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Zeitschrift für christliche Kunst — 34.1921

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Heft 10-11
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Rademacher, Franz: Die Kanzel in ihrer archäologischen und künstlerischen Entwicklung in Deutschland bis zum Ende der Gotik, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4344#0168

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156

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. 'Nr. 10/11

Heidingsfeld und Wien). Die Zahl der an Kanzeln angebrachten Steinmetzzeichen
ist groß, doch ist dies Material im allgemeinen zu wenig geklärt, um daraus weit-
gehende Schlüsse ziehen zu können.

Im Rheinland beginnt das Gebiet der Steinkanzeln etwa von Koblenz an
südwärts. Eine Ausnahme macht nur Köln. Hier ließ schon 1404 ein Tilmann
Boitzheim in der Vorhalle von St. Aposteln eine kleine steinerne Kanzel errichten94,
über deren Aussehen wir jedoch nichts erfahren. Erhalten hat sich eine gotische
Steinkanzel kölnischen Ursprungs im Schnütgenmuseum zu Köln. Sie stammt
jedoch erst aus dem Jahre 1566 und läßt in der Gestaltung des Fußes sowie in den
Rundstäben, die an Stelle der früheren Strebepfeilerchen die Ecken der Brüstung
besetzen, bereits Einflüsse der Renaissance erkennen.

Das Hauptcharaktenstikum der niederrheinischen Holzkanzeln, die strenge,
klare Gliederung, finden wir, wenn auch nicht so stark ausgeprägt, in einer Gruppe
von Steinkanzeln im südlichen Rheinland wieder. Typisch für diese ist die Ge-
staltung der Brüstung. Den unteren Teil der Felder füllt eine flache Nische mit
Kielbogen, dessen Spitze in eine Kreuzblume ausläuft. Die Ecken des Korpus
sind von Fialen besetzt, die meist auf kurzen Säulchen, auf sitzen.

Zwei unmittelbar zusammengehörige Stücke dieser Gattung finden sich in der
Stiftskirche zu St. Goar und in der Kirche zu Moselweiß bei Koblenz. Letztere
ist aus der Koblenzer Liebfrauenkirche hierher versetzt worden (Abb. 8). Fuß
und Korpus zeigen achteckigen Grundriß und sind in ihren Proportionen sehr gut
abgewogen. Der Fuß zerfällt in eine sternförmige Basis, einen gekehlten Schaft
und den durch überkragende Spitzbögen gebildeten Übergang zur Brüstung.
Diese zeigt die beschriebene Nischenghederung mit geschweiften Bögen auf
kurzen Säulchen mit Blattkapitellen und Fialen an den Ecken. Der über den
Nischen freibleibende Teil der Felder ist von durchbrochenem Maßwerk gefüllt.
Eine reich abgestufte Fußplatte vermittelt den Übergang zur Kanzelstütze. Die
Brüstung ist durch ein später aufgelegtes, hölzernes Gesims erhöht, eine Entstellung
des oberen Abschlusses, die sich häufig findet und, auf die geringe Brüstungshöhe
der gotischen Kanzeln — meist nur wenig über 1 m — zurückzuführen ist. Die
fünf Nischen des Korpus sind mit Reliefs geschmückt, in der Mitte Christus
in einer kleinen Kanzel stehend, über die vorne ein Spruchband herabhängt, die
rechte Hand erhoben, in der linken Weltkugel und Kreuz, in den Seitennischen
je zwei sitzende Evangelisten in Profilansicht. Das Chnstusrehef, das sich ebenso
in St. Goar findet, stimmt im Motiv ganz überein mit dem weit größeren an der
Holzkanzel zu Huckarde in Westfalen. Eine sechste, übereckgestellte Nische an
der Einmündung der Treppe enthält den sitzenden Hieronymus als Vertreter der
Kirchenväter. (Schluß folgt.)

Krefeld. Franz Rademacher.

94 Ennen: Geschichte der Stadt Köln, III, 797.
 
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