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Schwarz, Klaus; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Contr.]; Ixmeier, Eugen [Ill.]
Archäologisch-topographische Studien zur Geschichte frühmittelalterlicher Fernwege und Ackerfluren im Alpenvorland zwischen Isar, Inn und Chiemsee: im Alpenvorland zwischen Isar, Inn und Chiemsee (Band 49, Textband): Textband — Kallmünz/​Opf.: Lassleben, 1989

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.73519#0228

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que aratura iugera X'>in, 10 iugera in jeder aratura zu
Ober-(Unter)Kienberg (Ldkr. Freising).
Im Sinne einer Zwei- oder Dreifelderwirtschaft ist
auch die älteste bildliche Darstellung des Ackerbaus
in bayerischen Handschriften zu sehen. Es handelt
sich um ein zwölfteilig bildhaftes, in zwei Exempla-
ren erhaltenes Kalendarium: eines im Jahre 809
oder unmittelbar danach in Salzburg gefertigt und
heute in der österreichischen Staatsbibliothek Wien
verwahrt (Cod. 387)940 941; das andere danach im Jahre
818 in Salzburg kopiert und über Regensburg in die
Bayerische Staatsbibliothek München gelangt (Hs.
Nr. 210). Die zwölf Monatsbilder stellen jahreszeit-
lich gebundene Tätigkeiten dar wie die Jagd im
Februar, das Beschneiden der Reben im April, das
Heuen im Juli, die Getreideernte im August, die
Weinernte im Oktober und das Schlachten im De-
zember. Das Pflügen des Ackers erfolgt im Juni, was
nur in einem Brachfeld der Zwei- oder Dreifelder-
wirtschaft möglich ist. — A. Chroust hat zum älte-
ren, Salzburg-Wiener-Exemplar dieser Handschrift
herausgearbeitet, daß es ebenfalls eine Kopie dar-
stellt, gefertigt nach einem im westlichen Franken-
reich entstandenen und verschollenen Vorbild942.
Damit entfällt die Möglichkeit, diese Darstellung
primär als Spiegel des Jahresablaufs im Alpenvor-
land und im oberen Donauraum zu verstehen. Als
fremd kann sie im 9. Jahrhundert aber hierzulande
wegen des bekannten Pflügens während des Monats
Juni und der Wirtschaftsweise in mehreren Feldern
nicht empfunden worden sein. So kann man immer-
hin vermuten, daß die westliche Vorlage als bildhaf-
te Darstellung landesüblicher Gebräuche übernom-
men worden ist.
Zusammenfassend ist für das bayerische Alpenvor-
land festzustellen, daß 1) die Nachrichten von 907/
926, 957/972 und 981/994 übereinstimmend Anteile
am Ackerland in mehreren Feldern bezeugen; dabei
verfügt in Breitenbach, Jaibach und Puehhe jeweils
eine Hube über gleich große Flächen Ackerlandes in
je drei aratura oder plagis. Wie sich diese drei Berei-
che zur Dorfflur verhalten, wird aber nicht gesagt;
2) daß diese Besitzaufteilung in der Dreizelgen-
brachwirtschaft begründet ist, deren Übung durch
das schon im Jahre 827 für Hebertshausen genannte
dreimalige Pflügen bestätigt wird; und zwar durch

das Pflügen im Sommer, welches ebenso wie der im
Salzburger Kalendarium von 809 dargestellte Vor-
gang dem zum Jahre 763 im alamannischen Raum
erwähnten Pflügen der Brache entspricht.

TOPOGRAPHISCHE BEFUNDE
Kommen wir nun auf die vorstehend beschriebene
ursprüngliche Geschlossenheit der Ackerfluren von
Höfen in Hohenbrunn, Harthausen, Putzbrunn,
Odenpullach und Deigstetten zurück, dann stellt
sich die Frage nach der Vereinbarkeit dieser Befun-
de mit den Nachrichten über eine Verteilung hofzu-
gehöriger Äcker auf drei und vielleicht auch zwei
aratura oder plagis. Beide Informationen stehen ein-
ander im Wege, wenn man an Großfelder des hohen
Mittelalters und der frühen Neuzeit denkt, welche
eine ganze, dreigeteilte Ortsflur umfassen. Sie lassen
sich hingegen auf einen Nenner bringen, wenn die
überlieferte Aufteilung der Äcker in aratura und
plagis jeweils nur auf einen grundherrschaftlich ge-
schlossenen Teil der Ortsflur oder gar nur auf die
Flur eines Hofes bezogen wird.
Grundsätzlich darf man mit einer solchen Möglich-
keit rechnen. Einen Maßstab bieten Einzelhöfe, von
denen seit dem hohen Mittelalter die Bewirtschaf-
tung der Äcker in drei Feldern bekannt ist. Drei
Beispiele sollen dies zunächst zeigen: 1) Das Bistum
Freising erwirbt um 1180 durch Tausch den 1300 m
ostnordöstlich von Deigstetten gelegenen Hof Hai-
deluingen/Hailafing (Karte 127,1). 1187 übereignet
es diese curtis dem Kloster Schäftlarn943. Dies behält
den »Einoedhof« Haidolfing, vulgo Haillafing, bis
zur Säkularisation im Jahre 1803944. Seine aus drei
Feldern bestehende Ackerflur (Karte 127,1) umfaßt
damals 37,3 ha. Ausweislich nördlich angrenzender
Wölbäcker ist sie ursprünglich etwas größer gewe-
sen. Ihre innere Struktur läßt sich wegen dieser
undifferenzierten Gliederung nicht rekonstruieren.
— 2) 8,5 km östlich von Hailafing liegt im Deisenho-
fener Forst der wüste Hofplatz Staucharting (Karte
127,2). 1157/58 besitzt Arbo de Studeratingen diesen
Hof945; 1601 bewirtschaftet Sebastian Portenlechner
die »Einöd«946, und 1857 wird die Schwaige aufgelas-

940) Bitterauf (Anm. 30) 786 nr. 1042.
941) Katalog der Miniaturen. Ausstellung der K. u. K. Hofbibliothek Wien 2(1901) 10 nr. 42.
942) A. Chroust, Denkmäler der Schreibkunst des Mittelalters 1 (1902) Taf. 1 u. 2 und erläuternder Text dazu.
943) Weißthanner (Anm. 134) 274 nr. 271.
944) STAM, KL Schäftlarn Nr. 66 von 1797, fol. LVIII.
945) Weißthanner (Anm. 134) 102 nr. 93.
946) STAM, GL Wolfratshausen 8 c.

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