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Wachsmuth, Curt
Die Stadt Athen im Alterthum (Band 1) — Leipzig, 1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.12670#0069

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— 57 —

und Pariser bei Erwähnung des Gorgoneion, in der Wiener
bei der Mythe des am Areopag erschlagenen Halirrhothios
und in der Pariser bei Erwähnung der Pansgrotte u. A.').
Es unterliegt demnach keinem Zweifel, dass hier gelehrte
Beminiscenzen topographisch verwerthet sind, bei der
Enneakrunos und beim Parthenon mit Glück, bei der Pans-
grotte, die in der Grotte über dem Theater gesucht wird und
dem Kerameikos (vermeintlich beim sog. Theseion) unglücklich.
So erhellt, dass in diesen Fällen, die topographisch am nütz-
lichsten scheinen, von einer volksthümlichen Tradition nicht
die Rede sein kann, sondern nur tastende topographische
Versuche zweier mit einigen Kenntnissen des klassischen Alter-
thums ausgestatter Hellenen vorliegen, welche für uns einen
wissenschaftlichen Werth nicht haben. Neben diesen so zu
sagen gelehrten Vermuthungen stehen allerdings sehr viele
Bezeichnungen, die volksthümlicher aussehen, alle jene Schu-
len2) und Theater, die Laterne des Demosthenes u. s. w.; nur
dass auch diese tollen und absolut werthlosen Benennungen
offenbar nicht eigentlich volksthümlich sind, sondern
durch "Berührung mit halbgelehrten Kreisen des Mittelalters
entstanden sind, in ähnlicher Mischung wie wir sie in den
„mirabilia llomae" vorfinden, indem an jedes erhaltene Mo-
nument möglichst berühmte Namen (Sokrates, Sophokles,
Aristophanes und die der verschiedenen Philosophensekten)
angeknürjft wurden und hier Stätten ihrer Thätigkeit gesehen,
oder auch Palläste und Wohnhäuser bekannter Männer (So-
lon, Themistokles, Thukydides) in ihnen angenommen wurden.

1) Genaueren Nachweis s. im Anhang; höchst eigenthümlieh ist
auch ein Citat von Abaris und Herodotos.

2) Die Bezeichnung als Schule 6i6acKaXeTov oder vielmehr oacKa-
Xiö ist, gleich wie in Italien „scuola", besonders beliebt — offenbar
eine dunkle Reminiscenz der einstigen Bildung der Bewohner dieser
Statten, die in aller Naivetät auf Schulen zurückgeführt wird; was bei
Athen noch speciell dadurch motivirt ist, dass hier bis in die Zeiten
des tiefsten Verfalls ein berühmter Sitz philosophischer AVeisheit blieb.
Noch heute heisst eine Stelle am Südfusse des Lykabettos so (s. Boss,
arch. Aufs. I S. 257), offenbar die Stätte, wo die Beste der Hadriani-
Bchen Wasserleitung standen, von der Cyriacus (epigrammata per llly-
ricum reperta S. Xlj schreibt: „ad fauces aquaeduetus extra civitatem
ad unum mill., quae studia Arist otelis vulgus Atheniensium liodic
vocat".
 
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