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Zeitschrift für christliche Kunst — 34.1921

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Heft 10-11
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Moses, Elisabeth: Pflanzendarstellungen in der deutschen Kunst des XIV. und XV. Jahrh., ihre Form und ihre Bedeutung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4344#0176

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164

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 10/1

gelben, bräunlichen und grünen Tönen koloriert. Mit diesen Rankenbäumen
sind eng verwandt die Ranken, die rem ornamental auf Goldgründen von
Gemälden oder als Ersatz für Teppichhintergründe in Miniaturen erscheinen,
wie wir sie z. B. bei der „legenda aurea", München, Staatsbibliothek,
cm 5 von 1367 mit Pilzblüten, Glockenblumen und andern Blütenformen
sehen (Abb. 7, 8, 9). Auch im XVI. Jahrh. lebt das Bewegungsgefühl der
Rankenbäume noch im Dekorativen fort. Hier sei nur an das kölnische
Steinzeug erinnert, das mit derartigen Rosen- und Eichenranken übersponnen

ist. Die dekorative fläche-
teilendeBedeutung erklärt auch
die besondere Vorliebe, die
der Teppich für diese Baum-
art hat. Die Bäume der mehr
als ein Jahrhundert später ent-
standenen „Teppiche im Rat-
haus zu Regensburg"20 stehen
noch im engsten Zusammen-
hang mit denen der Manesse-
schen Liederhandschrift. Auf
dem Teppich der wilden Leute
erscheinen Rankenbäume mit
Eichenblättern und Früchten,
Weinlaub und Trauben und
lihenartigen Gebilden, wie wir
sie schon auf dem Bayeux-
Teppich (Abb. 1 0) sahen. Or-
ganisches Empfinden zeigt sich
im Anwachsen der Seiten-
ästchen, während die Blätter,
entweder streng frontal oder
in der Mitte umgeklappt und
leicht gerollt, in ihrer blauen
und braunen Färbung noch
ganz anaturahstisch sind.

Neben dem Rankenbaum
leben die alten Formeln aber
weiter fort, einmal in den kleinen Ranken zur Füllung der freien Fläche
(Manessesche Handschrift fol. 266), nicht viel von denen der „Bernwardtüre"21
(XI. Jahrh.) unterschieden, sodann in den Flächenbäumen (fol. 302 und fol. 308),
im Prinzip nicht anders wie die der „Alcuinbibel"22, vor allem aber in den

Abb. 13.

Silhouettenbäume aus der Manessehandsdirift.

20 Spamer und v. d. Leyen, „Die altdeutschen Wandteppiche im Regensburger Rat-
hause", Regensburg 1910.

21
22

Dibelius, F., „Die Bernwardstür zu Hildesheim", Straßburg 1907.

Diese Baumform ist außerordentlich beliebt, tritt ganz ähnlich in zwei Exemplaren des
spec. hum. salv., Köln, Archiv W 105 um 1300, und in einem spec. hum. salv. aus der
1. Hälfte des XV. Jahrh. im Kupferstichkabinett Berlin Nr. 78 A 12, Hs. 98 und andern
auf und wird auch später noch rein dekorativ auf Kirchenstühlen verwandt (Abb. 11).
 
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