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Zeitschrift für christliche Kunst — 34.1921

DOI Heft:
Heft 6-7
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Witte, Fritz: Die Madonna mit der Ebsenblüte, ihre Echtheit und Herkunft
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https://doi.org/10.11588/diglit.4344#0088

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/Ö ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 6/7

blute damals an die Öffentlichkeit gebracht worden sind. Die Kunstgeschichte,
wie vor allem der Kölner Lokalpatriotismus fühlten sich tief getroffen und
wehrten sich mit allen Mitteln gegen eine gewaltsame Außerkurssetzung
des Bildes. Dennoch: semper aliquid haeret. Die Glanzzeit des Bildes
schien vorüber; es ist seitdem tatsächlich weniger beachtet. Mir ist es
klar, warum der Streit tatsächlich so tief einschneiden, und die Ablehnung
von so weiten Kreisen erfolgen konnte: man wußte bislang die Madonna
mit der Wickenblüte nicht einzugliedern in die Entwicklungskette kölnischer
Kunstgeschichte, und, „was man nicht deklinieren kann, das sieht man als
ein Neutrum an". Ein Neutrum ist das Bild tatsächlich geworden. Zu Unrecht!

Wenn ich die Echtheits- und Herkunftsfrage hier noch einmal aufrolle,
so bin ich mir wohl bewußt, daß durch meine Feststellungen die Geschichte
der Kölnischen Malerschule der Wende des XIV. Jahrh. einen unangenehmen
Stoß erfährt, daß eine Revision von Haus aus einsetzen muß. Mancher
wird liebgewordene Anschauungen und Traditionen zu den Akten legen und
sich zu einer Neugruppierung der Objekte verstehen müssen. Man hat falsch
datiert, man hat ganz willkürlich Richtungen und Schulen konstruiert. Wenn
ich meine Resultate hier mitteile, so bin ich mir dessen bewußt, daß jetzt
erst die Arbeit anzusetzen hat. Meister Wilhelm, „Kreis des sogenannten
Meister Wilhelm", „Schulnachfolge des sogenannten Meister Wilhelm",
,,Meister der hl.Veronika", „Werkstatt des Meisters der hl.Veronika", „Schul-
nachfolge dieses Meisters" usf., alles das bedarf denn doch einer gründlichen
Revision, denn ich sehe mich gezwungen, einen Meister in die Kölner Kunst
des beginnenden XV. Jahrh. hineinzukeilen, der von größerer Bedeutung ist,
als mancher von den Namenlosen. Auf seinen Schultern stehen andere.
Allerdings war er wie Stephan Lochner kein geborener Kölner, seine Heimat
aber war kölnisch; es ist der Meister Konrad von Soest. Es sei hier voraus-
bemerkt, daß ich die Madonna mit der Wickenblüte - ich bleibe hier mit
Rücksicht auf die übliche Benennung in der Kunstgeschichte bei dieser an
sich falschen Bezeichnung - rundweg der Werkstatt des Meisters Konrad von
Soest zuschreibe1.

Ich gehe zunächst auf Poppelreuters ersten und Haupteinwand gegen
die Echtheit des Bildes überhaupt ein. Er will an dem Bilde an der Hand
schlechter Craqueluren ein Malverfahren des XIX. Jahrh. feststellen. Es ist
wahr: die Malschicht der Madonna ist eine ungewöhlich dünne, auch sind
besonders in den tiefen Partien die Risse recht breit, ähnlich - aber noch

1 Die überreiche Streitliteratur über die Wickenblüte sei hier angeführt: Poppelreuter,
Die Madonna mit der Wickenblüte in Zeitschrift für christl. Kunst, 1908, Sp. 345ff.; Kunst
und Künstler, 1910, S. 170. Friedländer, Zeitschrift für bildende Kunst, 1909, 12.
Hagelstange, Köln. Zeitung, 1908, Nr. 1324. Hansen, ebenda, 1909, Nr. 31, 36, 40.
Reiners, Köln. Volkszeitung, 1909, Nr. 244u.610, 1910; Literar. Beilage Nr.41. Voll,
ebenda, 1909, Nr. 304; Süddeutsche Monatshefte, derselbe, 1909 u. 1910. Braune, Köln.
Volkszeitung, 1909, Nr. 285. Bode in Cicerone, 1909, S. 331,436,539. Firmenich-Richartz,
Monatshefte für Kunstwissenschaft, II. Heft, 8 u. 9. Killermann, Zeitschrift für christl.
Kunst, XXII, Sp. 305. Firmenich-Richartz, ebenda, XXII, Sp. 21 ff. Poppelreuter,
ebenda, Sp. 21 f. Andere in der Angelegenheit erschienenen Notizen in der Fachliteratur
und Tagespresse können wir hier übergehen. Die Literatur auch zusammengestellt in
„Verzeichnis der Gemälde des Wallraf-Richartz-Museums der Stadt Köln" (1914) S. 16.


 
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