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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Thiersch, Hermann: Antike Bauten für Musik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0061

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ä visiter toutes les parties du reservoir». Denn es gilt natürlich in ganz gleicherweise
von der Strömung der Luft, was dort vom Wasser gesagt ist (vergl. auch VitruvV,
3, 6 ff.: vox est Spiritus fluens aeris).1

Durch den Hohlboden und die Holzresonanz, deren akustischer Wert den Alten
sehr wohl bekannt war, einerseits und die konkaven Flächen der Raumbegrenzung
andererseits war also eine ganz wesentliche Verstärkung und Verlängerung des Schalles
ermöglicht. Durch die vielgliedrige Innendekoration dagegen war diese Verstärkung so
gemildert, daß sie eben jene Stärke erreichte, welche am wünschenswertesten war.
Auch für einen anderen ebenso wichtigen Punkt war gesorgt, nämlich dafür, daß der
Nachhall nicht nur nicht zu stark oder zu schwach, sondern auch nicht zu bald oder
zu spät kam. Ein rasches Echo ist ebenso störend wie ein zu spätes. Ein kleiner
Nachhall muß aber bei jeder guten Musik sein. Er muß in der rechten Stärke im
rechten Moment kommen. Daß dies geschehe, kann erreicht werden durch bestimmte
Dimensionen des Raumes. Diese müssen nach den Erfahrungen der Akustiker so sein,
daß die Differenz zwischen dem Weg des direkten Schalles und dem des zurückge-
worfenen, reflektierten auf keinen Fall mehr beträgt als 17 m.2 Das ist nun bei unserer
Tholos durchaus der Fall, das Maximum der Wegdifferenz beträgt hier sogar nur 7 mv

Zur Bestätigung der obigen Beobachtungen über die eigenartigen Bauumstände bei
der Tholos sei es erlaubt, noch einige Urteile von Akustikern hier anzuführen. Zu-
nächst aus der Antike der Rat, der bei Vitruv V, 3 ff. für Theater gegeben wird: «Man
muß nur Orte wählen, wo die Stimme von unten her unterstützt wird, zunehmend sich
erhebt und jedes Wort deutlich zu Ohren dringt». Tyndall sagt in seinem Werke Der
Schall, Seite 104: «Es sind nicht die Saiten, welche die Luft in tönende Schwingung
versetzen, es sind die großen, mit den Saiten verbundenen Oberflächen und die zwischen
denselben eingeschlossene Luft. Die Güte der Instrumente hängt fast gänzlich von
der Qualität und Anordnung ihrer Resonanzböden ab.» Seite 20: «Gekrümmte Dächer,
Plafonds und geschwellte Segel wirken auf den Schall wie Spiegel auf das Licht».

Bindseil, Akustik 1839, Seite 61: «Auch die in einem Res onanzboden ein-
geschlossene Luft, der die Schwingung durch jenen Boden mitgeteilt wird,
wird resonieren und dadurch den Klang bedeutend verstärken, weil sie, wenn
sie resoniert, den Klang anderer Luft weit vollkommener mitteilt als feste Körper, wes-
halb die Gestalt des im Resonanzboden eingeschlossenen Luftraumes und
die Lage der Öffnungen desselben nach außen für die Resonanz von großer
Wichtigkeit sind».

Langhans, Über Theater oder Bemerkungen über Katakustik, Berlin 1810:
«Einen großen Unterschied für die Schallwirkung in einem Räume macht es aus, ob
er eine Decke hat oder nicht. Das von oben her Zurückgeworfenwerden des Schalles
kommt als etwas Neues herein.» Seite 31: «Für getragene, feierliche Musik kann
eine Verlängerung des Schalles sehr angenehm und nützlich sein». Seite 39: «Noch
nie haben wir begehrt, von einem sanften angenehmen Nachhall befreit zu sein.
Ein nach und nach langsam verlöschender Nachhall in kleinen und großen Gebäuden
ist angenehm und notwendig, um uns den Zauber der Musik und der Töne genießen

1 Die ganze Stelle (Vergleich der Schallverbreitung mit konzentrischen Wellenkreisen im Wasser) ist
für unseren Fall lehrreich: vox ad circinum efficit emotiones!

2 Vergl. Sturmhöfel, Akustik des Baumeisters, S. 43.
 
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