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Wachsmuth, Curt
Die Stadt Athen im Alterthum (Band 1) — Leipzig, 1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.12670#0461

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weise vielmehr auf meine obige Bemerkung, dass hier neben
eigentlichen Ioniern auch andre verwandte Stämme gesessen
zu haben scheinen.

Sonst gewährt die vorhandene Sagenmasse zwar keine Be-
stätigung des gewonnenen Gesammtbildes (und das wird Nie-
mand verwundern, da ausgleichender Patriotismus immer be-
müht war, die Spuren ursprünglicher Geschiedenheit zu ver-
wischen) ; aber für einzelne Züge desselben bietet sich doch
nicht werthloses Detail.

Schon längst ist erkannt1), dass auch in der attischen
Sage sich der Gegensatz eines in Attika ureinwohnenden
Volksstammes und der eingewanderten Ionier ausgeprägt hat.
vür den hier verfolgten Gesichtspunkt muss aber vor allem
darauf hingewiesen wrerden, dass auch die Erinnerung an die
ursprüngliche Sondersiedelung der beiden Stämme auf dem
Boden der Stadt nicht ganz verwischt ist.

Ein ganz Specielles stelle ich voran. Wie die Tradition,
der Kleidemos folgte, Theseus am obern llissos wohnen
lässt, so lässt eine andre Ueberlieferung seinen Vater Aigens
beim Delphinion sitzen; ja noch spät zeigte man bei diesem
Heiligthum einen Platz, der die Stätte des Wohnhauses von
Aigeus bezeichnete, und hier sah man eine im Osten des-
selben stehende Herme, die Herme „bei der Hausthüre des
Aigeus" Unzweideutig erscheint also Aigeus (mit den
Seinen) draussen vor der Stadt angesiedelt: das ist um so
bedeutungsvoller, als in alten Zeiten die königlichen Pal-
äste auf oder an der Burg lagen und dem entsprechend auch
der Sage erscheinen3).

Diesen am oberen Iiissos angesessenen ionischen Stamm-
heroen gegenüber stehen nun in der Sage die Könige Kekrops
und Erechtheus, indem sie ihren Sitz auf der Burg haben.

1) Vgl. namentlich Otfr. Müller, Borier P S. 238 ff. und Stephani,
'■Theseus und Minotaurus (Leipzig 1842) S. 1 ff. Mit seiner Ionierhypo-
thcse hat diesen Gegensatz in Verbindung gebracht Ctirtius in den üüttin-
Ser gel. Anz. 1856 S. 1153 ff., vgl. auch Jahrb. f. Philol. 1861 S. 452.

2) Plutarch., Thes. 12 ö'irou vuv hi AeXcpiviw tö irepicppaKTÖv £cnv,
tVTaOBa y&p 6 Aiycuc üjkei Kai töv '6puf|v töv irpöc ?ui toO
'epou KaXoüav du' Aiy^wc TruXatc.

3) S. unten S. 463 und vgl. Pollux IX 40 Taxa tu.v ÖKpc'iuoXiv Kai
l!«ct\6iov äv Tic eüroi.

Wuclismuth, die Stadt Athen, t 29
 
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