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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 20.1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.14166#0384
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BESPRECHUNGEN.

Maße gerecht werden. Waetzoldts zweibändiges Werk ist auch deshalb so gut ge-
lungen, weil er, wie aus seiner Bibliographie hervorgeht, neben rein fachwissen-
schaftlichen Schriften auch Bücher wie Olschis »Geschichte der neusprachlichen,
wissenschaftlichen Literatur« zu Rate gezogen hat. Panofsky stützt sich in seinen
Untersuchungen auch auf eine vielseitige Literatur; aber für die Gestaltung des
französischen Klassizismus-Begriffes hat er die allgemeine Geistesgeschichte außer
acht gelassen und die Werke von Boileau, Descartes, Dufresnoy, Felibien und die
neueren Schriften von Brunetiere, Bremont, Longeon, Voßler u. a. nicht zu Rate
gezogen. Ich glaube, er wird nach ihrer Lektüre zu einer Erweiterung seiner Defi-
nitionen kommen. Alles das sei gleichsam als Anmerkung gesagt. Jeder, den die
Geschichte der Kunsttheorie interessiert, wird die hervorragende Schrift des ver-
dienstvollen Hamburger Gelehrten dankbar begrüßen. Eine mehr oder minder ab-
schließende Behandlung dieses weiten Themas wird sich allerdings erst ermöglichen
lassen, wenn so scharfsinnige Untersuchungen wie diejenige Panofskys hinein-
gearbeitet werden in den breiteren geistesgeschichtlichen Rahmen, wie ihn Curt
Gerstenberg, Albert Dresdner und Werner Weißbach ausgespannt haben. Denn es
darf nicht vergessen werden, daß die Theorien nur Teiläußerungen der Künstler
und, wie Wilhelm Fraenger einmal gesagt hat, zuweilen nur zeitübliche, ideologische
Deklamationen sind.

Berlin.__ Otto Grautoff.

Von Kunst zur Gestaltung. Eine Einführung in die moderne Malerei von Dr.
Adolf Behne. 88 S. Text, illustriert und 32 mehrfarbige und einfarbige Bilder-
tafeln. Arbeiterjugendverlag, Berlin SW 61, Belle-Alüance-Platz 8.

Eine wissenschaftliche, aber gemeinverständliche Einführung in die Farbtheorie,
zur Beweisführung, daß die Farbenkomplexe in einem Bild nicht nach willkürlichen
Gefühlsregungen des Malers, sondern nach immanenten Gesetzen der Farbe zusammen-
gebaut sind. Der gute Maler kommt mit dem Gesetz der Farbe nicht in Widerspruch;
seine Gefühlsregungen wurzeln im statischen Gesetz der Farbe. Klar und eindringlich
wird nachgewiesen, daß es zu allen Zeiten das Bestreben des Malers war, in einem
Bild — mit mehr oder weniger Geschick — die Farben nach Lage und Intensität
ins Gleichgewicht zu bringen. Die Arbeit des Malers bestand somit immer darin,
eine ßildkomposition bezüglich Motiv und Anordnung mit dem Gesetz der Farbe in
Einklang zu bringen. Da sich das Motiv, der Gegenstand des Bildes dem Gesetz der
Farbe immer dualisierend entgegenstellte, so ging der Maler nach und nach dazu
über, den Gegenstand der Farbe unterzuordnen, um sich schließlich gänzlich von diesem
Dualismus zu befreien. Im Mittelalter war der Maler an die von der Kirche über-
lieferte Darstellung gebunden; dem Gesetz der Farbe konnte wenig oder gar nicht
Rechnung getragen werden, weil der Gegenstand Form und Farbe maßgebend be-
einflußte. Die moderne Malerei hat sich vom Gegenstand gänzlich befreit; sie ge-
horcht a priori nur einem einzigen Gesetz, dem statischen Gesetz der Farbe.

So verschieden auch die Bildkompositionen sein mögen, alle sind an die Welt-
anschauung der jeweiligen Epoche gebunden; denn die Weltanschauung ist grund-
legend für alle Äußerungen des menschlichen Organismus. Kunstformen geben stets
die sicherste Grundlage zur Analysierung der Weltanschauung einer Epoche. Welt-
anschauungen wirken sich selbstverständlich nicht nur in der Kunstform, sondern auch
auf allen andern Gebieten, in Wissenschaft, Technik und Politik aus. Dementsprechend
zieht das Büchlein in objektiver Form Parallelen zur kulturellen Entwicklung. So weit
das Büchlein.

Besonders wichtig und bedeutungsvoll erscheint mir nun jene Stelle des Büch-
 
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