Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 34.1921

DOI Heft:
Heft 4-5
DOI Artikel:
Beitz, Egid: Rupertus von Deutz und die Skulpturen einer Siegburger Kathedra
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4344#0057

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
46

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 4/5

worden, und man hat damals auch schon die Vermutung ausgesprochen, daß die
Stücke die Reste eines Abtsitzes der ehemaligen Benediktinerabtei Siegburg seien.
Diese Ansicht ist richtig. Es handelt sich auch hier nicht um selbständige Plastiken,
sondern um Stücke, die zu einem größeren Ganzen gehört haben.

Stilistisch gehören die Reste der Kathedra von Siegburg offenbar in die roma-
nische Kunstperiode. In Deutschland sind aus dieser Zeit solche Sitze nur in
geringer Zahl erhalten. Es sei auf den Bischofssitz zu Augsburg, auf den Kaiser-
stuhl zu Goslar, den Heinrichsstuhl zu Regensburg und den Kapitelssitz in der
Memorie des Mainzer Domes verwiesen. Letzterer gehört in die erste Halte des
XIII. Jahrh. und leitet bereits zu dem frühgotischen Stück in Toul über, wohl
einem der letzten aus Stein, da die Gotik zu Holz übergeht3.

Aus Italien, das noch in reicher Zahl derartige Sitze aufweist, ist der be-
kannteste die Maximians-Kathedra aus Ravenna mit gewölbtem Rücken und
oben bogenförmig verlaufender Lehne. Diesen Typ kennen wir auch aus frühen
Miniaturen. Eine andere, ebenfalls frühe Art hat geraden Rücken und drei-
eckigen Abschluß als Lehnenbekrönung, wie z. B. die sogenannte Kathedra des
heiligen Petrus in Rom. Diese Art der Gestaltung klingt noch im Touler Sitz in
die Gotik hinein. Auch die Siegburger Kathedra haben wir uns in ähnlichen
Formen zu denken.

Der Adlerstein (Abb.2) bildete die vordere Wand des eigentlichen Sitzes, während
der Madonnenstein (Taf. I) als oberer Lehnenabschluß zu denken ist. Ein schräg
nach oben führender Rand ist hinter dem Flügel des rechten Evangehstensymboles
noch wohl erhalten und deutet den Verlauf des Lehnenabschlusses an. Dieser
Rand läuft genau auf die obere Spitze an der rechten Zinke der Krone der Mutter-
gottes zu. Wahrscheinlich wird aber die Lehne hier nicht winkelig abgeschlossen
haben. Der Winkel wird durch die über der Krone der Gottesmutter sich bogen-
förmig wölbende Gloriole gebrochen worden sein. Auch hatte vermutlich die
Lehnenplastik noch eine besondere Rahmenfassung. Auf der unteren Fläche des
Madonnensteines steht am rückwärtigen Rande eine niedrige Leiste vor, womit
die Bekrönung in die Rückenwandung gefalzt war. Auf der linken Seite, unter dem
Buch des Löwensymbols, befindet sich ein Loch, das für einen Dübel zur Ver-
bindung mit dem Pfosten bestimmt war. Wahrscheinlich werden Pfosten, Rücken-
und Seitenlehnen einfach gewesen sein, so daß wir heute noch die Hauptzierstücke
der Kathedra vor uns haben. Der eigentliche Sitz war tiefer als der nur 26 cm tiefe
Adlerstein. Den oberen vorderen Rand bildet eine Leiste. Infolgedessen ergab
sich für den Sitz dahinter eine vertiefte Fläche, die mit Holz oder Polsterung
ausgelegt werden konnte, wie denn überhaupt diese Sitze zum Gebrauch mit
weichen Kissen ausgestattet wurden. Die Rückenwände erhielten auch unterhalb
der Lehnenbekrönung häufig Schmuck durch Stoffbehänge, deren untere Enden
malerisch um die Seitenlehnen geschlungen waren4. Aus der hier beigefügten
Abbildung eines italienischen Bischofsitzes romanischer Zeit läßt sich die Sieg-
burger Kathedra leicht rekonstruieren (Abb. 4). Wie das italienische Werk, so

3 Abbildung bei Didron, Annales archeologiques, Tom. 2, S. 175 f., Siege episcopal
de Toul. Was dort über den Namen Udilo am Mainzer Sessel gesagt ist, trifft nicht zu.

4 S. die Elfenbeine, vor allem auch Oechelhäuser, Die Miniaturen der Univ.-Biblioth.
Heidelberg, Taf. 1 u. 8, Text S. 32 ff.
 
Annotationen