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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Bühlmann, Josef: Das Mausoleum in Halikarnaß
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0037

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Das Mausoleum in Halikarnaß. 23

eben abgeglichen und mit einem Plattenbelag versehen. An der Südseite fand sich
unter derselben eine in den Felsen ausgehöhlte Grabkammer noch vollständig er-
halten vor.

Der Felsen des Denkmalplatzes war an der Ostseite in einer Entfernung von 8 Fuß
vom Baugrubenrechteck und an der Südseite in einer solchen von 40 Fuß senkrecht
. abgeschnitten und somit zu einer Terrasse ausgestaltet. An beiden Seiten fanden sich
vor den Felsabsätzen noch die Reste von Bekleidungsmauern aus rechteckig behauenen
Steinen, an der Südseite sogar noch 8 Lagen hoch und 80 Fuß lang (Abb. 13). An der
Mitte der Ostseite betrug die Erhebung der Terrasse ungefähr 8 Fuß, an der Südseite
dagegen 10 bis 12 Fuß, die Fläche des unteren Bodens war also gegen Süden etwas
geneigt. Gegen die südöstliche Ecke der Terrasse, die allein untersucht werden konnte,
war der Felsen noch vor die Maue'rflucht hinaus anstehend, ein Beweis, daß hier ein
vorgesetzter Treppenaufgang vorhanden war, dem ein ähnlicher an der Südwestecke ent-
sprochen haben wird. Diese Mauerzüge sind im Grundriß Abbildung 9 unter C—C
und D—D eingetragen. Die Abstufungen an der Ostseite sind im Schnitt A —B ge-
zeichnet, diejenigen der Südseite dagegen in Abbildung 8 im Querschnitt gegeben.

Die Erweiterung dieser Terrasse an der Südseite des Denkmals läßt vermuten,
daß hier, wie oben bereits angedeutet wurde, besonders wichtige Bildwerke aufgestellt
waren, zu deren Betrachtung man einer größeren Distanz bedurfte. Dies war nur dann
erforderlich, wenn die Bildwerke eine zusammengehörige Gruppe bildeten, die sich auf
eine bedeutende Länge am Unterbau des Denkmals ausdehnte. Nun ist uns eine solche
Gruppe noch erhalten, die der Schule des Skopas zugewiesen wird und von der ein-
zelne Figuren in Rom und anderwärts aufgefunden worden sind, nämlich die Niobiden.
Die Originalgruppe, von der die auf dem Esquilin im Jahre 1583 gefundeneu Statuen,
die sich in den Offizien zu Florenz befinden, Kopien aus der römischen Kaiserzeit sind,
war nach Plinius (XXXIV. 28) in einem von Sosius erbauten Apollotempel in Rom
aufgestellt. Ihr gehörten vielleicht zwei im Vatikan befindliche Bildwerke, fliehende
Tochter und kniende sterbende Tochter mit Bruchstück eines sie schützenden Bruders,
an. Die Gruppe wurde wahrscheinlich im 2. oder 1. Jahrhundert vor Chr. von irgend-
einem römischen Machthaber aus dem Orient nach Rom gebracht und vor dem ge-
nannten, vielleicht damals neu erbauten Tempel aufgestellt. Um ihre ursprüngliche
Aufstellung und um den Künstler, der sie geschaffen, hat man sich weiter nicht mehr
gekümmert, so daß beide zu Plinius' Zeiten vergessen waren. Über die einstige An-
ordnung der einzelnen Bildwerke dieser Gruppe sind vielfache Meinungen aufgetaucht.
Die frühere Ansicht, daß sie in einem Giebelfeld aufgestellt waren, mußte man wegen
der hierfür ungeeigneten Beschaffenheit sowohl einzelner Figuren wie der ganzen Gruppe
wieder fallen lassen. Auch für die Aufstellung in den Interkolumnien einer Säulen-
halle, die schon Stark und nach ihm Furtwängier vorschlugen, sind sowohl die lebhaft
. schreitenden Einzelfiguren wie die Figuren zu zweien nicht geeignet. Am einleuch-
tendsten ist die Aufstellung vor einer Wand und zwar auf einer gegen die Mitte an-
steigenden Unterlage, wie aus der Bewegung mehrerer Figuren hervorgeht. «Sie
schreiten mit starkem Schritt hinauf, von unten nach oben, und dies Hinaufschreiten
kann doch nicht durch einige ihnen in den Weg geworfene Steine erklärt werden,
vielmehr müssen wir eine ansteigende und auf der anderen Seite abfallende Fläche
voraussetzen, auf deren höchstem Punkte die Mutter steht.» (Friedrichs, Antike Bild-
 
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