19 EINÖDHÖFE DER KAROLINGER-,
OTTONEN- UND SALIERZEIT IN DER
ST. EMMERAMER ADVOCACIA REUT/
HOFMARK VOGTAREUTH UND DIE
FRAGE DER HUBENTEILUNG
Ausgangssituation
Nachdem vorstehend die halbe Hube, die dimidia
hoba, als ursprüngliche Wirtschaftseinheit an der
oberen Günz ermittelt worden ist, wird es erforder-
lich, das Problem einer Teilung von Huben und
entsprechender Einheiten innerhalb unseres Ar-
beitsgebietes zu erörtern. Dafür eignet sich die Ro-
dungslandschaft im Puchvorst und im Sunderforst
beiderseits von Pwc/zse/Hofstätter See und Runssel
Rinssee (1326) mit ihren Einödhuben (Karte 136).
Sie gehört zu dem während des frühen 10. Jahrhun-
derts organisierten Güterkomplex Vogtareuth nord-
östlich Rosenheim. //(«//Vogtareuth gelangt aus kö-
niglichem Eigentum im Jahre 959 über den Grafen
Warmunt an das Kloster St, Emmeram zu Regens-
burg1208. 1031 wird der klösterliche Besitz Riut im
Urbar von St. Emmeram, 1326 im Teilurbar Vogta-
reuth, 1336 in dem nach der gleichen Vorlage erar-
beiteten St. Emmeramer Gesamturbar, um 1460 im
Vogtareuther Salbuch des Propstes Chr. Dörner und
1545 im Vogtareuther Salbuch des Propstes G. La-
bermayr beschrieben1209. Hinsichtlich der Überliefe-
rung besteht damit eine optimale Ausgangssituation,
um so mehr, als H. Meixner und E. Klebel diese
Duellen bearbeitet, eingehend besprochen und aus-
gewertet haben1210. Außerdem bietet der Urkataster
die im Jahre 1812 aufgemessene Flurgliederung.
Und endlich gibt es ergänzende Geländebeobach-
tungen von 1982.
Der nachfolgenden Erörterung liegen sechs Eckwer-
te zugrunde:
a) Die Rodungslandschaft des 8. bis 10. Jahrhun-
derts im Puchvorst und im Sunderforst grenzt im
Westen und Nordwesten an einen spätmerowinger-
zeitlichen Siedlungssaum, welcher, nordsüdlich
orientiert, auf der Höhe der Moräne das Inntal an
seiner Ostseite begleitet. Er wird durch die Dörfer
Leonhardspfunzen und Sulmaring mit ihren Reihen-
gräberfriedhöfen sowie dem dazwischen liegenden
Zaisering bezeichnet, dessen Gräberfeld noch nicht
lokalisiert worden ist. Im Süden, Osten und Nord-
osten grenzen die beiden Forsten an eine ausgedehn-
te Altsiedlungskammer, welche bisher zwar nur
durch die Reihengräberfelder Edling, Siferling und
Halfing, aber außerdem durch zahlreiche Ortsna-
men auf -ing, -ham, -dorf und -berg anfänglich in das
7. bis 8. Jahrhundert datiert wird (Karte 49; 50;
51; 136). Die Ackerfluren dieser Dörfer und der
einzelnen Hofgruppen sind flächig von Wölbäckern
eingenommen gewesen, so wie das in unserem ei-
gentlichen Untersuchungsgebiet der Schotterebene
bei Hohenbrunn und Harthausen der Fall ist. Auch
hier handelt es sich bei den Wölbäckern nicht um
Randerscheinungen in den Außenbereichen, als
welche sie anderwärts früher vielfach gegolten ha-
ben, sondern um die Spuren der ausschließlichen
Bewirtschaftungsweise der Ackerfluren des nördli-
chen Alpenvorlandes. Das wird besonders eindring-
lich südöstlich Buch zwischen Zaisering und Sulma-
ring, zwischen Buch und Straßöd sowie südlich
Gaffl, wo sich heute überwaldete Wölbäcker-Fluren
von 500 bis 600 m Tiefe erstrecken. Verflachte
Wölbäcker nehmen zudem noch die Osthälfte der
Bucher Flur ein, die jetzt als Grünland genutzt wird
(Karte 136; Taf. 40,1.2).
