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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Thiersch, Hermann: Antike Bauten für Musik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0044

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höher und ist durch zwei Steinschichten von den Orthostaten getrennt. Im Tempel-
und Profanbau ist die Sache zu bekannt, als daß es nötig wäre, weitere Beispiele an-
zuführen. Auch der antike Name dieser niedrigen Schicht ist erhalten: xataXoßeö?,
nach der Inschrift aus Kreta, Museo ital. classico III, 619 ff. Das ist nun aber eben
der terminus technicus (xaT<xXoßei?), der in der berühmten Bauinschrift derTholos öfters
vorkommt, und zwar gerade da, wo von den Arbeiten die Eede ist, die unmittelbar über
den Orthostaten folgen mußten. (Vergl. Kavvadias, Fouilles d'Epidaure, p. 95.) Nachdem
Zeile 89 zum letztenmal von der Arbeit an den Orthostaten die Ilede war, werden
Zeile 94 die Verzierungen erwähnt, die *mmiku[s.\i.o.m sv toiv atad^oiv xai xataXoßsöat,
Zeile 97 diejenigen sv zolc, xataXoßsöat xai u;tcp&6pi.), Zeile 105 die sv Tij> U7iep\)-6p(;) xai
xaraXoßst, Zeile 110 endlich nur noch die sv t<]> üTrsp&öpc;).

Man sieht förmlich, wie die Arbeit von unten nach oben fortschreitet: zuerst
die Orthostaten, dann die Fensterbank, jenes offenbar rundumlaufende Gesimsband
aus vielen ohne Unterbrechung aneinander anschließenden Stücken, daher der Plural
xaüaXoßsi?, dann die beiden senkrechten Pfosten zur Einfassung der Türe, daher der
Dual toiv ara&jAOLV1, und endlich der die Pfostenpaare oben verbindende Sturzstein
ib Dirsp&Dpov, daher der Singular.

Diese Zierglieder aus (pentelischem) Marmor wurden zuerst hergestellt und versetzt,
bevor man daran ging, zwischen ihnen die geschlossenen Teile der Wand aufzubauen.
Das ist eine rationelle, auch sonst übliche Arbeitsweise, die zudem aus der Bauinschrift
selbst hervorzugehen scheint, wenn erst nach all jenen feineren Arbeiten die Herstellung
des esaxoc, das ist eben des eigentlichen Hauptteiles, der geschlossenen Partie der Wand
genannt wird: Zeile 124, 125, 133.

Wenn ferner in der Inschrift genau an der Stelle, welche auf die Fertigstellung
der Orthostaten folgt, aber noch vor der Ausarbeitung der Fensterumrahmungen liegt,
gesprochen wird von der Herstellung eines Moclelles für feine Zierglieder, Perlschnüre
und Kymatien und dann von der Beschaffung eiserner Klammern (Zeile 91 — 93: tod
7:apa5ei7|j.aTO<; twv lyfXo^äTtov aarpa-faXicov ym x,ojj,autt>v — Ssa^wv aiSapswv), und wenn
andererseits eben jene Friesstücke und die Türfragmente (vergl. Defrasse-Lechat, p. 114)
Anthemien, Astragale und jonische Kymatien zeigen und endlich die einzelnen Rahmen-
teile der Türe wie der Fenster sicher durch Eisen miteinander verklammert waren, so
kann es sich in jenen Zeilen unmöglich nur um die Aufstellung des Türrahmens handeln,
wie man bisher annahm, sondern es muß darinnen auch von den Vorbereitungen zur An-
bringung der Fenster, d. h. von der Herstellung eben jener Fensterbank die Rede sein.

Die schwierige Stelle ist behandelt worden von Keil, Ath. Mitt. 1895, S. 88 ff.,
420 ff. und von Haussoulier, Revue de philologie 1899, p. 28 ff. Keil hat dabei viel
richtiger gesehen als Haussoullier, der einer künstlich erst hineingelegten Analogie zum
Erechtheion und Didymaion zuliebe den Sachverhalt wieder getrübt hat. Ausgehend
von der Hesychstelle xaTaXaß;6? — TräaoaXo?, was doch nur ein ganz spezieller Fall des
viel weiteren Begriffes «Träger», wie ihn Keil festgestellt hat, sein kann, glaubt er die
xaTaXoßsf? als Tragekonsolen unter einem besonderen oberen Türgesims ansehen zu
dürfen wie an der großen Erechtheiontür, als Konsolen also, die er für das Didymaion
in den 7rapum5sc der dortigen Bauinschriften wiederzuerkennen glaubt. Aber, nicht nur

1 Die beiden cxa^oi auf die Pfosten der Fenster zu beziehen, woran man zu denken versucht ist,
scheint mir nicht angängig.
 
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