Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 20.1926

DOI Artikel:
Luther, Friedrich: Die ästhetischen Kategorien
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14166#0076
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
66

BEMERKUNGEN.

werden. Es kann im Kontrast den Reiz erhöhen, und es kann als häßliches Natur-
objekt in Kunstschönheit erhoben werden; im letzteren Falle wird durch die innere
Diskrepanz unter einer Lösung in Schönheit die Vorstellung des Tragischen geweckt,
wofür an Riberas Pied-bot und an Rodins Mann ohne Nase erinnert sei, während
die Spottzeichnung das Häßliche verächtlich macht und durch Hineinreißen in Komik
überwindet. Der häßliche Charakter im Drama hat für sich selbst etwas Tragisches
oder Komisches und wird im ganzen des Ablaufs durch Gegensatz vernichtet. Der
Humor aber schließt sich unmittelbar an Tragik und Komik an, er entsteht wie
die Komik an dem inneren Widerspruch eines Gegebenen, aber führt nicht zur
Aufhebung des ersten ästhetischen Objekts, und achtet endgültig nicht auf ein
Objekt, sondern wendet sich auf das Subjekt zurück. Für das Ästhetische hat er
nur als Gemütsuntergrund Bedeutung. Man kann ihn insofern mit der sangui-
nischen Anlage der alten Temperamentslehre zusammenstellen; alsdann würde das
Melancholische als Gegenpol auf der Seite der Erhabenheit und Tragik anzu-
setzen sein, und das Phlegmatische bei einer Schönheit mit wenig Spannung, das
Cholerische bei einer Spannung mit wenig Schönheit seinen Platz finden. Zu dieser
Einstellung am [Ästhetischen, zum Lauschen auf den Ablauf, zur vorzugsweisen
Empfängnis des Reizes, neigt übrigens besonders die jüngere Jugend, die sich sinn-
lich selbst genug ist, und den Reiz gern »schön« nennt, sowie der abgespannte,
des Seins müde Mensch, während der gereifte und zugleich kraftbewußte, der aber
nicht mehr ins Leben hinein zu wachsen braucht, sich ästhetisch zu verbreitern
liebt und eher in der Hingabe an das mehr sinnliche Schönheitssein die Gefühle
erwärmt.
 
Annotationen