b) Die Ackerfluren der im Vogtareuther Forst ange-
legten Einödhuben haben ursprünglich ebenfalls aus
Wölbäckern bestanden, wie an den überwaldeten
Rändern von Leiten, Seeleiten und Untersee sicht-
bar ist (Karte 137).
c) Die äußerste Ausdehnung der Ackerfluren dieser
Ausbauhuben kann bestimmt werden, denn sie ist
niemals größer gewesen als im Jahre 1812:1) In den
angrenzenden Wäldern treten — abgesehen von drei
kleinen Abschnitten in Leiten (0,5 ha), Seeleiten
(1,4 ha) und Untersee (1,4 ha) — keine Wölbäcker
auf, welche eine ehemals größere Erstreckung an-
zeigten. — Allein bei diesen drei Einödhuben sind
die der Flurkarte und dem Kataster zu entnehmen-
den Größenwerte um geringfügige Beträge auf 9,9,
1208) MG DO I, 282 nr. 203.
1209) Zu 1031: P. Mai, Der St. Emmeramer Rotulus des Güterverzeichnisses von 1031. Verhandl. Hist. Ver. Oberpfalz
106,1966, 87ff.; Dollinger (Anm. 586) 455ff. Anhang II, Urbar des Klosters St. Emmeram zu Regensburg (1031).
— Zu 1326: Urbar der Hofmark Vogtareuth von 1326. BayHStA, KL St. Emmeram nr. 29; Übersetzung des 15.
Jahrhunderts bei Meixner, Vogtareuth 4, 9 ff. —Zu 1336: Urbar der Reichsabtei St. Emmeram von 1336. BayHStA,
KL St. Emmeram nr. 12. - Zu 1460: Vogtareuther Salbuch des Propstes Chr. Dörner. BayHStA, KL. St.
Emmeram nr. 32. — Zu 1545: Vogtareuther Salbuch des Propstes G. Labermayr von 1545. BayHStA, KL St.
Emmeram nr. 28.
1210) Meixner, Vogtareuth 1,1 ff.; 2, 40ff.; 3, 22ff.; 4, 6ff., Klebel (Anm. 208) 27ff. 177ff.
- 279 -
OTTONEN- UND SALIERZEIT IN DER
ST. EMMERAMER ADVOCACIA REUT/
HOFMARK VOGTAREUTH UND DIE
FRAGE DER HUBENTEILUNG
Ausgangssituation
Nachdem vorstehend die halbe Hube, die dimidia
hoba, als ursprüngliche Wirtschaftseinheit an der
oberen Günz ermittelt worden ist, wird es erforder-
lich, das Problem einer Teilung von Huben und
entsprechender Einheiten innerhalb unseres Ar-
beitsgebietes zu erörtern. Dafür eignet sich die Ro-
dungslandschaft im Puchvorst und im Sunderforst
beiderseits von Pwc/zse/Hofstätter See und Runssel
Rinssee (1326) mit ihren Einödhuben (Karte 136).
Sie gehört zu dem während des frühen 10. Jahrhun-
derts organisierten Güterkomplex Vogtareuth nord-
östlich Rosenheim. //(«//Vogtareuth gelangt aus kö-
niglichem Eigentum im Jahre 959 über den Grafen
Warmunt an das Kloster St, Emmeram zu Regens-
burg1208. 1031 wird der klösterliche Besitz Riut im
Urbar von St. Emmeram, 1326 im Teilurbar Vogta-
reuth, 1336 in dem nach der gleichen Vorlage erar-
beiteten St. Emmeramer Gesamturbar, um 1460 im
Vogtareuther Salbuch des Propstes Chr. Dörner und
1545 im Vogtareuther Salbuch des Propstes G. La-
bermayr beschrieben1209. Hinsichtlich der Überliefe-
rung besteht damit eine optimale Ausgangssituation,
um so mehr, als H. Meixner und E. Klebel diese
Duellen bearbeitet, eingehend besprochen und aus-
gewertet haben1210. Außerdem bietet der Urkataster
die im Jahre 1812 aufgemessene Flurgliederung.
Und endlich gibt es ergänzende Geländebeobach-
tungen von 1982.
