhanden. Sie belegen eine Straffung des
vorangehenden FW 63. In diesem Sinne können
auch abkürzende Wegstrecken in den Feldfluren
verstanden werden, welche nur kartographisch do-
kumentiert sind. Faßt man sie mit den in den Wäl-
dern festgestellten Spuren zusammen, dann ergibt
sich folgendes Bild für einen Fernweg, welcher jün-
ger als der FW 63 und älter als der Kunststraßenbau
der CH 2 ist. Er wird als FW 64 angesprochen.
Für den Beginn des Fernweges von der Mautstelle
an der Innbrücke in Wasserburg gibt es bis auf den
Rücken des Umlaufberges in der Flußschleife keine
Alternative zum FW 63 (Karte 78). Eine neue Route
setzt erst mit dem weiteren Anstieg auf die Moräne
des jungdiluvialen Vorlandgletschers ein und zwar
an der Stelle, wo der FW 63 wieder nach Westsüd-
west auf die Innterrasse herunterzieht. Die Trasse
des FW 64 führt von dort in fast westlicher Richtung
auf die Höhe, quert die 1812 noch überwiegend
bewaldete Burgau und erreicht 500 m vor Reitmeh-
ring den Burgweg. Spätestens jetzt wird er in den
Ort hineingeführt (Karte 80,1). Nordwestlich von
Reitmehring nutzt er bis zum Steinbuch-Forst die
Trasse des FW 63.

Im Ostteil des Ober-Steinbuch-Forstes tritt südlich
des FW 63 ein breites und vielfach bis 1 m tief
eingefahrenes Fahrspurenbündel auf (Karte 67),
welches etwa 800 m weit verfolgbar ist und dann in
dem gemeinsamen Strang mündet, den die um 1800
angelegte CH 2, die heutige B 304, mit der 1905
gebauten Eisenbahnstrecke Ebersberg—Wasser-
burg (Bhf.) bildet. Der Verlauf von Kunststraße und
Eisenbahn überdeckt dann den Altweg. Anschlie-
ßend tritt der FW 64 bis zum Westrand des Ober-
Steinbuch-Forstes südlich davon auf. Über den Wei-
ler Forsting führt er zum FW 63. Dieser Abschnitt ist
tiefgreifend verändert und deshalb durch Gelände-
befunde nicht belegbar. Das Untertauchen und Ver-
schwinden des in der östlichen Waldhälfte auftreten-
den und einen intensiven Verkehr anzeigenden
Fahrspurenbündels unter der Chaussee ermöglicht
es, diese beiden Fernverbindungen in einer funktio-
nellen Abfolge zu sehen, d. h. die Chaussee als die
jüngere und den Altweg als die ältere Einrichtung.
Das topographische Verhältnis beider zum FW 63
zeigt überdies, daß letzterer ein noch älterer Vor-
gängerweg gewesen sein muß. Mit diesen Beobach-
tungen begründet sich die Ansprache der hier zur
Rede stehenden Wegespuren im Ober-Steinbuch-
Forst als FW 64.
Von der Einmündung des FW 64 in den FW 63 bei
Forsting gibt es bis zur 5 km entfernten Kirche zu
Steinhöring keine Hinweise auf eine Veränderung
der Trasse. Erst die Fahrspuren im Steinhöringer
Holz zeigen wieder eine Verlegung an, welche für
den FW 64 in Anspruch genommen werden kann.
Dabei handelt es sich um ein am Südosteck des
Steinhöringer Holzes einsetzendes, vielgleisiges und
tief eingefahrenes Fahrspurenbündel. Es führt am
Südrand der Moränenhochfläche nach Westen (Kar-
te 69—71) und tritt danach in den südlichsten Teil
der Feldflur von Weiding ein, dem Witingin von
1010/20816. — Vom Steinhöringer Holz nach Osten
läßt sich sein Verlauf im Zuge eines Feldweges
rekonstruieren, der Steinhöring zwischen der Kirche
und der Poststation erreicht (Karte 69). — Nach
Westen spiegelt die aus Ost-West-Streifen bestehen-
de Flur die Flucht der Fahrspuren 350 m weit wider.
Sie mündet am Südrand von Weiding in eine ver-
flachte, aus einem Hohlweg hervorgegangene Mul-
de. Auf eine kurze Unterbrechung der Spuren folgt
der nach Süden gerichtete Abstieg eines tiefen Fahr-
spurenbündels im Moränenhang zur Ebrach-Niede-
rung (Karte 71). Die weitere Trasse des FW 64 ist bis
Altmannsberg in einem Feldweg zu sehen, der die

816) Puchner (Anm. 78) 96 nr. 400.

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