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Wachsmuth, Curt
Die Stadt Athen im Alterthum (Band 1) — Leipzig, 1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.12670#0068

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können, doch auch hier wie ich meine nur so weit, dass eine
bereits wahrscheinlich gemachte Ansetzung eines bestimmten
alten Heiligthums durch die Existenz einer christlichen Ka-
pelle eben in dieser Gegend grössere Schärfe und Bestätigung
erhält.

Ganz trügerisch ist endlich die topographische Beweis-
kraft der sogenannten lokalen Tradition. Was als jetzt
noch im Munde des Volkes fortlebende Ueberlieferung der
Art hingestellt wird, trägt deutlich den Charakter der Erfin-
dung von Seiten des mehr phantasievollen als sorgsam for-
schenden Eifers guter Patrioten'). Anders verhält es sich
mit der Tradition, die durch zwei aus dem 15. Jahrhundert
stammende, in einer Wiener und Pariser Handschrift erhal-
tene Beschreibungen von Athen repräsentirt wird. Haben
wir es hier wirklich mit einer Tradition zu thun? Kann eine
hier gegebene Bezeichnung eines antiken Restes wenigstens
die Autorität einer Ueberlieferung beanspruchen? Es könnte
so scheinen, wenn man sieht, dass in dem Wiener Traktat
(§ 7) die Enneakrunosquelle, in dem Pariser der Parthenon
als Athenetempel richtig bezeichnet wird; man könnte zu
glauben geneigt sein, dass Bezeichnungen, die sich an andere
damals noch so gut wie vollkommen erhaltene Tempel an-
knüpfen , so im Wiener Anonymus die eines Heiligthums der
Here an den ionischen Tempel, der zu einer Kirche der Pa-
nagia 'c Tqv TreTpav verwandelt war, und im Pariser die des
Theseion an den dorischen Hexastylos, der zu einer Kapelle
des h. Georg gemacht war, auf einer im Volksmunde fort-
lebenden Ueberlieferung beruhen und dass deshalb ihnen ein
gewisses Gewicht nicht abzusprechen sei2). Eine genaue
Prüfung dürfte diese Ansicht aber doch als unhaltbar erweisen,
denn es zeigen sich bei kolossalen Konfasionen und gross-
artigen Unwissenheiten doch hie und da in beiden Abhand-
lungen versprengte Notizen einer gewissen Gelehrsamkeit
(meist wohl aus Pausanias geschöpft), so z. B. in der Wiener

1) Wie dass die Grotte am Areshügel, wo daB Heiligthum der
Xpuca gesucht wird, jetzt Xpoüca heisse und ähnliche?.

2) Wie hinsichtlich des Theseion ich selbst früher mit anderen
that, die ungleich zuversichtlicher sprachen (s. Bursian in arch. Zei-
tung 1863 S. 54).
 
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