Der nachfolgenden Erörterung liegen sechs Eckwer-
te zugrunde:
a) Die Rodungslandschaft des 8. bis 10. Jahrhun-
derts im Puchvorst und im Sunderforst grenzt im
Westen und Nordwesten an einen spätmerowinger-
zeitlichen Siedlungssaum, welcher, nordsüdlich
orientiert, auf der Höhe der Moräne das Inntal an
seiner Ostseite begleitet. Er wird durch die Dörfer
Leonhardspfunzen und Sulmaring mit ihren Reihen-
gräberfriedhöfen sowie dem dazwischen liegenden
Zaisering bezeichnet, dessen Gräberfeld noch nicht
lokalisiert worden ist. Im Süden, Osten und Nord-
osten grenzen die beiden Forsten an eine ausgedehn-
te Altsiedlungskammer, welche bisher zwar nur
durch die Reihengräberfelder Edling, Siferling und
Halfing, aber außerdem durch zahlreiche Ortsna-
men auf -ing, -ham, -dorf und -berg anfänglich in das
7. bis 8. Jahrhundert datiert wird (Karte 49; 50;
51; 136). Die Ackerfluren dieser Dörfer und der
einzelnen Hofgruppen sind flächig von Wölbäckern
eingenommen gewesen, so wie das in unserem ei-
gentlichen Untersuchungsgebiet der Schotterebene
bei Hohenbrunn und Harthausen der Fall ist. Auch
hier handelt es sich bei den Wölbäckern nicht um
Randerscheinungen in den Außenbereichen, als
welche sie anderwärts früher vielfach gegolten ha-
ben, sondern um die Spuren der ausschließlichen
Bewirtschaftungsweise der Ackerfluren des nördli-
chen Alpenvorlandes. Das wird besonders eindring-
lich südöstlich Buch zwischen Zaisering und Sulma-
ring, zwischen Buch und Straßöd sowie südlich
Gaffl, wo sich heute überwaldete Wölbäcker-Fluren
von 500 bis 600 m Tiefe erstrecken. Verflachte
Wölbäcker nehmen zudem noch die Osthälfte der
Bucher Flur ein, die jetzt als Grünland genutzt wird
(Karte 136; Taf. 40,1.2).
b) Die Ackerfluren der im Vogtareuther Forst ange-
legten Einödhuben haben ursprünglich ebenfalls aus
Wölbäckern bestanden, wie an den überwaldeten
Rändern von Leiten, Seeleiten und Untersee sicht-
bar ist (Karte 137).
c) Die äußerste Ausdehnung der Ackerfluren dieser
Ausbauhuben kann bestimmt werden, denn sie ist
niemals größer gewesen als im Jahre 1812:1) In den
angrenzenden Wäldern treten — abgesehen von drei
kleinen Abschnitten in Leiten (0,5 ha), Seeleiten
(1,4 ha) und Untersee (1,4 ha) — keine Wölbäcker
auf, welche eine ehemals größere Erstreckung an-
zeigten. — Allein bei diesen drei Einödhuben sind
die der Flurkarte und dem Kataster zu entnehmen-
den Größenwerte um geringfügige Beträge auf 9,9,
1208) MG DO I, 282 nr. 203.
1209) Zu 1031: P. Mai, Der St. Emmeramer Rotulus des Güterverzeichnisses von 1031. Verhandl. Hist. Ver. Oberpfalz
106,1966, 87ff.; Dollinger (Anm. 586) 455ff. Anhang II, Urbar des Klosters St. Emmeram zu Regensburg (1031).
— Zu 1326: Urbar der Hofmark Vogtareuth von 1326. BayHStA, KL St. Emmeram nr. 29; Übersetzung des 15.
Jahrhunderts bei Meixner, Vogtareuth 4, 9 ff. —Zu 1336: Urbar der Reichsabtei St. Emmeram von 1336. BayHStA,
KL St. Emmeram nr. 12. - Zu 1460: Vogtareuther Salbuch des Propstes Chr. Dörner. BayHStA, KL. St.
Emmeram nr. 32. — Zu 1545: Vogtareuther Salbuch des Propstes G. Labermayr von 1545. BayHStA, KL St.
Emmeram nr. 28.
1210) Meixner, Vogtareuth 1,1 ff.; 2, 40ff.; 3, 22ff.; 4, 6ff., Klebel (Anm. 208) 27ff. 177ff.
- 279 -